Entscheidungsstichwort (Thema)

Marken. Eintragungshindernisse und Ungültigkeitsgründe. Sprachliche Ausdrücke, die aus einer Kombination von Wörtern und einer Folge von Buchstaben bestehen, die mit den Anfangsbuchstaben dieser Wörter identisch sind. Unterscheidungskraft. Beschreibender Charakter. Beurteilungskriterien

 

Normenkette

RL 2008/95/EG

 

Beteiligte

Strigl

Alfred Strigl

Securvita Gesellschaft zur Entwicklung alternativer Versicherungskonzepte mbH

Deutsches Patent- und Markenamt

Öko-Invest Verlagsgesellschaft mbH

 

Tenor

Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass er auf eine Wortmarke anwendbar ist, die aus der Zusammenfügung einer beschreibenden Wortkombination und einer – isoliert betrachtet – nicht beschreibenden Buchstabenfolge besteht, wenn die Buchstabenfolge vom Verkehr als Abkürzung der Wortkombination wahrgenommen wird, weil sie den Anfangsbuchstaben jedes Wortes dieser Wortkombination wiedergibt, und die Marke in ihrer Gesamtheit betrachtet damit als eine Kombination beschreibender Angaben oder Abkürzungen verstanden werden kann, der infolgedessen die Unterscheidungskraft fehlt.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundespatentgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 11. Januar 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Februar 2011, in den Verfahren

Alfred Strigl – Deutsches Patent- und Markenamt (C-90/11)

und

Securvita Gesellschaft zur Entwicklung alternativer Versicherungskonzepte mbH (C-91/11)

gegen

Öko-Invest Verlagsgesellschaft mbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) und der Richter E. Juhász, G. Arestis und T. von Danwitz,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Securvita Gesellschaft zur Entwicklung alternativer Versicherungskonzepte mbH, vertreten durch Rechtsanwalt J. Nabert,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Palatiello, avvocato dello Stato,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch T. van Rijn und F. Bulst als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. Januar 2012

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. L 299, S. 25; im Folgenden: Richtlinie).

Rz. 2

Sie ergehen im Rahmen zweier Verfahren, des von Herrn Strigl beim Deutschen Patent- und Markenamt eingeleiteten Verfahrens über die Eintragung des Ausdrucks „Multi Markets Fund MMF” als Wortmarke und des Verfahrens zwischen der Securvita Gesellschaft zur Entwicklung alternativer Versicherungskonzepte mbH (im Folgenden: Securvita) und der Öko-Invest Verlagsgesellschaft mbH (im Folgenden: Öko-Invest) über die Eintragung des Ausdrucks „NAI – Der Natur-Aktien-Index” als Wortmarke.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 3 („Eintragungshindernisse – Ungültigkeitsgründe”) der Richtlinie sieht vor:

„(1) Folgende Zeichen oder Marken sind von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegen im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung:

  1. Zeichen, die nicht als Marke eintragungsfähig sind;
  2. Marken, die keine Unterscheidungskraft haben;
  3. Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können;

…”

Nationales Recht

Rz. 4

§ 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 des deutschen Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen vom 25. Oktober 1994 (BGBl. 1994 I, S. 3082, im Folgenden: MarkenG) sieht Folgendes vor:

„Von der Eintragung ausgeschlossen sind Marken,

  1. denen für die Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt,
  2. die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können …”

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Rechtssache C-90/11

Rz. 5

Im Jahr 2008 meldete Herr Strigl die Wortmarke „Multi Markets Fund MMF” beim Deutschen Patent- und Markenamt für folgende Dienstleistungen der Klasse 36 des Abk...

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