Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückverweisung bei verfrühtem Scheidungsantrag. Ausgleich von Nachteilen aus einer verfrühten Scheidungsantragstellung im Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

Es kommt auch nicht darauf an, ob bei Einlegung der Beschwerde das Rechtsmittel (noch) begründet war, denn das Rechtsmittelgericht hat auf der Grundlage des Sachstandes der letzten Tatsachenverhandlung die materiell richtige Entscheidung zu treffen.

Rechtsprechung, die eine Zurückverweisung auch dann in analoger Anwendung des § 146 FamFG bejaht, wenn das Amtsgericht die Scheidung (verfrüht) ausgesprochen hat, ist nicht ersichtlich. Eine entsprechende Anwendung des § 146 FamFG auf diesen Fall kommt auch nicht in Betracht.

Die Berücksichtigung von Nachteilen, die einem Ehegatten aus einer verfrühten Scheidungs-antragstellung erwachsen, kann im Versorgungsausgleich allenfalls nach § 27 VersAusglG erfolgen. Ein derartiger Umstand kann nicht durch eine Verschiebung des Ehezeitendes, sondern nur als Härtefall unter den Voraussetzungen des § 27 VersAusglG im Wege der Beschränkung oder des Wegfalls des Versorgungsausgleichs auswirken.

 

Normenkette

FamFG § 146; VersAusglG § 27

 

Verfahrensgang

AG Jena (Aktenzeichen 47 F 560/16)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners vom 13.11. 2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Jena vom 7.9.2017, Az. 47 F 560/16, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Beschwerdewert wird auf 33.750 Euro festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten haben am .... die Ehe geschlossen.

Die Antragstellerin hat mit Antragsschrift vom 16.8.2016 bei dem Amtsgericht Jena beantragt, die Ehe zu scheiden. Unstreitig leben die Eheleute seit Mitte Oktober 2015 getrennt.

Mit Verfügung vom 6.9.2016 hat das Amtsgericht Jena die Antragsschrift auf Scheidung der Ehe am 9.9.2016 zugestellt und Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung gesetzt.

Das Amtsgericht hat Verhandlungstermin auf den 6.10.2016 bestimmt. Im Termin hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin Vertagung wegen einer Terminkollision beantragt. Das Amtsgericht hat am Ende der Sitzung beschlossen, dass ein Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehe.

Das Amtsgericht hat mit Verfügung vom 24.10.2017 Termin auf den 12.1.2017 bestimmt.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 6.10.2016 vorgetragen, die Beteiligten lebten seit dem 1.10.2015 räumlich in der ehemaligen Ehewohnung J., voneinander getrennt, d. h. jeder der Beteiligten habe seinen eigenen Haushalt (Einkaufen, Kochen, Mahlzeiten zubereiten, Saubermachen, Müllentsorgung, Waschen u. a.) geführt. Nach dem letzten gemeinsamen 2-wöchigen Urlaub in I. hätten die Beteiligten nicht mehr gemeinsam im ehemaligen Schlafzimmer übernachtet, sondern nur noch die Antragstellerin alleine bzw. seit 2016 gemeinsam mit ihrem neuen Lebensgefährten. Der Antragsgegner habe separat in dem Arbeitszimmer im Obergeschoss geschlafen.

Die Umstände, aufgrund derer die Ehe gescheitert sei, ergeben sich aus permanenter psychischer Gewalt, Psychoterror, Beschimpfungen, Beleidigungen und Bedrohungen des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin innerhalb und außerhalb der Ehewohnung während der Trennungszeit spätestens seit dem 1.10.2015. Aus einer besonders schwerwiegenden Enttäuschung der üblichen Verhaltenserwartungen könne auf das Scheitern der Ehe geschlossen werden

Die Ehe der Beteiligten sei auch gescheitert, wenn sich die Antragstellerin endgültig vom Antragsgegner abgewandt habe; eine Wiederherstellung der Ehe sei deshalb nicht mehr zu erwarten. Die Antragstellerin habe sich auch Anfang Mai 2016 einem anderen Partner zugewandt, Herrn M. H., mit dem sie seit diesem Zeitpunkt verfestigt zusammen lebe.

Der Antragsgegner habe auch die Antragstellerin seit Ende September nicht wieder aufgefordert, die eheliche Lebensgemeinschaft wieder herzustellen.

Der Antragsgegner sei chronisch an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung erkrankt. Diese schwere Erkrankung des Antragsgegners und deren soziale Auswirkungen auf das Getrenntleben in der ehelichen Wohnung stellten für die Antragstellerin eine unzumutbare Härte im Sinne von § 1565 Abs. 2 BGB dar.

Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 12.9.21016 beantragt,

den Antrag zurückzuweisen,

den Versorgungsausgleich durchzuführen.

Er hat im Termin vom 7.9.2017 dem Ehescheidungsantrag zugestimmt.

Der Antragsgegner hat darauf hingewiesen, dass der Antrag unschlüssig sei. Das Trennungsjahr sei unter Zugrundelegung der Angaben in der Antragsschrift noch nicht abgelaufen. Tatsächlich hätten sich die Beteiligten erst am 19.10.2015 getrennt. Ein Lebensgefährte M. H. sei ihm nicht bekannt.

Es lägen auch keine Härtegründe vor. Ein Härtegrund liege nur vor, wenn ein Ehepartner einseitig durch schuldhaftes Verhalten den anderen Ehepartner - der seinerseits völlig unschuldig am Scheitern der Ehe sei - aus der Ehe treibe. Wenn die Antragstellerin schon vortrage, den Antragsgegner...

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