Leitsatz (amtlich)

1. Umstritten ist nach wie vor, ob das FamG oder das VormG nach § 1909 BGB zuständig ist (mit ausführlichen Nachweisen). Da das vorliegende Verfahren gleichzeitig die Entscheidung eines Kompetenzkonfliktes nach § 36 ZPO erfordert, kann die Frage der Zuständigkeit letztlich offen bleiben.

2. Fällt einem mdj. Kind anlässlich des Todes eines Elternteils die Leistung aus einer Lebensversicherung zu, ist dies kein Erwerb von Todes wegen mit der Folge, dass für eine Ergänzungspflegschaft die rechtlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

Verfahrensgang

AG Wernigerode (Aktenzeichen 17 FH 190/01)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Kindesmutter wird der Beschluss des AG – FamG – Wernigerode vom 26.9.2001 – 17 FH 190/01, aufgehoben.

2. Die Beschlüsse des AG – VormG – Wernigerode vom 30.10.2001 – 17 VIII 2193, betreffend die Einrichtung einer Übergangspflegschaft für die Minderjährige und den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. den §§ 1915, 1846 BGB werden der Klarstellung halber von Amts wegen aufgehoben.

3. Der Kindesmutter wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. aus We. zu ihrer Vertretung bewilligt.

4. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht angefallen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

5. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I. Die betroffene Minderjährige, St. L., ist die leibliche Tochter des am 12.3.2001 in K. verstorbenen P. L. aus dessen Ehe mit der Kindesmutter. Die Ehe der Kindeseltern wurde mit Urteil des AG Stuttgart-Bad Cannstatt vom 8.12.1999, Az.: 4 F 716/98, rechtskräftig seit dem 22.2.2000 (Bl. 7 der Beiakte 17 VIII 2168), geschieden. Nach der Scheidung ihrer Ehe hatten beide Elternteile weiterhin gemeinsam die elterliche Sorge für ihre Tochter inne, die sich bis zu seinem Tode bei dem Kindesvater aufhielt und seither bei der Kindesmutter lebt.

Der Kindesvater hinterließ ein privatschriftliches Testament vom 8.3.2001 (Bl. 5, 6 d.A.), mit welchem er seine Tochter St. als Alleinerbin einsetzte. Zugleich heißt es in dem Testament, welches am 23.4.2001 vor dem AG Langenfeld (Bl. 4 d.A.) eröffnet worden ist, unter Ziff. 3 wie folgt:

„Mein Vermögen (Geld aus Versicherung bzw. aus Verkauf des Hausrats) soll auf ein Treuhänderkonto für meine Tochter angelegt werden. Treuhänder soll Herr D. Sch., K. -Str., in H. sein. Mit dem 18. Geburtstag soll meine Tochter voll über das Treuhänderkonto verfügen. …”

Der Erblasser hatte mit der B. Lebensversicherung a. G., W., einen Lebensversicherungsvertrag, Versicherungsnummer …, abgeschlossen und seiner Tochter St. mit Schreiben an die Versicherung vom 21.8.1998 – für den Todesfall – ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt (vgl. Schreiben der B. Versicherung vom 15.10.2001, Bl. 16 der Beiakte 17 VIII 2193). Weiteres Vermögen, mit Ausnahme des aus der o.g. Lebensversicherung stammenden Guthabens von ca. 158.000 DM, ist ausweislich des von D. Sch. am 3.5.2001 (Bl. 11 d.A.) zur Vorlage an das Nachlassgericht erstellten Nachlassverzeichnisses nicht vorhanden.

Mit Beschl. v. 26.9.2001 – 17 FH 190/01 (Bl. 29 d.A.), hat das AG – FamG – Wernigerode für den Aufgabenkreis Verwaltung des Vermögens aus der Lebensversicherung des verstorbenen Vaters der Betroffenen bei der B. Versicherung, K. 12–18, W., Vers.-Nr. …, eines später noch vom VormG zu bestellenden Pflegers eine Ergänzungspflegschaft für die Minderjährige angeordnet. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, dass die testamentarische Anordnung des Kindesvaters, dass ein Dritter das Vermögen verwalten solle, eine Anordnung nach § 1638 Abs. 1 BGB darstelle und daher gem. § 1909 Abs. 1 S. 2 BGB eine Pflegschaft anzuordnen sei. Gemäß § 1630 Abs. 1 BGB könne im Umfang der Pflegschaft die Kindesmutter die elterliche Sorge nicht ausüben.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kindesmutter vom 25.10.2001 (Bl. 30 ff. d. A.).

Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Leistung aus der Lebensversicherung nicht in den Nachlass des Erblassers falle und daher die testamentarisch angeordnete Vermögensverwaltung durch einen Treuhänder jene nicht umfassen könne. Die Verwaltung des Lebensversicherungsguthabens stehe ihr, der Kindesmutter, bis zur Volljährigkeit der Tochter St. zu, da der Kindesvater eine Beschränkung der Vermögenssorge nicht angeordnet habe.

Mit Beschluss des AG – VormG – Wernigerode vom 30.10.2001, Az.: 17 VIII 2193, ist sodann eine so genannte Übergangspflegschaft gem. § 1909 Abs. 3 BGB für die Minderjährige eingerichtet und das Jugendamt des Landkreises We. zum Übergangspfleger bestellt worden (Bl. 42, 43 d.A.). Mit dieser Maßnahme hatte sich zuvor die Kindesmutter bis zur Entscheidung über ihre Beschwerde einverstanden erklärt (Bl. 33 d.A.).

Mit Schreiben vom 4.12.2001 (Bl. 46, 47 d.A.) hat sodann das Jugendamt We. mitgeteilt, dass – entsprechend dem im Beschluss des VormG vom 30.10.2001 aufgeführten Aufgabenkreis – für die minderjährige St. ein mündelsicheres, fest verzinsli...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge