Entscheidungsstichwort (Thema)

In Ear-Kopfhörer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Den Vertreiber von Elektro- und Elektronikgeräten trifft eine sekundäre Darlegungslast seiner Bezugsquellen, wenn fraglich ist, ob die betreffenden Produkte von einem nach § 6 Abs. 2 ElektroG registrierten Hersteller stammen und sich der Hersteller mangels Herstellerkennzeichnung auf den Produkten oder ihrer Verpackung nicht ohne weiteres feststellen lässt.

2. Die Kennzeichnungspflichten nach § 7 S. 1 und S. 2 ElektroG sind keine Marktverhaltensregeln i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG (Abweichung von OLG Celle, GRUR-RR 2014, 152 - Klebefähnchen).

3. Die Pflicht zur Herstellerkennzeichung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ProdSG und § 5 ElektroStoffV trifft nur den Hersteller, nicht den Händler. Eine fehlende Herstellerkennzeichnung führt daher nicht zu einem Vertriebsverbot gem. §§ 6 Abs. 5 S. 1 ProdSG, 8 Abs. 1 S. 3 ElektroStoffV.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 11; ElektroG § 7; ProdSG § 6; ElektroStoffV § 8

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 03.07.2014; Aktenzeichen 14 O 7/14)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der weiter gehenden Rechtsmittel wird das am 3.7.2014 verkündete Urteil des LG Bonn - 14 O 7/14 - auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung des Beklagten teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I. Der Beklagte wird verurteilt,

1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr beim Verkauf von Kopfhörern an Verbraucher zu Zwecken des Wettbewerbs diese in den Verkehr zu bringen, ohne hierfür zuvor bei der nach ElektroG zuständigen Stelle für die dem jeweils angebotenen Gerät zugehörige Marke sowie der zugehörigen Geräteart registriert worden zu sein, sofern die Kopfhörer nicht von einem bereits hierfür mit der entsprechenden Marke und Geräteart registrierten Dritten bezogen werden;

2. im Internet über den unter "Y. de" aufrufbaren Online-Shop im Rahmen der Anbieterkennzeichnung folgende Angaben zu machen:

"Fa. Y

(...)

Geschäftsführer E.",

wie aus folgender Anlage ersichtlich geschehen:

(es folgen 2 Screenshots)

II. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung oben unter I. des Tenors ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft angedroht.

III. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 413,90 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.1.2014 zu zahlen.

IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

V. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 70 % und der Beklagte zu 30 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 80 % und der Beklagte zu 20 %.

VI. Dieses Urteil und das Urteil des LG sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch den Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Die Höhe der Sicherheit beträgt für den Kläger wegen der Verurteilung unter Ziff. I. des Tenors jeweils 12.500 EUR (bezogen auf jede der Ziffern I.1. und I. 2.), ansonsten (Abmahnkosten und Kosten) für den Vollstreckungsschuldner 110 % des aufgrund der Urteile zu vollstreckenden Betrages, für den Vollstreckungsgläubiger 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

VII. Die Revision wird, beschränkt auf die Klageanträge zu 2), 3) und 4) (letzterer in der Fassung des Berufungsantrags zu 3), zugelassen.

 

Gründe

(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gem. § 540 Abs. 1 ZPO)

I. Der Kläger stellt Kopfhörer her und vertreibt diese auch. Der Beklagte betreibt einen großen Internet-Elektronikhandel, der über verschiedene Online-Plattformen Elektronik, insbesondere im Bereich Mobiltelefone, darunter auch Kopfhörer, anbietet.

Der Kläger stellte fest, dass der Beklagte auch Kopfhörer der Marke "Apple" verkaufte. Im Oktober 2013 bestellte er einen Kopfhörer "Apple iPhone MB 770, White Bulk" über den Amazon-Shop des Beklagten, der anschließend geliefert wurde (Rechnung vom 20.10.2013, Anlage Fn. 3, Bl. 16 d.A.). Erstmals im Schriftsatz vom 12.5.2014 hat der Kläger bestritten, dass es sich um Original Apple-Ware handelte. Er hat den Verdacht geäußert, dass es sich um nicht zugelassene Ware handelte.

Der Kläger hat verschiedene Verstöße des Beklagten gegen das Wettbewerbsrecht gerügt. So verstoße der Vertrieb der Kopfhörer, bei denen es sich mutmaßlich nicht um Originalware handele, gegen § 6 Abs. 2 ElektroG (Antrag zu 1). Ferner wiesen die Kopfhörer weder eine Herstellerkennzeichnung entsprechend § 7 S. 1 ElektroG auf (Antrag zu 2), noch seien sie mit dem Symbol gem. § 7 S. 2 ElektroG ("durchgestrichene Abfalltonne") gekennzeichnet (Antrag zu 3). Außerdem liege wegen der fehlenden Herstellerkennzeichnung auch ein Verstoß gegen § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ProdSG vor (Antrag zu 4). Mit dem Antrag zu 5) hat der Kläger das Impressum des Internetauftritts des Beklagten beanstandet. Die von dem Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung sei unter drei verschiedenen Gesichtspunk...

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