Entscheidungsstichwort (Thema)

Form und Inhalt der Widerrufsbelehrung bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Maklervertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Das Erlöschen des Widerrufsrechts unter den (weiteren) Voraussetzungen des § 356 Abs. 4 S.1 BGB setzt auch eine inhaltlich und formell vollständige Widerrufsbelehrung (gem. § 356 Abs. 3 S.1 BGB) voraus.

 

Normenkette

BGB §§ 356, 652 Abs. 1; EGBGB Art. 246 §§ 1, 4

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 10 O 70/18)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 15.10.2018 verkündete Urteil des Landgerichts A wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Die Revision wird zugelassen

 

Gründe

A. Die Beklagten nahmen im August 2017 Kontakt zum Kläger auf, um ihn mit der Vermarktung ihres Reihenhauses in A, XXstraße, zu beauftragen. Sie schalteten selbst Zeitungsannoncen im Immobilienteil der Y, und zwar zunächst für die Ausgabe am Samstag, 26.8.2017. Darin boten sie sie das Objekt für 395.000,00 EUR (nach Darstellung des Beklagten zu 2) mit dem Zusatz "VB") an. Aufgrund des Inserats vom 26.8.2017 meldeten sich die späteren Erwerber bei den Beklagten mit Schreiben vom 27.8.2017. Am 29.8.2017 unterschrieben die Beklagten in ihrer Wohnung, in der sie der Kläger aufgesucht hatte, einen von ihm vorformulierten "Makler-Verkaufsauftrag". Gem. Ziff. 5. des Vertragstextes handelte es sich dabei um einen "Alleinverkaufsauftrag". Ferner unterschrieben sie, wie in der Verhandlung vor der Kammer unstreitig geworden ist, auf einem gesonderten Blatt eine vorformulierte "Widerrufsbelehrung" nebst "Erklärungen des Auftraggebers". Diese ebenfalls vorformulierten, im betreffenden Leerraum jeweils handschriftlich angekreuzten Erklärungen hatten folgenden Inhalt:

(x) Ich verlange, dass Sie mit der Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen (§ 357 Abs. 8 BGB).

(x) Mir ist bekannt, dass ich bei vollständiger Vertragserfüllung durch Sie mein Widerrufsrecht verliere (§ 356 Abs. 4 BGB), wenn Sie bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist die Dienstleistung vollständig erbracht haben.

Ein "Muster-Widerrufsformular" war nicht beigefügt. Streitig ist, ob und wann die Beklagten Kopien bzw. Durchschläge des Vertrags sowie der Widerrufserklärung nebst dortiger weiterer Erklärungen erhielten.

Die Beklagten verwiesen die späteren Erwerber an den Kläger, den sie mit E-Mail vom 3.9.2017 kontaktierten. Der Kläger übermittelte den späteren Erwerbern daraufhin Unterlagen über das Objekt und nahm mit ihnen und weiteren Interessenten Besichtigungen vor. Er ließ sich u.a. von den Erwerbern dazu bevollmächtigen, einen Notar mit der Vorbereitung eines Kaufvertrags (Kaufpreis darin: 425.000,00 EUR) zu beauftragen. Bereits am 15.9.2017 wurde der notarielle Kaufvertrag zwischen den Beklagten und den Erwerbern zum Preis von 425.000,00 EUR beurkundet.

Unter Ziff. VI. der Kaufvertragsurkunde heißt es im 3. Abs. u.a.:

Der Käufer und der Verkäufer erklären, dass der beurkundete Vertrag durch S Immobilien ... vermittelt wurde. Für die Vermittlung dieses Vertrages bleibt es ausschließlich bei den zwischen den Vertragsparteien und dem Makler getroffenen Vereinbarungen.

Der Kläger erstellte wunschgemäß Rechnungen an beide Beklagte mit dem jeweils hälftigen Betrag, den sie nicht ausglichen. Am 7.12.2017 erklärten sie den Widerruf des Maklervertrags. Am 22.12.2017 beauftragte der Kläger seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten, der am selben Tag eine Zahlungsaufforderung an sie richtete. Die Beklagten antworteten mit Schreiben vom 28.12.2017, in dem sie um die Übersendung "aller Unterlagen, die belegen", dass sie über das Widerrufsrecht belehrt wurden, baten.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagten schuldeten ihm die verlangte Maklerprovision. Er hat behauptet, "um den 3.9.2017 herum" eine Kopie des Maklervertrags und der Widerrufsbelehrung in den Postkasten der Beklagten geworfen zu haben; der Beklagte zu 2. habe "die Verträge" anlässlich der Unterzeichnung auch noch mit seinem Handy fotografiert.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an ihn als Gesamtschuldner

1. 15.172,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2017 sowie

2. außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.060,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit

zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, erst mit anwaltlichem Schriftsatz des Klägers vom 3.1.2018 Kopien des Maklervertrags und der Widerrufsbelehrung erhalten zu haben. Sie haben die Auffassung vertreten, ein Maklerhonorar scheitere daran, dass sie selbst die Käufer kontaktiert hätten. Darüb...

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