Leitsatz (amtlich)

a) Ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Beschwerdegerichts, des Berufungsgerichts oder des OLG nicht ausgesprochen worden, kann der Ausspruch im Wege eines Berichtigungsbeschlusses nachgeholt werden, wenn das Gericht die Rechtsbeschwerde in dem Beschluss zulassen wollte und dies nur versehentlich unterblieben ist. Dieses Versehen muss sich aus dem Zusammenhang der Entscheidung selbst oder mindestens aus den Vorgängen bei der Beschlussfassung ergeben und auch für Dritte ohne weiteres deutlich sein.

b) Der von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts beauftragte Rechtsanwalt kann seine Gebühren nach § 19 BRAGO nicht gegen einen Gesellschafter festsetzen lassen, der nicht selbst - neben der Gesellschaft - Auftraggeber des Anwalts ist.

 

Normenkette

ZPO §§ 319, 574 Abs. 1 Nr. 2; BRAGO § 19

 

Verfahrensgang

OLG Koblenz (Beschluss vom 07.08.2003; Aktenzeichen 14 W 503/03)

LG Koblenz

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 14. Zivilsenats des OLG Koblenz v. 7.8.2003 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 821,73 EUR.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Prozessbevollmächtigter der früheren Beklagten und Antragsgegnerin zu 1), einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter der Antragsgegner zu 2) ist. Nach Abschluss des Rechtsstreits hat der Antragsteller die Festsetzung seiner Gebühren i.H.v. 821,73 EUR nebst Zinsen gegen beide Antragsgegner als Gesamtschuldner beantragt. Die Rechtspflegerin des LG hat die Gebühren nur gegen die Antragsgegnerin zu 1) festgesetzt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Der sofortigen Beschwerde des Antragstellers hat sie nicht abgeholfen. Das OLG hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss des Einzelrichters v. 13.1.2003 zurückgewiesen. Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss v. 24.6.2003 (BGH, Beschl. v. 24.6.2003 - VI ZB 7/03) den angefochtenen Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Mit Beschluss v. 6.8.2003 hat der Einzelrichter das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO dem Senat zur Entscheidung übertragen. Dieser hat mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss die sofortige Beschwerde des Antragstellers aus den Erwägungen des Beschlusses des Einzelrichters v. 13.1.2003 zurückgewiesen. Auf Antrag des Antragstellers v. 22.8.2003 hat der Senat mit Beschluss v. 25.8.2003 seinen Beschluss v. 7.8.2003 entsprechend § 319 Abs. 1 ZPO ergänzt und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser begehrt der Antragsteller, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und unter Abänderung des landgerichtlichen Beschlusses die ihm zu erstattende Vergütung auch gegenüber dem Antragsgegner zu 2) festzusetzen, hilfsweise die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

a) Nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist gegen einen Beschluss die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich zugelassen hat, sei es im Tenor oder in den Gründen (Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 574 Rz. 14). Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben. Der Beschluss v. 7.8.2003 enthält keine Aussage über die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Eine Nachholung der Zulassung durch eine Ergänzungsentscheidung entsprechend § 321 ZPO ist nicht möglich (BGH, Beschl. v. 24.11.2003 - II ZB 37/02, MDR 2004, 465 = BGHReport 2004, 477 = NJW 2004, 779).

b) Die am 25.8.2003 unter Hinweis auf § 319 ZPO beschlossene Zulassung der Rechtsbeschwerde bindet das Rechtsbeschwerdegericht nicht, denn diese Entscheidung ist unwirksam. Zwar kann eine im Beschluss übersehene Zulassung der Rechtsbeschwerde entsprechend § 319 ZPO im Wege eines Berichtigungsbeschlusses nachgeholt werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Gericht das Rechtsmittel in dem Beschluss zulassen wollte und der entsprechende Ausspruch nur versehentlich unterblieben ist. Das Versehen muss, weil Berichtigungen nach dieser Vorschrift auch von einem Richter beschlossen werden können, der an der fraglichen Entscheidung nicht mitgewirkt hat, selbst für Dritte ohne weiteres deutlich sein (BGH, Beschl. v. 11.5.2004 - VI ZB 19/04, BGHReport 2004, 1258 = MDR 2004, 1073 = NJW 2004, 2389). Dafür ist erforderlich, dass sich das Versehen aus dem Zusammenhang der Entscheidung selbst oder mindestens aus den Vorgängen bei der Beschlussfassung ergibt (BGH, Beschl. v. 24.11.2003 - II ZB 37/02, MDR 2004, 465 = BGHReport 2004, 477 = NJW 2004, 779).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Weder dem Beschluss v. 7.8.2003 selbst noch den Zusammenhängen aus den Vorgängen bei der Beschlussfassung lässt sich entnehmen, dass das Beschwerdegericht seinerzeit die Rechtsbeschwerde zulassen wollte. Soweit das Beschwerdegericht in seinem Beschluss den Erwägungen des vorausgegangenen Einzelrichterbeschlusses folgt und diese teilweise wörtlich wiederholt, werden in den Gründen nämlich allein die Erwägungen mitgeteilt, die sich auf die Sache selbst beziehen. Die in dem Einzelrichterbeschluss darüber hinaus enthaltenen Erwägungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde werden dagegen weder wörtlich oder sinngemäß wiedergegeben noch in anderer Weise angesprochen. Insoweit fehlt jede Bezugnahme. Der Wille, die Rechtsbeschwerde - zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung - zuzulassen, ergibt sich vorliegend auch nicht mit hinreichender Deutlichkeit daraus, dass in den Gründen des Beschlusses neben den zur Stützung der eigenen Sachentscheidung angeführten Zitaten aus Rechtsprechung und Literatur auch zwei Fundstellen für die gegenteilige Auffassung genannt werden, zumal es sich bei der einzigen abweichenden Gerichtsentscheidung - im Unterschied zu den anderen Fundstellen - um ein älteres Zitat aus dem Jahre 1970 handelt.

