Leitsatz (amtlich)

1. Einer grundsätzlich vorrangigen markenrechtlichen Unterlassungsklage fehlt nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, wenn zum Zeitpunkt ihrer Erhebung wegen derselben Sachverhaltsgestaltung bereits negative Feststellungsklage erhoben worden ist, weil zum Einen ein klagabweisender Titel im negativen Feststellungsverfahren den Unterlassungskläger nicht zur Vollstreckung berechtigt und zum Anderen dessen Verteidigung im negativen Feststellungsverfahren nicht die Verjährung eines etwaigen markenrechtlichen Unterlassungsanspruchs hemmt. (vgl. BGB, Urt. v. 7.7.1994 - I ZR 30/92 - GRUR 1994, 846, 848 - "Parallelverfahren II")

2. Wird in einem solchen Fall die markenrechtliche Unterlassungsklage nicht als Widerklage zur bereits anhängig gemachten negativen Feststellungsklage bei dem vom Beklagten angerufenen Gericht geltend gemacht, sondern bei einem anderen, örtlich ebenfalls zuständigen Gericht erhoben, begründet dieses nicht den Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens, weil das Gesetz dem Geschädigten die Möglichkeit eröffnet, zwischen mehreren zuständigen Gerichten frei zu wählen (vgl. BGH; Urt. v. 7.7.1994 - I ZR 30/92, MDR 1995, 492 = GRUR 1994, 846, 848 - "Parallelverfahren II").

3. Die Verwendung einer Marke als Schüsselwort/Keyword im Zusammenhang mit der sog "Adword-Werbung" stellt einen kennzeichenmäßigen Gebrauch dar, weil damit die Funktion der Suchmaschine zunutze gemacht wird, über die Eingabe einer bestimmten Bezeichnung Produkte aufzufinden und damit gerade die spezifische Lotsenfunktion der Marke ausgenutzt wird, in einem großen Angebot gezielt auf eigene Waren/Produkte hinzulenken.

4. Für eine kennzeichenmäßigen Benutzung ist es unerheblich, ob das von der Suchmaschine gefundene Ergebnis sodann in der Trefferliste aufgeführt wird (so bei der Verwendung des Suchwortes als Metatag) oder im Anzeigenteil erscheint (so bei Benutzung des Suchworts als Schlüsselwort im Rahmen einer Adword-Werbung). In beiden Fällen wird die eigentliche Funktion der Marke genutzt, über ihre kennzeichenspezifische Aussagekraft auf bestimmte Produkte aufmerksam zu machen bzw. zu diesen hinzuführen und das Auswahlverfahren beeinflusst. Lediglich die Ergebnispräsentation erfolgt abweichend.

5. Dass die Ergebnispräsentation bei der Adword-Werbung außerhalb der eigentlichen Trefferliste in einem als Anzeige überschriebenen gesonderten Bereich erfolgt, schließt die Verwechslungsgefahr nicht aus. Den Nutzer veranlasst dieses nicht zu einer differenzierten, die Verwechslungsgefahr ausschließende Betrachtung, weil bei Google in diesem Anzeigenbereich auch Anzeigen von Inserenten erscheinen, die aufgrund ihres Inhalts ihrer Homepages ebenfalls auf der Trefferliste erscheinen, wenn auch auf einen ungünstigeren Platz.

 

Verfahrensgang

LG Braunschweig (Urteil vom 07.03.2007; Aktenzeichen 9 O 2382/03 (331))

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 13.01.2011; Aktenzeichen I ZR 125/07)

BGH (Beschluss vom 22.01.2009; Aktenzeichen I ZR 125/07)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Braunschweig vom 7.3.2007 - Geschäftsnummer: 9 O 2382/06 (331) - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zum Unterlassungsausspruch wie folgt neu gefasst wird:

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Erotikartikeln die Bezeichnung "bananabay" als Adword im Aufruf von Google-Anzeigen zu benutzen oder benutzen zu lassen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf eine Vollstreckung in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 EUR und hinsichtlich der Kosten i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 30.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer für sie eingetragenen Wortmarke "bananabay" sowie unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten auf Unterlassung und Feststellung von Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin ist Inhaberin der eingetragenen Wortmarke "bananabay" für die Klassen 03, 05, 09, 10, 14, 16, 18, 25, 28, 35, 38, 41 und 42 und vertreibt unter der Internetadresse "www.bananabay.de" Erotikartikel. Ein vergleichbares Angebot vertreibt auch die Beklagte in ihrem Internetshop unter der Adresse "www.e.de/erotikshop". Dabei verwendete die Beklagte die für die Klägerin eingetragene Marke "bananabay" als Adword, um eine vom Suchmaschinenbetreiber Google entgeltlich eröffnete Möglichkeit zur Werbung zu nutzen.

Gegen Zahlung eines Entgelts an den Suchmaschinenbetreiber Google hat dieser das von der Beklagten benannte Schlüsselwort (sog. Keyword) "bananabay" mit der oben beschriebenen Internetseite der Beklagten nebst einer von der Beklagten vorgegebenen kurzen Werb...

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