Leitsatz (amtlich)

1. Wird in der Klage eine Anzeige unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens bzw. wegen eines Verstoßes gegen die Zugabeverordnung beanstandet und ist der Klageantrag in seiner konkreten Ausgestaltung auf die Merkmale in der Anzeige ausgerichtet, die solche Verstöße beschreiben sollen, so wird hiervon nicht die Beurteilung der beanstandeten Wettbewerbshandlung auch unter dem Gesichtspunkt der Irreführung bzw. eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung erfasst.

2. Wird im weiteren Verlauf des Verfahrens die Anzeige auch unter dem Gesichtspunkt der Irreführung bzw. eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung für unzulässig erachtet, bedarf es – auch auf die Gefahr hin, dass die Einrede der Verjährung erhoben wird – einer entsprechenden Änderung des Klageantrags, der die irreführenden bzw. gegen die Preisangabenverordnung verstoßenden Komponenten beinhaltet, da insoweit ein neuer Streitgegenstand in den Prozess eingeführt wird.

3. Dies gilt selbst dann, wenn das Erstgericht zu Unrecht eine Verurteilung nach dem unveränderten Klageanspruch unter dem Gesichtspunkt der Irreführung ausgesprochen hat, denn § 308 ZPO steht einer solchen Verurteilung entgegen.

 

Normenkette

UWG §§ 1, 3; ZugabeVO § 1 Abs. 1; PAngVO § 1 Abs. 1, § 2 u. 6

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Aktenzeichen 1 HKO 1169/96)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 02.06.2005; Aktenzeichen I ZR 252/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG Kempten vom 5.9.1996 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschl. der Kosten des Revisionsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 40.000 Euro abwenden, sofern nicht die Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

 

Tatbestand

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Unterhaltselektronik einschl. des Vertriebs für Mobiltelefone mit entsprechenden Netzkartenverträgen. Sie streiten um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer von der Beklagten veranlassten Werbung.

Am 30.11.1995 warb die Beklagte in der Allgäuer Zeitung für ein Mobiltelefon der Marke Bosch zu einem Preis von 1 DM bei gleichzeitigem Abschluss eines Netzkartenvertrages. Bei der Preisangabe findet sich ein Sternchen, das auf eine Aufstellung von Tarifen für einen Netzkartenvertrag mit einer Laufzeit von 12 Monaten verweist, die jedoch kleiner gedruckt ist. Bezüglich der genauen Ausgestaltung der Anzeige wird auf die mit Schriftsatz vom 3.5.2002 von der Klägerin vorgelegte Kopie der Originalwerbung im Format 1 : 1 (Anlage K7, Bl. 141 d.A.) bzw. die mit Schriftsatz der Klägerin vom 18.12.1998 im Revisionsverfahren vorgelegte Originalanzeige Bezug genommen.

Die Klägerin hat diese Werbung gem. § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens als wettbewerbswidrig beanstandet. Ferner hat sie sich auf einen Verstoß gegen die Zugabeverordnung berufen und sich gegen die Darstellung der Bedingungen des Kartenvertrages als irreführend gewandt.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in werblichen Anzeigen, Zeitungsinseraten u.Ä. für den Verkauf von Handys zu werben, die zu dem beworbenen Preis nur bei Freischaltung eines Netzkartenvertrages abgegeben werden – wie geschehen in der Allgäuer Zeitung vom 30.11.1995 – wenn für das Handy ein Preis von 1 DM gefordert wird.

Die Beklagte beantragte in erster Instanz hingegen, die Klage abzuweisen.

Bezüglich des weiteren unstreitigen Sachvortrags, des streitigen Parteivorbringens sowie der Prozessgeschichte erster Instanz wird auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung vom 5.9.1996 (S. 3 f.) verwiesen (§ 543 Abs. 2 S. 2 ZPO a.F.).

Mit der genannten Entscheidung verurteilte das LG Kempten die Beklagte antragsgemäß. Wegen der Begründung der Entscheidung wird auf die S. 4 ff. des Endurteils vom 5.9.1996 verwiesen. Das LG geht insb. von Verstößen gegen die Zugabeverordnung sowie gegen § 3 UWG aus.

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung der Beklagten wurde mit Urteil des OLG München vom 17.7.1997 zurückgewiesen. Entgegen der landgerichtlichen Entscheidung ging das OLG nicht von der Anwendbarkeit der Zugabeverordnung aus, bejahte aber einem Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens. Bezüglich der weiteren Begründung der oberlandesgerichtlichen Entscheidung wird auf das genannte Urteil verwiesen.

Auf die Revision der Beklagten hat der BGH mit Urteil vom 7.6.2001 das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG München vom 17.7.1997 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung s...

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