Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 04.09.2014; Aktenzeichen 3 O 32/14 I)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 25.05.2016; Aktenzeichen IV ZR 205/15)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn - Einzelrichter - vom 4.9.2014, Az.: 3 O 32/14 I, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: EUR 600.000,00.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Feststellung ihrer Alleinerbenstellung nach dem Tod ihrer am 22.01.2012 verstorbenen Mutter.

Die Klägerin und die Beklagte sind die beiden leiblichen Kinder des Ehepaars... und... Die Eltern der Parteien errichteten am 07.04.1977 ein gemeinschaftliches Testament (Anl. K 1, Bl. 12 d.A.), in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzten. Erbin des zuletzt versterbenden Ehegatten sollte ihre gemeinsame Tochter..., somit die - damals 14-jährige - Klägerin, sein. In dem Testament bestimmten die Eheleute außerdem, dass ihre gemeinsame Tochter..., die - damals 21-jährige - Beklagte, enterbt und dieser der ihr zustehende Pflichtteil abgesprochen wird; dieser sollte ganz der Tochter... zufallen.

Am 27.07.1985 verfasste der Vater der Parteien noch ein Einzeltestament (Anl. K 2, Bl. 14d. A). In diesem verfügte er lediglich die Einsetzung seiner Ehefrau zur Alleinerbin. Am 21.11.1995 verstarb der Vater der Parteien. Der Eröffnungsniederschrift vom 25.04.1996 des Nachlassgerichts in der Nachlasssache des verstorbenen Vaters der Parteien (Anl. K 3, Bl. 15 d.A.) ist zu entnehmen, dass diesem - nur - das von der Witwe des Erblassers, der Mutter der Parteien, abgelieferte Testament des Erblassers vom 27.07.1985 vorlag.

Am 22.01.2012 verstarb auch die Mutter der Parteien. Das Nachlassgericht erteilte am 28.02.2012 einen Erbschein (Anl. K 4, Bl. 17 d.A.), nach dem die Mutter der Parteien, unter Zugrundelegung der gesetzlichen Erbfolge, von diesen je zur Hälfte beerbt wurde.

Nachdem die Klägerin am 15.07.2013 im Tresor des, von der Beklagten bewohnten, Elternhauses in der... in... das Testament vom 07.04.1977 aufgefunden hatte, lieferte sie dieses am darauffolgenden Tag beim Nachlassgericht ab und beantragte die Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin nach dem Tod ihrer Mutter. Mit Schreiben vom 17.07.2013 (Anl. K 7, Bl. 27 d.A.) forderte der Klägervertreter den Beklagtenvertreter auf, die Alleinerbenstellung der Klägerin anzuerkennen. Daraufhin erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 27.07.2013 gegenüber dem Nachlassgericht die Anfechtung des Testaments vom 07.04.1977 wegen Motivirrtums ihrer Eltern (Anl. K 8, Bl. 29 d.A.). Diese hätten zum damaligen Zeitpunkt eine große Wut auf sie gehabt, weil sie deren Wunsch, Medizin zu studieren, nicht entsprochen und stattdessen Sozialpädagogik studiert habe. Außerdem habe sie ihre Eltern damals gerichtlich auf Unterhalt in Anspruch genommen und diesen Unterhaltsprozess, sehr zum Missfallen ihrer Eltern, gewonnen. Bereits ca. ein Jahr später hätten sich ihre Eltern jedoch wieder mit ihr versöhnt.

Das Nachlassgericht beschloss am 14.08.2013, dass der Klägerin ein Erbschein mit Erbteil 1/1 erteilt werden soll (Anl. K 5, Bl. 18 d.A.). Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses wurde ausgesetzt und die Erteilung des Zeugnisses bis zur Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt, da dieser dem Willen der Beklagten widersprochen hätte. Auf die Beschwerde der Beklagten vom 20.08.2013 hob das Oberlandesgericht Stuttgart mit Beschluss vom 05.11.2013 (Az.: 8 W 330/13, Anl. K 6, Bl. 22 d.A.) den Beschluss des Nachlassgerichts auf und wies den Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Alleinerbscheins zurück.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und festgestellt, dass die Klägerin alleinige Erbin der am 22.01.2012 verstorbenen Mutter der Parteien geworden ist.

Die Klägerin sei aufgrund des gemeinschaftlichen Ehegattentestaments ihrer Eltern vom 07.04.1977 alleinige Schlusserbin nach ihrer Mutter geworden. Die Beklagte habe dieses Testament mit der von ihr erklärten Anfechtung, die sich gegen das gemeinschaftliche Testament als Ganzes gerichtet habe, nicht beseitigen können. Zu Lebzeiten der Eheleute sei das Testament von diesen weder gemeinsam aufgehoben noch wirksam widerrufen worden. Ein nach dem Tod ihres Ehemannes der Mutter der Parteien bei Vorliegen eines Motivirrtums zustehendes Anfechtungsrecht hinsichtlich ihrer wechselbezüglichen Verfügungen sei von dieser nicht ausgeübt worden und damit zum Zeitpunkt ihres Todes verfristet gewesen, da ...

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