Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 04.11.2021, Az. 2 O 74/20, unter gleichzeitiger Zurückweisung der Berufung des Klägers teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages erbringt.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um eine Ersatzpflicht der Beklagten für einen Insolvenzvertiefungs- und einen Insolvenzverschleppungsschaden.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. GmbH (Schuldnerin). Die Beklagte war als Steuerberaterin mit der Erstellung der Jahresabschlüsse und Steuererklärungen für die Schuldnerin beauftragt. Geschäftsführer der Schuldnerin war Herr T. B.. Dieser war zugleich gemeinsam mit Herrn A. C. Gesellschafter mit einer Beteiligung von jeweils 50 %. Prokurist war Herr X. C..

Die Geschäftsentwicklung der Schuldnerin stellte sich wie folgt dar:

Die Schuldnerin erwirtschaftete bis einschließlich September 2012 ein negatives Ergebnis in Höhe von 161.038,77 EUR.

Für die Geschäftsjahre ab 2012 ergaben sich folgende Daten:

Geschäftsjahr

Ergebnis

Eigenkapital

2012

-108.433,76 EUR

-73.852,13 EUR

2013

+ 7,64 EUR

-73.844,49 EUR

2014

-192.384,04 EUR

-266.228,53 EUR

2015

+ 125.605,08 EUR

-140.623,45 EUR

2016 (bis Mai)

-153.846,27 EUR

-294.469,72 EUR

Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen (Bl. 31 ff. 2012; Bl. 50 2013; Bl. 51 2014; Bl. 52 und 618 ff. 2015; Bl. 53 2016).

Am 22.01.2013 führten die Parteien ein Beratungsgespräch, an dem auf Seiten der Schuldnerin der Geschäftsführer B. teilnahm und welches die Parteien als "Krisengespräch" bezeichneten. Am Folgetag, dem 23.01.2013, teilte die für die Beklagte tätige Rechtsanwältin O. dem Geschäftsführer der Schuldnerin u.a. folgendes mit:

"Bei dieser Gelegenheit noch einmal zu gestern:

... Das Zahlenbild müssen Sie und Herr E. genau prüfen. Die Lage von F. ist sicher nicht einfach, auch nicht für sie persönlich. Ich hoffe und wünsche Ihnen und Herrn E., dass sie einen Weg finden, die harte Arbeit der letzten Jahre zu retten. Wie gestern besprochen, wird das ohne Zuführung von Geldmitteln leider nicht gehen. ...

Sie als Geschäftsführer müssen aber beachten, dass Sie gesetzlich zur Insolvenzantragstellung verpflichtet sind, wenn die Gesellschaft überschuldet ist (2011 war das nicht so, Zahlen JA 2012 liegen noch nicht vor) oder zahlungsunfähig ist. Die Liquidität der Gesellschaft ist ausweislich dessen, was wir gestern besprochen haben, aktuell nicht ausreichend, Ihre Frau ist eingesprungen, um die Löhne zu sichern. Dies bedeutet, dass Sie in der gegenwärtigen Situation regelmäßig überprüfen müssen, ob sichergestellt ist, dass jeweils die in den nächsten 4 Wochen fälligen Verpflichtungen im Wesentlichen (zu mindestens 90 %) erfüllt werden können. Ist dies nicht der Fall, sind Sie verpflichtet, spätestens innerhalb von drei Wochen Insolvenz anzumelden. ...

Wenn Sie die fehlende Liquidität in der besprochenen Größenordnung einlegen können und auch die kurzfristig erwartete Zahlung der 88.000 EUR kommt, dürfte die Zahlungsunfähigkeit erst einmal abgewendet sein. Wichtig ist jedoch, wie Sie die Zukunftschancen Ihrer Gesellschaft sehen".

Nach dem Gespräch stellte der Herr X. C. der Schuldnerin 90.000,00 EUR zur Verfügung.

Die Beklagte erstellte den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2012 am 12.12.2013. Sie legte diesem Fortführungswerte zugrunde.

Die Gesellschaft wurde in den folgenden Jahren fortgeführt.

Die Schuldnerin unterhielt bei der Kreissparkasse ein Kontokorrentkonto. Im Jahre 2016 wurden über dieses Konto bis zum 15.06.2016 Einzahlungen in Höhe von 810.591,00 EUR und Auszahlungen in Höhe von 842.015,59 EUR vorgenommen. Es kam zu Einzahlungen in Höhe von 564.242,92 EUR, als das Konto debitorisch geführt wurde, und zu Auszahlungen in Höhe von 246.348,08 EUR, während es kreditorisch geführt wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 19, Bl. 158 ff. d.A., verwiesen. Der Geschäftsführer B. hatte sich im Rahmen einer Bürgschaft verpflichtet, einen Saldo aus dem vorgenannten Kontokorrentkonto auszugleichen.

Aufgrund eines am 16.06.2016 gestellten Antrages der Schuldnerin wurde am 01.09.2016 das Insolvenzverfahren über deren Vermögen eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter ernannt.

Mit Vereinbarung vom 26.09./09.10./30.11.2017 - letztgenanntes Datum betrifft die letzte Unterschrift des Herrn B. - kam es zu einem dreiseitigen Vertrag zwischen dem Geschäftsführer B., der Kreissparkasse und dem Kläger. Hierin verpflichtete sich Herr B., an die Kreissparkasse und den Kläger zum Ausgleich bestehender Verbindlichkeiten einen Betrag in Höhe von 26.999,40 EUR zu zahlen. Dieser Betrag ...

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