Insbesondere bei grundlegenden und kostenintensiven Erhaltungsmaßnahmen liegt zumindest die Klärung von Art und Umfang einer Sanierungsmaßnahme sowie deren konkreter Umfang durch einen Sonderfachmann wie einen Architekten oder Bauingenieur nahe, worauf der Verwalter die Wohnungseigentümer hinweisen sollte.

 
Praxis-Beispiel

Die Balkonsanierung

In der aus 30 Wohnungen bestehenden Wohnanlage sind 28 Balkone vorhanden. 16 von ihnen weisen deutlichen Instandsetzungsbedarf auf, der bei den übrigen 12 Balkonen zumindest nicht offensichtlich ist.

Ausreichende Fachkenntnisse vorhanden?

Da die Balkone gleichen Baujahres sind, dürfte es nahe liegen, dass die übrigen 12 Balkone zumindest einmal fachmännisch daraufhin begutachtet werden sollten, ob nicht auch bei ihnen Instandsetzungsbedarf bereits vorhanden ist, auch wenn dieser noch nicht offensichtlich ist. Zu einer derartigen Begutachtung ist der Verwalter mangels ausreichender eigener Fachkenntnis nicht in der Lage. Eine Begutachtung ist aber zumindest vor dem Hintergrund sinnvoll, als doppelte Gerüstkosten vermieden werden können, so auch diese Balkone saniert werden und eine entsprechende Sanierung auch bereits sinnvoll ist. Ohnehin aber ist durch einen Fachmann zu klären, welche Maßnahmen an den offensichtlich instandsetzungsbedürftigen Balkonen erforderlich sind, sodass die Kosten der Maßnahme ermittelt werden können. Auch diese Klärung ist dem Verwalter in aller Regel mangels entsprechender Fachkenntnisse nicht möglich.

Beurteilung des Instandsetzungsbedarfs teilweise sehr schwierig

Der Verwalter sollte die Wohnungseigentümer also in diesem Stadium darauf aufmerksam machen, dass er weder den offensichtlichen Instandsetzungsbedarf, noch einem im Grunde bereits angelegten Instandsetzungsbedarf beurteilen kann. Diese Beurteilung muss nun nicht durch Beauftragung eines Bauingenieurs oder Architekten, sondern kann auch durch einen Fachunternehmer erfolgen. Insoweit dürfte ggf. noch nachvollziehbar sein, wenn die Wohnungseigentümer kein Geld für eine entsprechende Begutachtung durch einen Architekten oder Ingenieur in die Hand nehmen wollen. So jedenfalls die Wohnungseigentümer eine kostenauslösende Beauftragung eines Sonderfachmanns nicht wünschen, besteht auch die Möglichkeit, einen geeigneten Fachunternehmer mit der Analyse der erforderlichen Arbeiten im Rahmen konkreter Angebotserstellung zu beauftragen. Hier wird es vom tatsächlichen Volumen der Sanierungsmaßnahme und der Frage der Auslastung des Unternehmens abhängen, ob der Fachunternehmer bereit ist, die Analyse unentgeltlich durchzuführen und ein entsprechendes Leistungsverzeichnis zu erstellen. Bereits hierüber sollte der Verwalter die Wohnungseigentümer wiederum aufklären.

Mindestens 3 Alternativangebote einholen

Der Verwalter sollte die Wohnungseigentümer aber auch dahingehend aufklären, dass dem konkreten Sanierungsbeschluss mindestens 3 Alternativangebote zugrunde liegen müssen. Letztlich also müssen 3 unterschiedliche Unternehmen den Zustand der Balkone analysieren und entsprechende Maßnahmen kalkulieren. Vor erhebliche Probleme könnten die Wohnungseigentümer dann gestellt sein, wenn die Fachunternehmen jeweils alternative Sanierungskonzepte präsentieren. Wiederum dürfte der Verwalter keinesfalls in der Lage sein, beurteilen zu können, welches Konzept das richtige ist. Er ist hierzu auch weder verpflichtet, noch kann er hierzu gezwungen werden. Er genügt hier grundsätzlich seiner Pflicht, die Wohnungseigentümer auch auf dieses Risiko und eben die Vorzüge der entsprechenden Analyse und Planung durch einen Architekten bzw. Bauingenieur hinzuweisen.

Mögliche Haftung des Verwalters

Selbst bei Hinzuziehung eines Sonderfachmanns ist der Verwalter hierdurch nicht vollständig von etwaiger eigener Haftung für Mängel oder Schäden am Gemeinschafts- oder Sondereigentum befreit. Ihm obliegen weiterhin die typischen Pflichten und Obliegenheiten eines Bauherrn. Insbesondere trifft den Verwalter hier die Pflicht zur ordnungsgemäßen Überwachung der Sonderfachleute (OLG Frankfurt/Main, Beschluss v. 10.2.2009, 20 W 356/07). Auch bei Maßnahmenbegleitung durch einen Sonderfachmann muss der Verwalter die Leistungen der beauftragten Unternehmen auf Vollständigkeit überprüfen, soweit es sich um Leistungen handelt, die unproblematisch, weil sichtbar, überprüft werden können (LG Hamburg, Beschluss v. 9.4.2013, 318 T 17/12). Stehen Restarbeiten aus, muss der Verwalter das Unternehmen entsprechend auffordern. Sind erkennbare Mängel vorhanden, hat er das Unternehmen zur Mängelbeseitigung aufzufordern. Andererseits darf sich der Verwalter grundsätzlich auf die Richtigkeit von Angaben und Empfehlungen von Sonderfachleuten verlassen. Bei entsprechenden Fehlern des Architekten oder Ingenieurs scheidet demnach eine eigene Haftung des Verwalters in der Regel aus. Dies aber wiederum dann nicht, wenn der Fehler des Sonderfachmanns auch für den Verwalter erkennbar war.

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