Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Freistellung von Rechtsanwaltskosten. Er verkaufte dem Beklagten durch notariellen Vertrag vom 26.01.2005 eine Eigentumswohnung zum Preis von 90.000 Euro. Der Kaufpreis sollte 10 Tage nach Zugang einer Fälligkeitsmitteilung durch den Notar beim Beklagten fällig werden. Der Notar erstellte am 22.04.2005 eine Fälligkeitsmitteilung, die als Einwurfeinschreiben an den Beklagten versandt wurde.

Da der Beklagte nicht zahlte, beauftrage der Kläger seine Prozessbevollmächtigten. Diese forderten den Beklagten mit Schreiben vom 09.06.2005 zur Zahlung auf. Am 13.06.2005 zahlte der Beklagte den Kaufpreis.

Der Kläger behauptet, das Schreiben sei dem Beklagten am 25.04.2005 zugegangen. Er ist der Ansicht, dieser habe sich daher seit dem 05.05.2005 im Zahlungsverzug befunden und sei daher verpflichtet, ihn von den Rechtsanwaltskosten freizustellen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, ihn von der Kostenrechnung der Rechtsanwälte vom 6.7.2005 über 1.948,92 Euro freizustellen und vorgenannten Betrag nebst 5 Prozentpunkten über Rechtshängigkeit an die Rechtsanwälte zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er behauptet, er habe das Schreiben des Notars vom 22.04.2005 nicht im April 2005 erhalten. Erst durch eine auf seine Nachfrage hin erfolgte erneute Versendung sei ihm das Schriftstück am 03.06.2005 zugegangen. Der Beklagte ist der Ansicht, dass der Einlieferungsbeleg des Einschreibens nicht geeignet sei, den Zugang zu beweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I. Dem Kläger steht ein Freistellungsanspruch aus §§ 280 Abs. 2, 286 BGB nicht zu.

Ein Zahlungsverzug des Beklagten im Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers ist nicht nachgewiesen. Maßgeblich für die Frage des Verzugseintritts ist die Frage, wann dem Beklagten die fälligkeitsauslösende Mitteilung des Notars vom 22.04.2005 zugegangen ist.

1. Beim Einwurfeinschreiben besteht nach der Auffassung des Gerichts auch bei Vorlage entsprechender Dokumentationen (wie etwa Einlieferungs- und Auslieferungsbeleg) kein Anscheinsbeweis für den Zugang der Sendung beim Empfänger (so auch LG Potsdam, NJW 2000, 3722; Schmidt-Futterer / Börstinghaus, Mietrecht, 8. Aufl. 2003, vor § 558, Rn. 86; Bauer / Diller, NJW 1998, 2795, 2796; aA LG Berlin, Beschluss v. 19.04.2001; 61 T 117/00; AG Paderborn, NJW 2000, 3722; AG Hannover, NJOZ 2004, 67; Palandt / Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 130, Rn. 21). Denn ein Verlust von Postsendungen während des Zustellvorganges ist nach der Lebenserfahrung ebenso wenig auszuschließen wie das Einstecken von Postsendungen in den falschen Briefkasten durch den Zusteller (LG Potsdam, NJW 2000, 3722). Dass der Nachweis des Zugangs beim Einwurfeinschreiben dadurch nahezu unmöglich gemacht wird, wenn der Empfänger den Zugang bestreitet, ist im Hinblick darauf hinzunehmen, dass dem Absender die Wahl eines sicheren Zugangsweges – etwa durch Einschreiben mit Rückschein – offen gestanden hätte (LG Potsdam, NJW 2000, 3722).

2. Diese Frage kann indes im vorliegenden Fall dahinstehen, denn eine ausreichende Dokumentation des Zustellvorganges durch den Kläger liegt nicht vor. Es liegt lediglich der Einlieferungsbeleg vor (Bl. 7 d.A.) sowie ein „Sendestatus”, der eine „Zustellung am 25.04.2005” vermerkt (Bl. 9 d.A.). Ein solcher Sendestatus kann nicht als hinreichend starkes Indiz dafür angesehen werden, dass ein Zugang beim Empfänger tatsächlich erfolgt ist. Aus ihm geht der Name des Zustellers nicht hervor; er beinhaltet auch keine technische Reproduktion einer Unterschrift des Zustellers, mit der dieser bekundet, die Sendung eingeworfen zu haben (vgl. AG Postdam, NJW 2000, 3722, 3723; AG Hannover, NJOZ 2004, 67; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl. 2003, vor § 558, Rn. 86). Die Aussagekraft des Sendestatus reicht daher nicht dazu aus, um auf ihn den Anscheinsbeweis des Zugangs zu gründen.

Da somit ein Zugang des Schreibens des Notars vom 22.04.2005 erst am 03.06.2005 zugegangen ist und eine Fälligkeit erst 10 Tage nach Erhalt des Schreibens eintrat, befand sich der Beklagte im Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers, die vor dem 9.6.2005 (Datum des Schreibens an den Beklagten) stattgefunden hat, nicht im Zahlungsverzug.

II. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, S. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 1.948,92 EUR.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2063429

NJW 2007, 1215

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