Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Urteil vom 29.01.2003; Aktenzeichen 102 C 308/02)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 29. Januar 2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 102 C 308/02 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Die Klägerin wendet sich mit der vom Amtsgericht zugelassenen Berufung gegen ihre Verurteilung zur Zustimmung zum Aufstellen einer mobilen Parabolantenne auf dem Balkon der von dem Beklagten gemieteten Wohnung gemäß Nr. 7 der Allgemeinen Vertragsbedingungen (Fassung 01/1999). Wegen deren Inhalts wird auf Bl. 19 bis 24 d.A. verwiesen. Sie begehrt insoweit die Abweisung der Widerklage.

Die Berufung der Klägerin ist zulassig. Auf das Vorliegen einer berufungsfähigen Beschwer kam es nicht an, nachdem das Amtsgericht die Berufung zugelassen hat.

Die Berufung ist nicht begründet.

Der Beklagte hat gemäß § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Anspruch darauf, auf dem Balkon der von ihm gemieteten Wohnung eine nicht fest installierte Parabolantenne ohne Einwirkung auf die Bausubstanz des Gebäudes aufzustellen. Die Kammer nimmt insoweit zunächst auf die Ausführungen des Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil Bezug.

Es erscheint jedoch bereits zweifelhaft, ob hierzu eine ausdrückliche Zustimmung der Klägerin gemäß Nr. 7 (1 e) der Allgemeinen Vertragsbedingungen erforderlich ist und das Aufstellen einer mobilen Antenne überhaupt unter den Begriff „anbringen” fallt. Vielmehr nimmt die Klägerin für sich auch nicht in Anspruch, dass etwa Zimmerantennen oder Sonnenschirme auf dem Balkon (vgl. hierzu die entsprechende Regelung in Nr. 7 (1 k) der Allgemeinen Vertragsbedingungen!) zustimmungspflichtig seien. Insoweit ist ein grundlegender Unterschied zwischen einem Sonnenschirm und einer mobilen Parabolantenne nicht ohne weiteres erkennbar. Dies gilt auch im Hinblick auf das äußere Erscheinungsbild des Hauses, zumal die hier streitgegenstandliche Antenne mit einem Durchmesser von 60 cm deutlich kleiner und auch von der Farbgebung regelmäßig unauffälliger als ein Sonnenschirm ist. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass ein Sonnenschirm je nach Wetterlage im Allgemeinen nicht so lange genutzt wird wie eine Parabolantenne. Entscheidend ist aber, dass sich für einen Betrachter von außen die Antenne nicht als Einrichtung oder Teil des Hauses darstellt wie eine fest installierte und beispielsweise an der Fassade verschraubte Antenne, sondern es sich erkennbar um einen Gegenstand des Wohnungsnutzers handelt, den dieser auf dem zur Wohnung gehörenden Balkon in Gebrauch nimmt. Nichts anderes kann etwa für eine Parabolantenne gelten, die innerhalb der Wohnung hinter ein geöffnetes Fenster gestellt wird und ebenfalls von außen sichtbar ist.

Durch die Vermietung einer Wohnung hat sich die Klägerin eines Teils der auf ihren Eigentumsrechten beruhenden Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten auf das Haus begeben, indem sie dem Mieter den Gebrauch der Wohnung einräumt,der sich auch nach außen erkennbar zeigt, insbesondere dann, wenn ein Balkon zu der Wohnung gehört. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich dies durch die vielfältigen

Nutzungsmöglichkeiten eines Balkons im äußeren Erscheinungsbild des Hauses bemerkbar macht, sei es durch unterschiedliche Blumendekorationen, verschiedenfarbige Sonnenschirme, Advents- und Weihnachtsbeleuchtungen o.Ä. Der Empfang von Radio- und Fernsehsendungen gehört zu den typischen Nutzungen eines Wohnungsmieters. Insoweit handelt es sich beim Aufstellen einer hierzu dienenden mobilen Antenne nicht um eine sachfremde Nutzung des zur Wohnung gehörenden Balkons.

Das Zustimmungserfordernis in Nr. 7 (1 e) der Allgemeinen Vertragsbedingungen ist nach Sinn und Zweck der Regelung insbesondere auch unter Berücksichtigung der Regelungen in Nr. 7 (1 c, g, h und k) nach allem dahin auszulegen, dass es nur solche Antennen betrifft, die außerhalb der gemieteten Räumlichkeiten oder unter Inanspruchnahme der Substanz des Hauses durch eine feste Installation angebracht werden sollen. Denn nur insoweit ist Raum für eine weitergehende Abwägung der Interessen gemäß Nr. 7 (2) der Allgemeinen Vertragsbedingungen ggf. unter Einbeziehung der jeweiligen Grundrechte des Vertragspartners (vgl. BVerfGE 90, 27; BVerfG NJW 1994, 2143; OLG Karlsruhe NJW 1993, 2815) und möglicherweise einschlägiger Normen des EU-Rechts (vgl. LG Berlin GE 2003, 1021). Eine – dem reinen Wortlaut nach mögliche – Auslegung der vorformulierten Klausel dahin, dass jegliche Antennen, welche der Mieter in Gebrauch nimmt, eine Zustimmung der Klägerin erforderten, wurde gegen §§ 305 c, 307 BGB verstoßen. Eine derartige Regelung ist für den Mieter nämlich zum einen überraschend und benachteiligte ihn zum anderen im gewöhnlichen Gebrauch einer Wohnung unangemessen. Denn davon waren beispielsweise auch Antennen zum Betrieb eines schnurlosen Telefon oder sonstige drahtlose Kommunikationse...

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