Tenor

Unter Ablehnung der Übernahme wird die Sache an das Sozialgericht K. zurückgegeben.

 

Gründe

I.

Die 14. Kammer des Sozialgerichts K. hat unter dem Vorsitz des Beteiligten zu 2) mit Urteil vom 28. Februar 2012 (S 14 AS 63/11) eine Klage des Erstbeteiligten auf Erhalt von Sozialleistungen abgewiesen. Der Beteiligte zu 1) hat am 29. März 2012 u. a. gegen den Beteiligten zu 2) Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben. Diese hat er mit Telefaxschreiben, welches am 18. April 2012 bei dem Sozialgericht eingegangen ist, "als Klage (u. a. gegen den Beteiligten zu 2)) abgeändert". Bei dem Sozialgericht ist diese "Klage", zu deren Ziel und Zweck sich der Erstbeteiligte bislang verschweigt, auf Anordnung des Gerichtspräsidenten im Verfahrensregister erfasst (S 15 SV 2/12 ER) und danach gemäß Verfügung des zuständigen Kammervorsitzenden dem Beteiligten zu 2) als "Passivpartei" bekannt gegeben worden. Nach Gewährung rechtlichen Gehörs für die Verfahrensbeteiligten hat die 15. Kammer des Sozialgerichts K. sodann mit - nicht angefochtenem - Beschluss vom 22. Mai 2012 den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsgerichtsbarkeit für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das "Dienstgericht des Landes Rheinland-Pfalz" verwiesen. Zur Begründung dafür ist ausgeführt, das Klagebegehren des Beteiligten zu 1) sei im Wege der Auslegung dahin zu verstehen, dass dem Beteiligten zu 2) vorläufig die Fortführung der Amtsgeschäfte als Richter untersagt werden solle; damit sei der Rechtsweg zu dem Richterdienstgericht gegeben.

II.

Die Übernahme der Sache wird abgelehnt, weil für jedwedes Begehren auf Gewährung von Individualrechtsschutz, welches der Erstbeteiligte mit seiner "Klage" gegen den Beteiligten zu 2) verfolgen könnte, eine Zuständigkeit des Dienstgerichts für Richterinnen und Richter ganz offensichtlich nicht gegeben ist und sich die vom Sozialgericht ausgesprochene Rechtswegverweisung deshalb als objektiv willkürlich erweist.

Zwar ist aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG eine Rechtswegverweisung für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, grundsätzlich bindend. Dies gilt in aller Regel auch bei gesetzwidrigen Verweisungen. Die aufdrängende Bindungswirkung besteht jedoch nicht, wenn sich die Verweisungsentscheidung bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Zuständigkeitsnormen so weit von dem diese beherrschenden verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entfernt hat, dass sie schlechthin nicht mehr verständlich erscheint und evident unhaltbar ist (vgl. etwa BGH NJW-RR 2008, 1309 f.; BVerwG vom 17.03.2010 - 7 AV 1/10 - bei [...]; BAG NJW 2006, 2798; BFH vom 26.02.2004 - VII B 341/03 - bei [...]; LAG Köln vom 17.08.2010 - 1 SHa 13/10 - bei [...]; SG Magdeburg vom 27.06.2011 - S 16 SV 44/10 - bei [...]; Zöller/Lückemann ZPO 29. Aufl. § 17a GVG Rdnr. 13, jew. m. zahlr. w. N.).

So verhält es sich hier.

Der Rechtsweg zu den Richterdienstgerichten in den Ländern mit ihrer besonderen Besetzung der Spruchkörper und der besonderen Ausgestaltung des Verfahrens ist nur eröffnet, soweit das Deutsche Richtergesetz dies bestimmt (§§ 77, 78 DRiG). Für das Land Rheinland-Pfalz sind die dem Richterdienstgericht ausdrücklich zugewiesenen Sachen in § 56 LRiG Rheinland-Pfalz abschließend aufgezählt. Nach den klaren und eindeutigen Regelungen des Gesetzes kann ein Verfahren vor dem Dienstgericht, wenn es einen Richter betrifft, danach zulässigerweise nur von dem Richter selbst oder von dessen Dienstbehörde eingeleitet und betrieben werden, nicht jedoch von einem außerhalb des Richterdienstverhältnisses stehenden Dritten als Antragsteller ("Kläger") gegen den Richter. Das gilt ganz selbstverständlich auch für Verfahren mit dem Ziel der vorläufigen Untersagung der Amtsführung (§ 80 LRiG Rheinland-Pfalz) oder der - nach dem Wortlaut des Gesetzes nur auf Antrag der obersten Dienstbehörde möglichen - vorläufigen Dienstenthebung (§ 70 Abs. 1 LRiG Rheinland-Pfalz).

Eine Prüfungskompetenz für ein worauf auch immer gerichtetes Klagebegehren des Beteiligten zu 1) gegen den Beteiligten zu 2) besteht deshalb bei dem Richterdienstgericht unter keinem denkbaren rechtlichen Ansatzpunkt. Ebenso wenig ist das Dienstgericht mit seiner besonderen Besetzung (vgl. §§ 59, 62, 63 LRiG Rheinland-Pfalz) der gesetzliche Richter i. S. v. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG für die zum Sozialgericht erhobene und von diesem als solche behandelte "Klage".

Wegen der dem Sozialgericht nach alledem unterlaufenen krassen Missdeutung der Zuständigkeitsregelungen und mit Blick auf die Garantie des gesetzlichen Richters wird das Verfahren, weil die Rechtswegverweisung jeder Rechtsgrundlage entbehrt, an das Sozialgericht K. zur weiteren Behandlung zurückgegeben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3957964

NVwZ-RR 2013, 80

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