Leitsatz (amtlich)

Erhält der Vermieter den Besitz an dem Mietobjekt durch Einwurf der Schlüssel in seinen Briefkasten zurück und behält der Vermieter diese Schlüssel dann, beginnt die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB mit Kenntnis des Vermieters von dem Schlüsseleinwurf auch dann zu laufen, wenn das Mietverhältnis noch nicht beendet und der Vermieter nicht rücknahmebereit ist (in Abgrenzung zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.10.2011 - VIII ZR 8/11 -, NJW 2012, 144).

 

Normenkette

BGB §§ 546, 548 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Siegen (Aktenzeichen 1 O 369/21)

 

Tenor

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 28.06.2022 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Siegen - 1 O 369/21 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte bleibt verurteilt, an den Kläger 10.516,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.544,37 EUR seit dem 04.02.2021, 04.03.2021, 06.04.2021 und 05.05.2021 sowie aus 339,25 EUR seit dem 04.06.2021 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung des Klägers und die weitergehende Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 76 % und die Beklagte zu 24 %.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils gegen sie insgesamt vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung rückständiger Miete und Schadensersatz aus einem beendeten gewerblichen Mietverhältnis in Anspruch.

Mit Vertrag vom 17.06.2009 vermietete der Kläger eine Halle nebst Lagerbüro im Erdgeschoss des Gebäudes J.-straße N01 in A sowie außenliegende Stellplätze an die Beklagte (K 1, Bl. 56 LG). Beginn des Mietverhältnisses war der 15.07.2009. Der Vertrag sollte für ein Jahr gelten und sich um jeweils ein Jahr verlängern, falls nicht drei Monate vor dem jeweiligen Jahresablauf eine Kündigung ausgesprochen wird.

Am 28.03.2012 schlossen die Parteien einen schriftlichen Nachtrag zum Mietvertrag (K 2, Bl. 61 LG). Darin wurden zusätzliche Gewerbeflächen an die Beklagte vermietet.

Unter § 2.1.1.a des Nachtrags heißt es:

"Das Mietverhältnis für die unter § 1.2.a. benannten Flächen beginnt am 03.04.2012 für die Dauer von zunächst einem Jahr. Das Mietverhältnis für die bisher bereits angemieteten Flächen verlängert sich ebenfalls bis zu diesem Zeitpunkt."

§ 2.1.1.b lautet unter "Individuelle Vereinbarungen:" wie folgt:

"Mietvertrag PKW-Stellplatz Nr. 1 wird weitergeführt.

Mietvertrag PKW-Stellplatz Nr. 10 wird mit Beginn dieses Nachtragsmietvertrages aufgehoben.

Mietbeginn für die 1/2 in der Zeichnung dargestellt Fläche ab 1.5.2012.

Rest gelbe und blaue Fläche ab dem 15.5.2012.

Das Mietverhältnis für die dann insgesamt angemieteten Flächen verlängert sich nach Ablauf des ersten Jahres jeweils um 1 Jahr, falls nicht von einer Partei unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten vor Ablauf der Mietzeit gekündigt wird.

Sofern die Übergabe der zusätzlich gemieteten Fläche erst nach dem o. g. Mietbeginn erfolgt, ist der Zeitpunkt der Übergabe maßgebend für den Beginn des Nachtragsvertrages."

Die Übergabe der zusätzlichen Gewerbeflächen an die Beklagte erfolgte am 05.06.2012. Die Miete einschließlich Nebenkostenvorauszahlungen für das gesamte Mietobjekt belief sich seither auf monatlich 2.964,37 EUR, zahlbar bis zum dritten Werktag eines jeden Monats im Voraus.

Nachfolgend wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom 03.03.2019 wie folgt an den Kläger:

"wie telefonisch soeben besprochen wie folgt die beiden Gesprächspunkte, welche wir gerne in einem persönlichen Gespräch mit Ihnen klären wollen.

(...)

2. Wir planen die Beendigung unseres Mietverhältnisses zum 17.06.2020, bei fristgerechter Kündigung zum 17.03.2020.

Gerne würden wir diesen Punkt persönlich mit Ihnen besprechen.

Im Falle einer beiderseitigen Einigung wäre auch eine Beendigung zum Herbst 2020 vorstellbar.

Wünschenswert wäre eine Besprechung der vorgenannten Punkte noch diese Woche. Bitte lassen Sie mir eine Eingangsbestätigung dieser Mitteilung zukommen."

Die Beklagte erklärte sodann mit Schreiben vom 10.03.2020 gegenüber dem Kläger die Kündigung "zum nächstmöglichen Zeitpunkt 17.06.2020".

Mit Schreiben vom 18.03.2020 wies der Kläger darauf hin, dass das Mietverhältnis aufgrund der Kündigung erst zum 30.04.2021 ende (vgl. Bl. 151 LG).

Bis zum 31.12.2020 nutzte die Beklagte das Mietobjekt weiter. An diesem Tag warf sie die Schlüssel in den Hausbriefkasten des Klägers ein, was dieser mit Schreiben vom 07.01.2021 zurückwies.

Mit Schreiben vom 09.06.2021 forderte der Kläger die Beklagte unter Androhung der Selbstvornahme auf, im Einzelnen benannte Mängel und Schäden bis spätestens zum 19.06.2021 zu beseitigen. Nach Fristablauf verlangte ...

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