Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung über die Akteneinsicht Dritter gem. §§ 13 Abs. 2, 357 Abs. 1 FamFG ist ein Akt der Rechtsprechung und kein Justizverwaltungsakt. Das Gleiche gilt für die Entscheidung über die Fertigung von Ablichtungen aus den Akten. Statthaftes Rechtsmittel ist die Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG.

Zum Anspruch des Vermächtnisnehmers auf Fertigung von Ablichtungen nach Einsicht in die Nachlassakten.

 

Normenkette

FamFG § 13 Abs. 2, § 357 Abs. 1, § 58 Abs. 1; EGGVG § 23

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 17.09.2010; Aktenzeichen 162/69 VI 4339/07)

 

Tenor

Der Beschluss des AG Schöneberg vom 17.9.2010 - 162/69 VI 4339/2007 - wird aufgehoben.

Das AG wird angewiesen, der Beteiligten zu Händen ihres Verfahrensbevollmächtigten kostenpflichtige Ablichtungen aus den Nachlassakten 162/69 VI 4339/2007 Bl. 1-13, 19, 21-24a und 162/69 IV 3209/2007 Bl. 1-7, 10, 12, 14-18, 24-31 zu fertigen.

 

Gründe

I. In einem notariellen Testament vom 23.9.1974 - UR-Nr. 315/1974 des Notars ... in Berlin - bestimmte die Erblasserin, dass die Beteiligte ihren gesamten Schmuck und Pelze als Vermächtnis erhalten sollte. Diese Bestimmung wiederholte die Erblasserin in einem handschriftlich verfassten Testament vom 17.9.1990. Insgesamt befinden sich in den Nachlassakten sechs zwischen dem 13.9.1968 und dem 27.4.2000 verfasste letztwillige Verfügungen der Erblasserin.

Auf Antrag der Beteiligten übersandte das Nachlassgericht ihr Ablichtungen der letztwilligen Verfügungen vom 23.9.1974 und vom 17.9.1990 auszugsweise, soweit die Beteiligte dort angesprochen ist.

Im Anschluss hat das Nachlassgericht dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten Akteneinsicht über das AG Köln gewährt. Dort hat er um Fertigung von Ablichtungen der aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Aktenbestandteile gebeten, was das AG Köln an das Nachlassgericht weiter geleitet hat. Diesen Antrag hat das Nachlassgericht mit Beschluss vom 17.9.2010 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich der als Erinnerung bezeichnete Rechtsbehelf vom 27.9.2010, dem das Nachlassgericht nicht abgeholfen hat.

II. 1. Der Rechtsbehelf der Beteiligten ist entgegen der unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung in dem angefochtenen Beschluss als Beschwerde statthaft, § 58 Abs. 1 FamFG. Die Entscheidung über die Akteneinsicht Dritter gem. §§ 13 Abs. 2, 357 Abs. 1 FamFG, ist eine Endentscheidung. Sie ist ein Akt der Rechtsprechung und kein Justizverwaltungsakt (Bumiller/Harders, FamFG, 9. Aufl., § 13 Rz. 18; Sternal, in: Keidel, FamFG, 16. Aufl., § 13 Rz. 64 und 72; a.A. Schöpflin, in: Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 2. Aufl., § 13 Rz. 23; Meyer-Holz, in: Keidel, a.a.O., Anhang § 58 Rz. 31). Das folgt aus § 13 Abs. 7 FamFG, wonach im Gegensatz zu § 299 Abs. 2 ZPO das Gericht und nicht der Gerichtsvorstand über die Akteneinsicht zu entscheiden hat. Nichts anderes gilt, wenn das Nachlassgericht nach gewährter Akteneinsicht die Fertigung von Ablichtungen aus den Akten verweigert.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden, § 63 Abs. 1 FamFG. Der Beschwerdewert, § 61 Abs. 1 FamFG, wird überschritten. Zwar fehlen Angaben zum Wert der von der Erblasserin der Beteiligten zugewendeten Gegenstände. Es handelt sich aber um Schmuck und Pelze. Insoweit kann von einem höheren Wert als 600 EUR ausgegangen werden.

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Soweit Akteneinsicht gewährt wird, können die Berechtigten sich auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erteilten lassen, § 13 Abs. 3 S. 1 FamFG. Die Vorschrift findet auch Anwendung, soweit die Beteiligte Ablichtungen von in den Akten enthaltenen letztwilligen Verfügungen sowie des erteilten Erbscheins begehrt (BT-Drucks. 16/6308, 282).

a) Der Beteiligten ist zu Recht Akteneinsicht gewährt worden. Gemäß § 13 Abs. 2 FamFG kann an dem Verfahren unbeteiligten Personen Akteneinsicht nur gestattet werden, soweit sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen und schutzwürdige Interessen eines Beteiligten oder eines Dritten nicht entgegenstehen. Berechtigtes Interesse ist jedes vernünftigerweise gerechtfertigte Interesse tatsächlicher, wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Art, das sich nicht auf vorhandene Rechte zu gründen oder auf das Verfahren zu beziehen braucht (KG, Beschl. v. 24.1.2006 - 1 W 133/05 -, FGPrax 2006, 122, 123; zuletzt OLG Hamm, Beschl. v. 12.8.2008 - 15 Wx 8/10 -, Juris). Wer ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, kann in eine eröffnete Verfügung von Todes wegen Einsicht nehmen, § 357 Abs. 1 FamFG. Ein rechtliches Interesse ist enger als ein berechtigtes Interesse (Jennissen, in: Prütting/Helms, FamFG, § 13 Rz. 23). Es setzt ein auf Rechtsnormen beruhendes oder durch solche geregeltes, gegenwärtig bestehendes Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache voraus (KG, Beschl. v. 11.1.2011 - 1 W 359/10 -, Juris; Beschl. v. 20.12.1977 - 1 W 1726/77 -, Rpfleger 1978, 140).

aa) Für die Einsicht in Nachlassakten ist ein berechtigtes Intere...

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