Leitsatz (amtlich)

Die Veröffentlichung von Fotos, die eine als Schauspieler und Moderator relativ bekannte Person nach seiner Verurteilung wegen Betrugs im offenen Vollzug zeigen, kann (jedenfalls) wegen der Art des Zustandekommens der Fotos unzulässig sein.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 09.02.2006; Aktenzeichen 27 O 1152/05)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 9.2.2006 verkündete Urteil des LG Berlin - 27 O 1152/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller ist ein bekannter Schauspieler und Moderator, der im November 2004 wegen Betruges zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden ist. Er verbüßt die Strafe als Freigänger in der Justizvollzugsanstalt Hakenfelde. Er hat gegen die Antragsgegnerin am 3.1.2006 eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der ihr u.a. die Veröffentlichung von Fotos, die ihn - wie in der "B." vom 24.11.2005 auf S. 56 geschehen - beim Verlassen der Haftanstalt zeigen, untersagt worden ist.

Das LG hat die einstweilige Verfügung auf den auf die Fotoveröffentlichung beschränkten Widerspruch der Klägerin durch Urteil vom 9.2.2006 betätigt.

Mit der dagegen gerichteten Berufung macht die Antragsgegnerin geltend, das LG habe bei der Auslegung und Anwendung der §§ 22 f. KUG die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierte Pressefreiheit nicht hinreichend berücksichtigt. Der Antragsteller habe durch unzählige Interviews sein "Schicksal" Immobilienbetrug, Verurteilung und Strafe selbst in die Öffentlichkeit getragen. Er müsse es deshalb auch hinnehmen, dass die Öffentlichkeit sich auch für die Umstände des Haftalltages interessiere. Sie habe ein berechtigtes Interesse daran, sich von der Gesamtpersönlichkeit des Antragstellers ein Bild zu machen und dazu auch in den hier maßgeblichen Bereich vorzudringen. Die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Bildnisse sei kontextgerecht im Zusammenhang mit einem Artikel über den Haftalltag des Antragstellers erfolgt. Die Aufnahmen seien darüber hinaus an einem jedermann zugänglichen Ort aufgenommen worden.

Die Antragsgegnerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Berlin vom 9.2.2006 - 27 O 1152/05 - die einstweilige Verfügung vom 3.1.2006 zu Ziff. 1a) aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass insoweit zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil.

II. Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Das LG hat den sich aus §§ 823, analog 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. §§ 22 f. KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG ergebenden Anspruch auf Unterlassung der verfahrensgegenständlichen Fotoveröffentlichung zu Recht bejaht. Die Berufungsbegründung rechtfertigt kein anderes Ergebnis.

1. Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. An einer solchen Einwilligung des Antragstellers fehlt es hier.

2. Bei den verfahrensgegenständlichen Fotos handelt es sich allerdings um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte, die grundsätzlich auch ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden dürfen (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG).

a) Der Antragsteller ist zwar keine sog. absolute Person der Zeitgeschichte, d.h. eine Person, die unabhängig von einzelnen Ereignissen aufgrund ihres Status und ihrer Bedeutung allgemeine Aufmerksamkeit findet (vgl. zur Definition BVerfG v. 15.12.1999 - 1 BvR 653/96, MDR 2000, 211 = NJW 2000, 1021 [1025]; KG v. 29.10.2004 - 9 W 128/04, KGReport Berlin 2005, 52; Wenzel/von Strobl/Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 8 Rz. 9 ff.). Er ist weder von herausragender Prominenz noch übt er eine Leitbildfunktion aus.

b) Angesichts seines relativen Bekanntheitsgrades als Schauspieler und Moderator war das gegen ihn geführte Strafverfahren, das im November 2004 zu seiner Verurteilung wegen Betruges zu einer Haftstrafe führte, jedoch ein zeitgeschichtliches Ereignis, über das berichtet werden durfte. Ebenso ist die Art und Weise der Strafvollstreckung - jedenfalls in den Grundzügen - ein Vorgang mit einem erheblichen Informationswert für die Öffentlichkeit. Daran ändert es nichts, dass die Strafvollstreckung entsprechend der gängigen Strafvollzugspraxis ablief und der Antragsteller keinen "Promi-Bonus" erhielt. Der Durchschnittsleser ist mit der Praxis des Strafvollzuges nicht vertraut und muss durch die Presse darüber informiert werden dürfen, dass und wann ein zu 2) Jahren und 10 Monaten Haft verurteilter prominenter Täter die Strafhaft erst nahezu ein Jahr nach der Verurteilung antreten muss und er die Haftanstalt bereits 2 Wochen nach seinem Haftantritt tagsüber wieder verlassen darf (Art. 5 Abs. 1 GG).

3. Der Verbreitung der verfahrensgegenständlichen Fotos, die den Artikel, der u.a. die Information über den Ausgang bebildert, steht jedoch ein berechtigtes Interesse des Antragstellers, dass das der Antragsgegnerin an der Bildnisveröffentlichung ü...

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