Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 17.05.2018, Az. 1 O 361/16, abgeändert. Das Verfahren wird im Hinblick auf den am 29.08.2017 gemäß § 6 Abs. 1 KapMuG im Klageregister bekanntgemachten und dem Oberlandesgericht Köln zum Zwecke der Herbeiführung eines Musterbescheids vorgelegten Beschluss des Landgerichts Essen vom 15.03.2018, Az. 17 O 347/16, gemäß § 8 Abs. 1 KapMuG ausgesetzt.

Der Kläger wird gemäß § 8 Abs. 3 KapMuG darüber unterrichtet, dass die anteiligen Kosten des Musterverfahrens zu den Kosten des Rechtsstreits gehören; dies gilt nicht, wenn die Klage innerhalb von einem Monat ab Zustellung dieses Aussetzungsbeschlusses zurückgenommen wird.

Dem Oberlandesgericht Köln wird nach § 8 Abs. 4 KapMuG ein Abdruck dieses Beschlusses übermittelt mit dem Hinweis, dass der in Höhe von 7.813,79 EUR geltend gemachte Zahlungsanspruch nebst Feststellungsanträgen, die der Kläger mit einem Wert von weiteren 1.000 EUR beziffert, von den Feststellungszielen des dort geführten Musterverfahrens betroffen ist.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 2.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht Schadensersatzansprüche gegen die beklagte Bank wegen behaupteter Falschberatung im Zusammenhang mit seiner am 23.03.2007 gezeichneten Beteiligung an einem Schiffsfonds - dem L... S... II (vgl. Anlage K2, Bl. 105 d.A.) - geltend. Die Anbieterin der Vermögensanlage ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Mit Schriftsatz vom 11.04.2018 hat der Kläger unter Hinweis auf den Vorlagebeschluss des Landgerichts Essen vom 15.03.2018 - 17 O 347/16 (vgl. Ablichtung, Bl. 642 ff. d.A.), der im gerichtlichen Teil des Bundesanzeigers am 29.08.2017 veröffentlicht worden ist, beantragt, den Rechtsstreit gemäß § 8 Abs. 1 KapMuG auszusetzen. Hinsichtlich des Einwandes der Beklagten, dass es im vorliegenden Rechtsstreit auf die mit dem Vorlagebeschluss dem Oberlandesgericht Köln zur Prüfung zugeleiteten Feststellungsziele schon deshalb nicht ankomme, weil der Kläger den betreffenden Emissionsprospekt nach seinen Angaben nicht vor Unterzeichnung der Beitrittserklärung erhalten habe, hat sich der Kläger, der primär behauptet, durch eine anhand des Emissionsprospektes vorbereitete Mitarbeiterin der Beklagten beraten worden zu sein, das widerstreitende Vorbringen der Beklagten hilfsweise zu eigen gemacht. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 23.04.2018 beantragt, den Aussetzungsantrag zurückzuweisen und das Verfahren fortzuführen, da es insbesondere schon an einer möglichen Kausalität der in dem Vorlagebeschluss bezeichneten Prospektinhalte für die Anlageentscheidung des Klägers fehle und etwaige Schadensersatzansprüche jedenfalls verjährt seien (Bl. 653 ff. d.A.). Mit Beschluss vom 17.05.2018 hat das Landgericht Potsdam den Aussetzungsantrag des Klägers zurückgewiesen (Bl. 672 ff. d.A.). Zur Begründung hat es ausgeführt, nach dem klägerischen Vortrag könne nicht festgestellt werden, dass die Entscheidung des Rechtsstreits von den im Vorlagebeschluss des Landgerichts Essen niedergelegten Feststellungszielen abhänge. Der Kläger trage gerade vor, den Prospekt von der Beklagten nicht erhalten zu haben. Die stattdessen behauptete Prospektorientierung der mündlichen Beratung habe er nicht hinreichend substantiiert, so dass nicht erkennbar sei, wie ihm die im Rahmen des Kapitalanlagemusterverfahrens als fehlerhaft gerügten Prospektangaben entscheidungserheblich zur Kenntnis gelangt sein könnten. Soweit er sich hilfsweise den Vortrag der Beklagten zu eigen gemacht habe, den Prospekt rechtzeitig vor Zeichnung der Anlage erhalten zu haben, sei dies unbeachtlich, weil er damit gegen die ihm gemäß § 138 Abs. 1 ZPO obliegende Wahrheitspflicht verstoßen habe.

Gegen den ihm gemäß Empfangsbekenntnis seiner Prozessbevollmächtigten am 24.05.2018 zugestellten Beschluss (vgl. Bl. 678 d.A.) hat der Kläger mit am 07.06.2018 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 17.05.2018 aufzuheben und das Verfahren nach § 8 Abs. 1 KapMuG auszusetzen. Für die Begründung der Beschwerde wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 07.06.2018 und vom 18.07.2018 verwiesen (Bl. 684 ff. und Bl. 741 ff. d.A.).

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf Ziffer I. des angefochtenen Beschlusses (Bl. 672 ff. d.A.) sowie die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

II. 1. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 und 2 ZPO i.V.m. § 252 ZPO (vgl. Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 15. Aufl., § 252 Rn. 1; BT-Drucks. 17/8799, S. 21).

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

a) Der für die Beschwerde zuständige Senat ist zugleich Prozessgericht im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG und damit selbst zur Entscheidung über die Aussetzung berufen, denn anders als bei einem Revisionsverfahren vor dem Bundes...

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