Leitsatz (amtlich)

1. Internetvermittler und Betreiber von Vergleichsportalen, die eine Vertriebstätigkeit im Sinn von § 1a Abs. 2 VVG gerade in einer Weise ausführen, dass die Voraussetzungen nach § 59 Abs. 2 oder 3 VVG vorliegen, unterfallen den Regelungen über Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler.

2. Der Versicherungsmakler schuldet bei seinem im Rahmen eines Online-Versicherungsvergleich erteilten Rat nach § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG grundsätzlich die Einbeziehung auch von Konditionen solcher Versicherer, die in diesem Online-Versicherungsvergleich nicht genannt werden möchten oder nicht bereit sind, ein von diesem Versicherungsmakler unterbreitetes Angebot auf Abschluss eines Versicherungsvertrags anzunehmen, es sei denn der Versicherungsmakler erteilt im Einzelfall vor Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers einen Hinweis nach § 60 Abs. 1 Satz 2 VVG.

3. Ein Hyperlink begründet dann keinen § 60 Abs. 1 Satz 2 VVG genügenden ausdrücklichen Hinweis auf die eingeschränkte Beratungsgrundlage, wenn er nicht so gestaltet ist, dass der Kunde hinreichend klar darüber informiert wird, die so verlinkte Seite werde ihn auf eine im Sinn von § 60 Abs. 1 VVG beschränkte Beratungsgrundlage hinweisen.

4. § 60 Abs. 2 Satz 1 VVG verpflichtet zusätzlich zu der Benennung der bei dem Rat in Betracht gezogenen Versicherer zu einer - nicht schon in dieser Benennung liegenden - Mitteilung der Marktgrundlage und zudem einer davon zu unterscheidenden Informationsgrundlage, die die Art und Weise betrifft, wie der Versicherungsvermittler die ihm vorliegenden Informationen über die von ihm in den Blick genommene Marktgrundlage gewonnen hat.

5. Eine nach § 62 Abs. 1 VVG geforderte Übermittlung der Informationen nach § 60 Abs. 2 VVG in Textform im Sinn von § 126b Satz 1 BGB liegt nicht darin, dass eine Angabe in einem Pop-Up-Fenster oder in Unterseiten über Hyperlinks aufrufbar ist.

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 6. März 2020, Az. 6 O 7/19, wird unter Aufhebung im Kostenpunkt mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Verurteilung in der Sache wie folgt gefasst wird (Abweichungen von der Entscheidungsformel des Landgerichts durch Unterstreichungen und Durchstreichungen hervorgehoben):

Der Beklagten wird zur Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ersatzordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, untersagt,

im Rahmen der Vermittlung von Privathaftpflichtversicherungsverträgen auf der Internetseite www.[...].de einen Vergleich für Privathaftpflichtversicherungen, der den direkten Abschluss der angebotenen Versicherungen ermöglicht, anzubieten, ohne

a) Verbraucher vor Abgabe ihrer Vertragserklärung ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass dem Vergleich eine nur eingeschränkte Versicherungs- und Vertragsauswahl zugrunde gelegt wird und/oder

b) Verbrauchern vor Abgabe ihrer Vertragserklärung mitzuteilen, auf welcher Markt- und Informationsgrundlage die Vermittlungsleistung erbracht wird,

wenn dies geschieht wie in den Anlagen K 4 bis K 7 und B 1 abgebildet.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger zu 35 % und der Beklagte zu 65 %. Die Kosten der Berufung fallen dem Kläger zu 10 % und der Beklagten zu 90 % zur Last.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung, und zwar hinsichtlich der Verurteilung in der Sache in Höhe von 20.000 EUR und hinsichtlich der Kosten in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags, abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, und zwar hinsichtlich der Verurteilung in der Sache in Höhe von 20.000 EUR und hinsichtlich der Kosten in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger verlangt von der Beklagten zuletzt noch die Unterlassung seiner Ansicht nach unlauteren Wettbewerbs. Der in erster Instanz zugleich geltend gemachte und abgewiesene Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.

Der Kläger ist der Dachverband aller Verbraucherzentralen sowie weiterer verbraucherschutz- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland; er ist in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen.

Die Internetseite der Beklagten, die eine Erlaubnis zur Betätigung als Versicherungsmaklerin besitzt, eröffnete ihrem Besucher einen "Privathaftpflicht-Versicherungsvergleich", der von der nachfolgend auszugsweise eingeblendeten Hauptunterseite "Versicherungen" (Anlage B 1, S. 4; Pfeilmarkierung hinzugefügt) aufzurufen war, indem der Besucher nach Wahl der Rubrik "Privathaftpflicht" den Button "JETZT VERGLEICHEN" anklickt:

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Diese Eingabe führte zu der in der Anlag...

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