Verfahrensgang

LG Dresden (Entscheidung vom 30.11.2006; Aktenzeichen 14-O-0392/06)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 14. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 30.11.2006, Az. 14 O 392/06, abgeändert.

    Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.755,72 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß §§ 247, 288 BGB seit dem 01.02.2006 zu zahlen.

  • 2.

    Der Beklagte hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  • 4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger verlangt Ersatz eines Schadens, der ihm dadurch entstanden ist, dass ein offen stehendes Fenster im Mietobjekt des Beklagten zerbrach und die herunterfallenden Glasscheiben zwei Taxis beschädigten, deren Eigentümer den Ersatz der Reparaturkosten gegen den Kläger als Gebäudeeigentümer und Vermieter durchgesetzt haben. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen, was der Kläger mit seiner Berufung bekämpft.

Von einer weiteren Darstellung des Sachverhaltes und der gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet. Der geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger zu. Verjährung ist nicht eingetreten.

1.

Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus schuldhafter Verletzung der mietvertraglichen Obhutspflicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB (vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rn. 549/551).

Die Obhutspflicht wurde verletzt, da trotz des aufgetretenen Sturmes das Fenster offen stand. Das verletzt die Pflicht des Mieters, die Mietsache so zu behandeln, dass Schäden vermieden werden, die nicht zwangsläufig Folge des mietvertraglichen Gebrauchs sind.

Diese Obhutspflicht war im Verhältnis der Parteien am Schadenstag, dem 18.11.2004, noch nicht entfallen. Denn das Ende der Obhutspflicht setzt eine Rückgabe der Mietsache im Verhältnis Mieter und Vermieter voraus. Die Übergabe der Schlüssel an einen Nachmieter ohne Einverständnis des Vermieters genügt hierfür nicht. Zu einer weitergehenden Übergabe ist es, wie die erstinstanzliche Beweisaufnahme und auch die Anhörung des Beklagten durch den Senat ergeben haben, vor dem Schadenstag nicht gekommen.

Die Verletzung der Obhutspflicht liegt darin, dass das Fenster trotz des stürmischen Wetters nicht geschlossen war. Ein wirksamer Schutz vor Beschädigungen der Mietsache hätte vorausgesetzt, dass das Fenster geschlossen und somit vor der Einwirkung des Sturms geschützt wird. Dem kann nicht entgegengehalten werden, das Fenster habe sich nicht schließen lassen. Denn sowohl die Beweisaufnahme in erster Instanz als auch die Anhörung des Beklagten vor dem Senat haben ergeben, dass sich das Fenster schließen ließ. Es mag sein, dass dies nur mit einiger Mühe möglich war. Die Obhutspflicht verlangt das Schließen des Fensters bei stürmischem Wetter aber auch dann, wenn das Fenster nicht ganz leicht zu schließen ist.

Für das Verschulden von Personen, die auf seine Veranlassung hin mit der Mietsache in Berührung gekommen sind und vorliegend das Fenster geöffnet und nicht geschlossen haben, hat der Beklagte gemäß § 278 BGB einzutreten (vgl. Wolf/Eckert/Ball, a.a.O., Rn. 551).

2.

Aufgrund der Verletzung der Obhutspflicht hat der Beklagte Ersatz dafür zu leisten, dass der Kläger auf Grundlage von § 836 BGB für die Beschädigung der Taxis in Anspruch genommen wurde. Denn das Zuschlagen der Fenster, das Zerbrechen der Glasscheiben, deren Herunterfallen und die Beschädigung der Taxis sind nahe liegende Folgen der Obhutspflichtverletzung. Der Zurechnungszusammenhang wird auch nicht dadurch unterbrochen, dass die Haftung des Klägers an den schlechten Unterhaltungszustand des Gebäudes allgemein anknüpft, nicht aber an die Obhutspflichtverletzung des jeweiligen Gebäudebesitzers. Denn es war vorliegend gerade das Offenstehen des Fensters angesichts des schlechten allgemeinen Zustandes des Gebäudes, der zu dem Unfall und damit auch zu der Schadensersatzpflicht führte.

3.

Der Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt gemäß § 548 Abs. 1 BGB. Danach verjähren die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Nach dem jedenfalls für Dezember 2004 unstreitigen Austauschen der Schlösser hätte die Verjährung also im Dezember 2004 begonnen und wäre durch die erst 2006 erhobene Klage nicht mehr gehemmt worden.

Die Voraussetzungen der kurzen Verjährung gemäß § 548 Abs. 1 S. 1 BGB liegen jedoch nicht vor. Der Schaden, dessen Ersatz der Kläger verlangt, besteht in der Inanspruchnahme des Klägers durch die geschädigten Eigentümer der Taxifahrzeuge. Dieser Ersatzanspruch des Vermieters ist kein Ersatzanspruch wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache. Denn der Anspruch gleicht nicht den Vermögensschaden aus, den der Vermieter wegen der Veränderung oder Verschlechter...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge