Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Haftungsprivilegierung gem. § 106 Abs. 3 SBG VII bei Gabelstaplerunfällen im Zusammenhang mit dem Beladen eines Lkw

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Urteil vom 12.06.2015)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.06.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Lübeck wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie nimmt die Beklagten aus übergegangenem Recht (§ 116 SGB X) aufgrund eines über sie versicherten Arbeitsunfalles des Zeugen B am 23.11.2011 in Anspruch. Dieser Arbeitsunfall fand auf dem Gelände der Beklagten zu 1. statt. An dem Unfall war der Beklagte zu 2. als Fahrer eines Gabelstaplers beteiligt.

Der Zeuge B. befand sich am 23.11.2011 als Lkw-Fahrer der Fa. S. auf dem Hafengelände, um Papierrollen zu laden. Gegen 16.15 Uhr fuhr er mit dem Lkw auf das Hafengelände und wurde dort - nach entsprechender Anmeldung - eingewiesen, wo er die Ladung in Empfang nehmen sollte.

Nachdem er seinen Lkw gegen 16.30 Uhr abgestellt und sich mit dem Beklagten zu 2. dahingehend verständigt hatte, dass er noch die Türen des Aufliegers öffnen und die Ladefläche ordnen müsse, kam es - wobei die Einzelheiten streitig sind - zu dem hier streitgegenständlichen Unfall. Beim Rückwärtsfahren des von dem Beklagten zu 2. geführten Gabelstaplers geriet der rechte Unterschenkel des Zeugen B. zwischen das linke Rad der hinteren Lenkachse und das Kontergewicht des Gabelstaplers und wurde dort eingeklemmt. Dadurch erlitt der Zeuge eine Zwei-Etagen-Unterschenkel-Trümmerfraktur rechts sowie ein Kompartment-Syndrom am rechten Unterschenkel. Im Februar 2012 erlitt der Zeuge als unfallbedingte Folge noch einen Plattenbruch der Osteosynthese der rechten Tibia. Auf Basis einer MDE von 30 % erhält er mittlerweile eine Rente von rd. 500,00 EUR monatlich (Anl. K 7).

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte zu 2. habe sich mit der aufzuladenden Papierrolle dem Lkw rückwärtsfahrend genähert, als der Zeuge B. gerade dabei gewesen sei, die rechte hintere Tür des Aufliegers zu öffnen. Bei Erreichen des Lkw's habe der Beklagte zu 2. einen "Schlenker" gemacht, um sodann vorwärtsfahrend den Lkw zu beladen. Im Zuge dieses "Schlenkers" seien die Räder des Gabelstaplers ausgestellt gewesen, dadurch sei der Zeuge B. letztlich verletzt worden.

Hilfsweise hat sich die Klägerin die Darstellung des Zeugen im Rahmen seiner Vernehmung vor dem LG zu eigen gemacht, wonach der Beklagte zu 2. den Gabelstapler neben dem Auflieger abgestellt gehabt habe und abgestiegen sei. Der Stapler sei dann führerlos und unbesetzt auf den Zeugen zugerollt und habe ihn verletzt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ein Haftungsprivileg komme den Beklagten nicht zugute, insbesondere liege keine "gemeinsame Betriebsstätte" i.S.v. § 106 Abs. 3 SGB VII vor.

Hilfsweise hat sie die Auffassung vertreten, ihr stünde jedenfalls ein Anspruch gem. § 110 SGB VII zu, denn der Beklagte zu 2. habe grob fahrlässig durch Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften die Verletzung des Zeugen B. verursacht.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 63.043,77 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz aus 21.440,55 EUR ab dem16.06.2012, aus weiteren 20.658,41 EUR ab dem 08.08.2012, aus weiteren 5.126,26 ab dem 16.08.2012, aus weiteren 1.633,70 EUR ab dem 24.08.2012, aus weiteren 2.851,33 EUR ab dem 20.12.2012 und im Übrigen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr die weiteren Aufwendungen zu ersetzen, die ihr aus Anlass des Unfalls ihres Versicherten Norbert B. vom 23.11.2011 entstanden sind und zukünftig entstehen, soweit die Schadenersatzansprüche ihres Versicherten gegen die Beklagten gem. § 116 SGB X auf sie übergegangen sind.

Hilfsweise

3. die Beklagten wie Gesamtschuldner haftend zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 63.043,77 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz aus 21.440,55 EUR ab dem 16.06.2012, aus weiteren 20.658,41 EUR ab dem 08.08.2012, aus weiteren 5.126,26 EUR ab dem 16.08.2012, aus weiteren 1.633,70 EUR ab dem 24.08.2012, aus weiteren 2.851,33 EUR ab dem 20.12.2012 und im Übrigen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

4. Den Beklagten zu 2. zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von weiteren 11.797,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

5. Festzustellen, dass der Beklagte zu 2. verpflicht...

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