Aus dem Umstand, dass der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde in dem vorausgegangenen Beschluss zugelassen hatte und nach dessen Aufhebung das Verfahren gem. § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO dem Senat zur Entscheidung übertragen hat, ergibt sich lediglich, dass der Einzelrichter selbst der Sache eine grundsätzliche Bedeutung gem. § 574 Abs. 2 ZPO beigemessen und deswegen die Zulassung der Rechtsbeschwerde für erforderlich gehalten hat. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass der mit drei Richtern besetzte Senat bei seiner Beschlussfassung derselben Auffassung gewesen ist und auch eine entsprechende Entscheidung getroffen hat.

2. Die Rechtsbeschwerde wäre im Übrigen auch nicht begründet. Das LG hat den Festsetzungsantrag des Antragstellers zu Recht zurückgewiesen. Eine Festsetzung der Gebühren gegen den Antragsgegner zu 2) kommt nicht in Betracht. Beantragt der Prozessbevollmächtigte die Festsetzung gem. § 19 BRAGO (jetzt: § 11 RVG), so ist Antragsgegner sein Auftraggeber. Auftraggeber ist in aller Regel die Partei, hier also die Antragsgegnerin zu 1) als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, gegen die allein die Klage gerichtet war. Eine Festsetzung gegen den Antragsgegner zu 2) als Gesellschafter käme nur in Betracht, wenn dieser neben der Gesellschaft Auftraggeber des Antragstellers wäre (h.M., vgl. OLG Bamberg JurBüro 1983, 1194; OLG Hamburg JurBüro 1984, 1180 f.; OLG Schleswig JurBüro 1984, 1178 f.; OLG Köln, Beschl.v. 15.7.1998 - 17 W 248/98, OLGReport Köln 1999, 99 = juris; von Eicken in Gerold/Schmidt, BRAGO, 15. Aufl., § 19 Rz. 12; Römermann in Hartung/Römermann, Praxiskommentar zum RVG, § 11 Rz. 36; Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., § 11 RVG Rz. 25; Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, RVG, S. 1063 Ziff. 7; a.A.: KG Rpfleger 1970, 294 = NJW 1970, 1612; Gebauer/Schneider, BRAGO, § 19 Rz. 40; Bischof in Bischof/Jungbauer/Podlech-Trappmann, RVG, S. 92, Rz. 16). Das ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht allein schon wegen der akzessorischen Gesellschafterhaftung entsprechend § 128 HGB (vgl. BGH v. 29.1.2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = BGHReport 2001, 237) der Fall, zumal diese Haftung nicht ausnahmslos gilt (vgl. BGH v. 7.4.2003 - II ZR 56/02, BGHZ 154, 370 [377] = MDR 2003, 756 = BGHReport 2003, 740). Eine ausdrückliche Auftragserteilung seitens des Antragsgegners zu 2) macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

BB 2004, 2378

DStR 2005, 531

NJW 2005, 156

BGHR 2005, 193

EBE/BGH 2004, 3

FamRZ 2004, 1962

JurBüro 2005, 35

ZAP 2004, 1342

ZIP 2005, 86

AnwBl 2004, 729

MDR 2005, 103

Rpfleger 2005, 51

VersR 2005, 1102

AGS 2004, 480

RENOpraxis 2005, 37

RVGreport 2004, 471

r+s 2005, 353

ProzRB 2005, 126

RVG-Letter 2004, 128

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