Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Schadensersatzpflicht wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen

 

Normenkette

GmbHG § 64 Abs. 1-2; InsO § 15 Abs. 1, § 130 Abs. 1 Nr. 1, § 143; HGB § 130 Abs. 2-3, § 177a; BGB § 823 Abs. 2; StGB § 14 Nrn. 1-2, § 266a

 

Verfahrensgang

LG Zweibrücken (Urteil vom 23.09.2004; Aktenzeichen 2 O 370/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Schlussurteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Zweibrücken vom 23.9.2004 geändert:

Die Klage wird abgewiesen, soweit darüber nicht bereits durch Teilanerkenntnisurteil vom 21.8.2003 entschieden wurde.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Von den Kosten des 1. Rechtszuges haben die Klägerin 9/20, der Beklagte 11/20 zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Dem Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Klägerin wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 21.796,98 EUR festgesetzt.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Schadensersatz wegen nicht abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung.

Der Beklage war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der unter HRB ... des AG Pirmasens im Handelsregister eingetragenen Firma F.S. Verwaltungs GmbH, die ihrerseits alleinige Komplementärin der Firma F.S. GmbH & Co. KG in ... war. Die Kommanditgesellschaft (künftig KG) befand sich ab der zweiten Hälfte des Jahres 1998 in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Ab Januar 1999 liefen bei der Klägerin Beitragsrückstände an Sozialversicherungsbeiträgen für die bei der KG beschäftigten Mitarbeiter auf. Im Zeitraum von Januar bis Mai 1999 wurden die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung i.H.v. insgesamt 48.786,93 EUR nicht abgeführt.

Am 29.6.1999 stellte der Beklagte, nachdem die Klägerin zuvor auf Begleichung der Rückstände gedrängt hatte und selbst einen Insolvenzantrag stellen wollte, Eigeninsolvenzantrag sowohl für die Komplementärin als auch für die KG (1 IN 49/99 und 1 IN 50/99 jeweils AG Pirmasens). Mit Beschluss vom 16.7.1999 wurde über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet. Bezüglich der Verwaltungs GmbH (Komplementärin) wurde am 11.5.2000 das Insolvenzverfahren eröffnet; dieses wurde gem. § 211 InsO nach Anhörung der Gläubigerversammlung und der Massegläubiger mangels einer die Masseverbindlichkeiten deckenden Masse am 12.9.2003 eingestellt. Das die KG betreffende Insolvenzverfahren ist am 23.1.2004 gem. § 200 InsO aufgehoben worden, nachdem die Schlussverteilung vollzogen war. In dem Bericht des Insolvenzverwalters gem. § 156 InsO vom 3.9.1999 hatte dieser bezüglich der KG festgestellt, dass der permanente Auftragsrückgang und schließlich die Entscheidung der begleitenden Banken, die Kreditlinien nicht weiter zu erhöhen, zur Überschuldung und zur anschließenden Zahlungsunfähigkeit geführt hätten. Bereits im ersten Quartal 1999 sei zu erkennen gewesen, dass Investitionen potentieller Abnehmer, besonders in der Lebensmittelbranche, gestreckt worden seien und auch die Erwartungen im Schuhmaschinenbereich sich nicht erfüllt hätten. Versuche, auf dem französischen Markt Fuß zu fassen, seien gescheitert (vgl. im Einzelnen dazu 1 IN 49/99 AG Pirmasens, Bl. 68 ff. d.A.). Bereits in seinem Bericht vom 15.7.1999 (Bl. 15 d. BA) ist der Insolvenzverwalter von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der KG ausgegangen.

Gegen den Beklagten wurde am 1.2.2001 ein Strafbefehl zu 90 Tagessätzen erlassen wegen vier rechtlich selbständiger Handlungen, weil er es in der Zeit vom 15.2.1999 bis zum 29.6.1999 entgegen § 130a HGB unterlassen habe, bei Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen, ferner in drei Fällen als Arbeitgeber die Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung den Einzugsstellen vorenthalten habe. Weiter wird darin u.a. festgestellt:

"Die vorgenannte Firma befand sich schon in der 2. Hälfte des Jahres 1998 in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Der Obergerichtsvollzieher D. musste ab November 1998 in einer Vielzahl von Fällen zur Durchführung von Pfändungsaufträgen bei der Firma vorstellig werden. Darüber hinaus liefen für die Firma ab dem Beitragsmonat Januar 1999 bei der AOK erhebliche Beitragsrückstände auf. Ebenso entstanden bei der Barmer Ersatzkasse ab dem Beitragsmonat März 1999 Beitragsrückstände. Spätestens Mitte April 1999 wurde Ihnen bewusst, dass die Firma F.S. GmbH & Co. KG Maschinenfabrik voraussichtlich dauernd außerstande sein werde, den wesentlichen Teil der fälligen und von den Gläubige...

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