Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkenntniswirkung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung betreffend die Abmahnkosten und Wettbewerbswidrigkeit einer Werbung für medizinische Fußpflege

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage der - hier verneinten - Anerkenntniswirkung einer vorbehaltlosen Unterlassungserklärung für die Kosten der Abmahnung (entgegen KG, Urteil vom 16.8.1977 - 5 U 2942/76).

2. Die Werbung für "medizinische Fußpflege" durch eine Fußpflegerin, der das Führen der Berufsbezeichnung "Podologin/Medizinische Fußpflegerin" nach § 1 Abs. 1 PodG nicht erlaubt ist, ist zwar grundsätzlich irreführend nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG (entgegen OLG Frankfurt, Urt. v. 7.6.2005 - 14 U 198/04; OLG Naumburg, Urt. v. 4.3.2004 - 7 U (Hs) 58/03); ein Verbot der Werbung wäre jedoch mit Blick auf Art 12 GG unverhältnismäßig (Anschluss OLG Frankfurt, Urt. v. 7.6.2005 - 14 U 198/04; entgegen OLG Hamm, Urt. v. 3.2.2011 - 4 U 160/10).

 

Normenkette

GG Art. 12; BGB §§ 257, 781; UWG §§ 3, 4 Nr. 11, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, §§ 8, 12 Abs. 1 S. 2; PodG § 1

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 21.02.2012; Aktenzeichen 24 O 46/11)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 24.09.2013; Aktenzeichen I ZR 219/12)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 24 (4. KfH) des LG Hannover vom 21.2.2012 aufgehoben. Auf den Einspruch der Beklagten werden das Versäumnisurteil vom 28.10.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen, mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten entstandenen Kosten, die der Beklagten auferlegt werden, hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 603,93 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin betreibt in Hannover Praxen für Kosmetik und Podologie. Den Kunden werden Leistungen der medizinischen Fußpflege erbracht. Die Beklagte ist Fußpflegerin mit Praxis in Hannover und darf die Bezeichnung "Podologin/Medizinische Fußpflegerin" mangels Ausbildung und staatlicher Prüfung, wie sie das Gesetz über den Beruf der Podologin und des Podologen (Podologengesetz - PodG) vorschreibt, nicht führen. Im örtlichen Telefonbuch und im Internetverzeichnis H. warb die Beklagte mit dem Tätigkeitszusatz "medizinische Fußpflege". Die Klägerin hält dies für irreführend und sieht in der Werbung ferner einen Verstoß nach § 4 Nr. 11 UWG. Sie mahnte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben ab. Daraufhin gab die Beklagte eine modifizierte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, die die Klägerin annahm. Die vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten zahlte die Beklagte indessen nicht.

Die Klägerin nimmt die Beklagte nunmehr auf Freistellung von den ihr in Rechnung gestellten Kosten der vorgerichtlichen Vertretung in Anspruch.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat der auf Freistellung von den Kosten der Abmahnung gerichteten Klage nach §§ 257 BGB, 12 Abs. 1 S. 2 UWG stattgegeben. Mit Abgabe der strafbewehrten und vorbehaltlosen Unterlassungserklärung habe die Beklagte die Abmahnung als rechtmäßig anerkannt. Bei Eingang der Klage bei dem LG am 21.9.2011 sei der Anspruch auch noch nicht verjährt gewesen. Die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 11 Abs. 1 UWG habe am 25.3. zu laufen begonnen. Durch die alsbaldige Zustellung der Klage gem. § 167 ZPO an die Klägerin persönlich sei die Verjährung rechtzeitig gehemmt worden. Einer Zustellung an den jetzigen Prozessbevollmächtigten und damaligen Vertreter der Beklagten gem. § 172 ZPO habe es mangels Kenntnis des Gerichts von dessen Bestellung nicht bedurft. Eine Rechtspflicht der Klägerin, dem Gericht die ihr gegenüber bekanntgegebene Prozessvollmacht der Prozessbevollmächtigten der Beklagten mitzuteilen, habe nicht bestanden. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin die Bestellung des Rechtsanwalts dem Gericht nicht mitgeteilt habe, um der Beklagten Nachteile zuzufügen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte, die ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft.

Sie beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Ihrer Meinung nach sei der Beklagten der Einwand, es fehle an einer wettbewerbswidrigen Irreführung, abgeschitten. Denn die Beklagte habe die Unterlassungserklärung ohne jeglichen Vorbehalt abgegeben. Abgesehen davon liege eine Irreführung vor. Denn die Beklagte erwecke den Eindruck, sie sei medizinische Fußpflegerin.

II. Die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen (§§ 517, 519, 520 Abs. 1 bis 3 ZPO) zulässige Berufung ist begründet.

Die Klage war unter Aufhebung des Ver...

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