Leitsatz (amtlich)

1. Die gemeinsame Erklärung von Ehegatten gemäß § 94 Abs. 1 BVFG kann auch abgegeben werden, wenn nur einer der Ehegatten zu dem nach § 94 Abs. 1 S. 1 erklärungsberechtigten Personenkreis gehört.

2. Die gemeinsame Erklärung von Ehegatten gemäß § 94 Abs. 1 BVFG über die Annahme der deutschsprachigen Form ihres Familiennamens kann auch abgegeben werden, wenn nur einer der Ehegatten zu dem nach § 94 Abs. 1 S. 1 BVFG erklärungsberechtigten Personenkreis gehört.

 

Normenkette

EGBGB Art. 10; BVFG § 94

 

Verfahrensgang

LG Offenburg (Aktenzeichen 4 T 51/00)

AG Offenburg (Aktenzeichen UR III 78/99)

 

Tenor

1. Auf die weitere Beschwerde des Landratsamtes Ortenaukreis wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Offenburg vom 7.4.2000 – 4 T 51/00 – aufgehoben.

Auf die Beschwerde des Landratsamtes Offenburg wird der Beschluss des AG Offenburg vom 7.2.2000 – UR III 78/99 – wie folgt geändert:

Das Standesamt A. hat die Erklärung der Beteiligten zu 1) und 2) nach § 94 BVFG betreffend die Änderung des Ehenamens G. in die deutsche Schreibweise „H.” entgegenzunehmen.

 

Gründe

I. Die im Jahre 1973 bzw. 1974 in der früheren UdSSR geborenen Beteiligten zu 1) und 2) haben am 23.12.1995 in D., Gebiet P., Russ. Föderation, die Ehe geschlossen und nach der Eheschließung den Geburtsnamen der Beteiligten zu 1) „G.”, Schreibweise nach Transliteration, als Ehenamen angenommen.

Am 24.12.1998 sind die Beteiligten zu 1) und 2) zusammen mit Frau L.G. als Spätaussiedlerin, deren Abkömmling die Beteiligte zu 1) ist, aus Ru. im Bundesgebiet eingetroffen. Die Beteiligte zu 1) hat die deutsche Staatsangehörigkeit (zum Zeitpunkt der Aufnahme den Status einer Deutschen), der Beteiligte zu 2) ist ausländischer Staatsangehöriger und wurde nach § 8 Abs. 2 BVFG eingestuft.

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind beim Standesamt A. vorstellig geworden, um eine gemeinsame Erklärung nach § 94 BVFG abzugeben, mit der ihr Ehename in die deutsche Schreibweise „H.” geändert werden soll.

Der Standesbeamte hat gem. § 45 Abs. 2 PStG die Sache dem AG Offenburg zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat durch Beschl. v. 7.2.2000 (AS. 55) ausgesprochen, dass die Änderung des Ehenamens G. in die deutsche Schreibweise unzulässig ist und dass das Standesamt eine entsprechende Erklärung der Beteiligten zu 1) und 2) nicht entgegenzunehmen hat.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Landratsamtes Ortenaukreis als Standesamtsaufsicht (Beteiligter zu 3)) wurde durch Beschluss des LG Offenburg vom 7.4.2000 (AS. 75/77) zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 3) hat weitere Beschwerde eingelegt. Nach seiner Ansicht kann eine gemeinsame Erklärung gem. § 94 BVFG nur abgegeben werden, wenn beide Ehegatten Statusdeutsche i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG sind. § 94 BVFG sei als Ausnahme vom üblichen, strengeren Anforderungen unterliegenden Namensänderungsverfahren einschränkend auszulegen. Im Hinblick auf die konträren Beschlüsse des OLG Stuttgart (OLG Stuttgart v. 1.12.1990 – 8 W 393/98, OLGReport Stuttgart 1999, 111) und des OLG Hamm (OLG Hamm v. 9.12.1998 – 15 W 424/98, OLGReport Hamm 1999, 137) soll eine höchstrichterliche Entscheidung erwirkt werden.

Der Beteiligte zu 3) stellt den Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen zu bestätigen.

II. Die weitere Beschwerde ist nach §§ 48 Abs. 1, 49 PStG i.V.m. §§ 27 Abs. 1, 29 FGG zulässig.

Der Beteiligte zu 3) hat als Standesamtsaufsicht nach § 49 Abs. 2 PStG ein – von einer Beschwer unabhängiges – Beschwerderecht, von dem er Gebrauch machen kann zwecks Herbeiführung einer höchstrichterlichen Entscheidung über eine Streitfrage.

Die weitere Beschwerde führt jedoch nicht zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses, sondern zu dessen Aufhebung und zur Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Der Standesbeamte ist verpflichtet, Erklärungen der Beteiligten zu 1) und 2) betreffend die Änderung ihres Ehenamens in die deutsche Schreibweise „H.” entgegenzunehmen.

Nach § 94 Abs. 1 S. 1 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) können Vertriebene und Spätaussiedler, deren Ehegatten und Abkömmlinge, die Deutsche i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG sind, durch Erklärung u.a. gegenüber dem Standesbeamten eine deutschsprachige Form ihres Familiennamens oder ihrer Vornamen annehmen (Nr. 3). Die Erklärung kann, wenn der Familienname als Ehename geführt wird, während des Bestehens der Ehe nur von beiden Ehegatten abgegeben werden (Abs. 1 S. 2).

Der Beteiligte zu 2) gehört danach als Nichtdeutscher – im Gegensatz zur Beteiligten zu 1) – nicht zu dem ausdrücklich als erklärungsberechtigt genannten Personenkreis. Dies würde bei strikter Anwendung der genannten Bestimmung bedeuten, dass nicht nur der Beteiligte zu 2), sondern auch die Beteiligte zu 1) trotz ihrer Zugehörigkeit zu dem erklärungsberechtigten Personenkreis an einer Annahme der deutschen Schreibweise ihres Ehenamens gehindert wäre, da während bestehender Ehe die Erklärung nur von beiden Ehegatten gemeinsam abgegeben werden kann.

Für eine Einschränkung der gesetzlichen Regelung dahingehend, dass die erforderliche gemeinsame Erkläru...

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