Ist Baulärm ein Mangel?

Erhöhte Geräusch- und Schmutzimmissionen wegen der Errichtung eines Neubaus in einer Baulücke auf einem Nachbargrundstück stellen bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen grundsätzlich keinen gem. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung dar, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB hinnehmen muss.

Allein die Vorstellung des Mieters über die Freiheit der Wohnung von Baustellenlärm führt zu keiner konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung. Erforderlich ist zumindest, dass der Vermieter zustimmend reagiert.

Mindert der Mieter wegen Störungen durch Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück die Miete, muss der Mieter darlegen und beweisen, dass die Störungen zu wesentlichen Beeinträchtigungen der Mietsache führen. Erst anschließend muss der Vermieter die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigungen beweisen. Gelingt dies dem Vermieter nicht, muss er darlegen und beweisen, dass die Grundstücksnutzung ortsüblich ist und die Beeinträchtigungen nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden können.[1]

Ist Baulärm in Großstädten ein Mangel?

Auf die Mietsache einwirkende erhebliche Bauimmissionen führen gem. § 526 Abs. 1 BGB zur Minderung der Miete. Dabei bestehen die Minderungsansprüche auch dann, wenn beim Vertragsschluss keine Beeinträchtigungen bestanden und die nachträgliche Erhöhung der Immissionslast nicht vom Vermieter zu verantworten ist. Die Mietminderung hängt dabei nicht davon ab, ob dem Vermieter gegenüber dem Veranlasser der Immissionen Abwehransprüche zustehen oder nicht.[2]

Auch in Großstädten muss der Mieter Immissionen einer Großbaustelle anders als Straßenlärm nicht entschädigungslos hinnehmen. Dafür, dass eine Einwirkung auf die Mieträume nach § 906 Abs. 1 BGB geduldet werden muss, ist der Vermieter beweisbelastet. Schwankungen in der Störungsintensität können durch eine pauschalisierte Minderung aufgefangen werden.[3]

Sind Immissionen durch eine Großbaustelle auf dem Nachbargrundstück ein Mangel?

Baustellenlärm ist in Großstädten nicht generell hinzunehmen.

Eine – fiktive – Mietminderung wegen Baulärms kann bei nachbarrechtlichen Gebrauchsbeeinträchtigungen einen Entschädigungsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auslösen. Dagegen findet § 906 BGB im Verhältnis der Mietvertragsparteien untereinander keine Anwendung.

Eine – vorübergehende – Großbaustelle eines Nachbarn an einer direkt angrenzenden Hauswand zum bewohnten Mietshaus über mehrere Monate führt zu einer Beeinträchtigung des Mietgebrauchs, die die Erheblichkeitsschwelle des § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB überschreitet, auch wenn die immissionsschutzrechtlichen Grenzwerte und baurechtlichen Vorschriften eingehalten werden.[4]

Beeinträchtigt ein Mangel die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache während eines längeren Zeitraums unterschiedlich intensiv, ist das Gericht gem. § 287 ZPO befugt, die daraus erwachsenden Beeinträchtigungen für den gesamten Zeitraum einheitlich zu schätzen und mit einer ebenfalls einheitlichen Minderungsquote zu belegen.[5]

Sind vorübergehende Baulärm-Immissionen ein Mangel?

Vorübergehend erhöhte (Bau-)Lärmbelastungen, die sich deutlich außerhalb der zeitlichen Grenzen des Landes-Immissionsschutzgesetzes Berlin bewegen und (lediglich) dazu führen, dass die Fenster tagsüber geschlossen gehalten werden, rechtfertigen – bei Fehlen einer entsprechenden Beschaffenheitsvereinbarung – nicht die Annahme eines zur Mietminderung führenden Mangels.

Eine vorübergehende erhöhte Lärmbelastung stellt unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben unabhängig von ihrer zeitlichen Dauer jedenfalls dann, wenn sie sich innerhalb der in Berliner Innenstadtlagen üblichen Grenzen hält, keinen zur Minderung berechtigenden Mangel dar, weil dem Vermieter mit Vertragsschluss nicht die Haftung für jedes allgemeine (Lebens-)Risiko auferlegt wird.[6]

Mietminderung wegen benachbarter Großbaustelle?

Umweltmängel, wie etwa Baulärm, können entgegen dem BGH[7] einen Mangel der Mietsache auch dann darstellen, wenn der Vermieter gegen den Störer keine Unterlassungs- oder Ausgleichsansprüche gem. § 906 BGB geltend machen kann.

Nach Ansicht des LG Berlin vermag die Ratio "Bolzplatzentscheidung" nicht zu überzeugen. Weiß der Vermieter bei Abschluss eines Mietvertrags um die anstehenden Lärmprobleme, verschweigt er dies aber dem Mieter, so ergibt seiner Ansicht nach schon die ergänzende Vertragsauslegung, dass Minderungsansprüche des Mieters nicht ausgeschlossen sind.[8]

Ist ein unbebautes Nachbargrundstück ein Hinweis auf baldige Bautätigkeit?

Der Mieter befindet sich auch dann nicht gem. § 536b Satz 2 BGB in grob fahrlässiger Unkenntnis eines (zukünftigen) Mangels, wenn ein zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses unbebautes Nachbargrundstück in zentraler Lage der Stadt später bebaut wird und von den Baumaßnahmen nicht unerhebliche Immissionen auf die Mietsache einwirken.[9]

Berecht...

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