Leitsatz (amtlich)

Zur Akteneinsicht der leiblichen Kinder des Annehmenden in einem Adoptionsverfahren.

 

Normenkette

BGB § 1758; FamFG § 13 Abs. 1-2, 7, §§ 188, 193

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Frau Ev. S. und des Herrn G. L. wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Simmern/Hunsrück vom 11.07.2019 teilweise abgeändert und das Familiengericht angewiesen, die Schreiben der Antragsteller vom 14.08.1999 (Bl. 28 f. GA), 17.08.1999 (Bl. 37 GA), 31.08.1999 (Bl. 38 GA), 06.01.2001 (Bl. 73 f. GA), und 11.01.2001 (Bl. 78-82 GA) sowie den Tenor des Beschlusses vom 30.01.2003 in Ablichtung zu übermitteln; im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der verstorbene Herr Er. S., der seit dem ... 1992 verheiratet war mit Frau T. S., geborene D., beantragte durch den Notar G. K., Simmern/Hunsrück Urk.Rollen-Nr. .../1999 am 30.04.1999 die Adoption von Herrn A. C., geboren am ... 1976, Sohn von Frau T. S., der der Adoption gemäß notarieller Urkunde zugestimmt hatte. Nach Anhörung von Annehmendem und Anzunehmenden mit wechselnden Anträgen des Annehmenden und nach Einräumung der Möglichkeit der Stellungnahme der beiden leiblichen Kinder von Herrn Er. S. aus seiner ersten Ehe mit Frau Re. S., der Frau Ev. S. und des Herrn G. L., wies das Familiengericht Simmern/Hunsrück den Adoptionsantrag mit Beschluss vom 10.03.2000 zurück. Die seitens des Herrn Er. S. eingelegte Beschwerde gegen diesen Beschluss führte zu dessen Aufhebung und der Feststellung im Beschluss des Landgerichts Bad Kreuznach vom 30.01.2003, dass Herr Seidel A. C. als Kind annimmt und der Angenommene den Familiennamen des Annehmenden erhält. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wurde den Antragstellern die Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt und ihnen wurde jeweils der Termin zur mündlichen Anhörung des Annehmenden und des Anzunehmenden mitgeteilt.

Mit Schreiben vom 27.05.2019 beantragten Frau Ev. S. und Herr G. L. zunächst Akteneinsicht in das Adoptionsverfahren und nach Hinweis des Familiengerichts vom 13.06.2019, dass eine Akteneinsicht nur bei Zustimmung des Anzunehmenden oder aus Gründen des öffentlichen Interesses in Betracht komme, die Einsichtnahme in von ihnen angeblich verfasster Stellungnahmen zur Prüfung, ob es sich bei diesen nicht etwaig um Fälschungen handeln würde, sowie des Beschlusses vom 30.01.2003. Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 11.07.2019 den Antrag auf Akteneinsicht zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, den die Akteneinsicht Beantragenden stünde als Nicht-Beteiligte des Adoptionsverfahrens kein Akteneinsichtsrecht nach § 13 Abs. 2 FamFG zu, da vorliegend § 1758 BGB eingreife und eine Zustimmung des Anzunehmenden nicht vorliege.

Mit der Beschwerde verfolgen Frau Ev. S. und Herr GG. L. die Aufhebung des Beschlusses und ihr Begehren, jedenfalls die angeblich von ihnen verfassten Schriftstücke sowie den Beschluss vom 30.01.2003 einsehen zu können, weiter. Sie selbst wüssten nur von jeweils einer von ihnen verfassten Stellungnahme und befürchteten Fälschungen durch die an der Adoption Beteiligten.

II. Die Beschwerde der Frau Ev. S. und des Herrn G. L. ist nach §§ 58 ff. FamFG statthaft und auch sonst zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.

1. Voranzustellen ist, dass Frau Ev. S. und Herr G. L. nicht Beteiligte im Adoptionsverfahren nach § 13 Abs. 1 FamFG waren. Beteiligte im Adoptionsverfahren nach § 186 Ziffer 1 FamFG sind nach § 188 Abs. 1 Ziffer 1a) FamFG lediglich der Annehmende und der Anzunehmende. Die nach § 193 S. 1 FamFG vorgesehene Anhörung der leiblichen Kinder des Annehmenden macht diese nicht zu Beteiligten des Adoptionsverfahrens iSv. § 13 Abs. 1 FamFG. Aus diesem Grunde ist über das Akteneinsichtsgesuch der Frau Ev. S. und des Herrn G. L. nach § 13 Abs. 2 FamFG zu befinden.

2. Während teilweise vertreten wird, es handele sich bei der Ablehnung eines Akteneinsichtsgesuchs eines Dritten - auch im laufenden Verfahren - um einen Justizverwaltungsakt iSv. § 24 EGGVG, weshalb der Rechtsbehelf des Antrags auf gerichtliche Entscheidung eröffnet sei (vgl. OLG Hamm FamRZ 2012, 51; MüKo/Pabst ZPO 3. Aufl. 2018 § 13 FamFG Rn. 11), sieht die Gegenmeinung die Entscheidung über das Einsichtsgesuch als einen Akt der Rechtsprechung und als eine dieses abschließend bescheidende Endentscheidung iSd. § 58 Abs. 1 FamFG an (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2014, 1480 f.; OLG Celle MDR 2012, 184 KG, FamRZ 2011, 1415; Keidel/Sternal FamFG 19. Aufl. 2017 § 13 Rn. 64).

Der Senat schließt sich der letztgenannten Ansicht an. Eine Entscheidung über ein Akteneinsichtsgesuch eines Dritten in nicht zu den Familienstreitsachen nach § 112 FamFG zählenden Familiensachen fällt nicht der Direktor/Präsident des Gerichts und damit die Justizverwaltung, sondern das Gericht durch den Einzelrichter oder Vorsitzenden des Senats nach § 13 Abs. 7 FamFG, weshalb es sich um einen Akt der Rechtsprechung handelt. Da über das Einsichtsgesuch eines am Verfahren nicht beteiligten Dritten durch die Entscheidung des Richters abschließend entschied...

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