Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschlossene Unterbringung bei Alkoholismus

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Sachentscheidung des LG über eine nicht eingelegte Erstbeschwerde eines Beteiligten ist unwirksam und auf dessen (erste) Beschwerde durch das OLG klarstellend aufzuheben.

2. Zu den Anforderungen an die tatsächlichen Feststellungen bei einer langfristigen Genehmigung der geschlossenen Unterbringung eines an Alkoholismus leidenden Betroffenen zum Zweck der Heilbehandlung (§ 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

3. Zu den Anforderungen an den Inhalt des Sachverständigengutachtens in einem solchen Fall.

4. Verpflichtung des Beschwerdegerichts zur erneuten persönlichen Anhörung des Betroffenen bei einer langfristigen Unterbringung (Muster).

5. Soll durch die Entscheidung des AG erkennbar eine sofortige Fortdauer der Behandlung des Betroffenen im Anschluss an die bisher genehmigte Unterbringungsdauer sicherstellen, so kann die Entscheidung dahin ausgelegt werden, dass die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet worden ist. Eine entsprechende berichtigende Klarstellung kann auch durch das Beschwerdegericht vorgenommen werden.

 

Normenkette

FGG §§ 12, 19, 27, 69g Abs. 5 S. 3, §§ 70e, 70g Abs. 3 S. 2; BGB § 1906 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Beschluss vom 07.03.2008; Aktenzeichen 6 T 131/08)

AG Soest (Aktenzeichen 5 XVII P 344)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird klarstellend insoweit aufgehoben, als die sofortige erste Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen worden ist.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.

Der Beschluss des AG vom 3.3.2008 wird dahin klarstellend berichtigt, dass die sofortige Wirksamkeit dieser Entscheidung angeordnet ist.

 

Gründe

I. Die Betroffene leidet nach den fachärztlichen Stellungnahmen an einer langjährigen Alkohol - und Seditivaabhängigkeit, einem frontalen Hirnschaden und einer durch das Zusammentreffen des frontalen Hirnschadens sowie des langjährigen Alkoholabusus entstandenen Persönlichkeitsstörung.

Seit September 2005 musste die Betroffene 13-mal in der LWL-Klinik M - Psychiatrie, Psychotherapie sowie Psychosomatik - vorwiegend wegen der Suchterkrankung und Persönlichkeitsstörung behandelt werden.

Auf Anregung des sie in dem Klinikum behandelnden Arztes Dr. L2 hat das AG durch Beschluss vom 17.12.2007 zunächst vorläufig und mit Beschluss vom 26.1.2008 abschließend die Beteiligte zu 2) zur Betreuerin der Betroffenen u.a. mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge bestellt.

Die Beteiligte zu 2) hat mit Schreiben vom 21.12.2007 gestützt auf eine ärztliche Stellungnahme des Stationsarztes Dr. L2 vom 20.12.2007 zunächst die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der geschlossenen Unterbringung der Betroffenen in der LWL - Klinik M für die Dauer von 6 Wochen beantragt, um eine dauerhafte Behandlung der Betroffenen zu sichern. Hintergrund war, dass es trotz mehrfacher Behandlungen immer wieder zu Rückfällen bei der Betroffenen kam. Diesem Antrag hat das AG mit Beschluss vom 21.12.2007 im Wege einer einstweiligen Anordnung für die Dauer bis längstens 1.2.2008 stattgegeben.

Im Hinblick auf eine beabsichtigte Therapiemaßnahme im Haus Ranke in X - suchtrehabilitative Einrichtung - hat die Beteiligte zu 2) am 21.1.2008 eine Genehmigung der geschlossenen Unterbringung für ein Jahr beantragt. Mit Beschluss vom 23.1.2008 hat das AG den Beteiligten zu 4) als Verfahrenspfleger bestellt. Nach persönlicher Anhörung der Betroffenen hat das AG mit Beschluss vom 26.1.2008 zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung befristet bis zum 8.3.2008 die geschlossene Unterbringung der Betroffenen in der LWL-Klinik in M und dem Haus S in X genehmigt.

Da in der Folgezeit die Betreuerin von einer Therapie im Haus S Abstand genommen hat, hat das AG ohne Anhörung der Betroffenen auf Antrag der Beteiligten zu 2) mit Beschluss vom 15.2.2008 auch die Unterbringung in dem LWL - Wohnverbund X genehmigt. Im Unterschied zum Haus S werden in dieser Einrichtung vor allem psychisch Kranke und Behinderte betreut.

Nachdem das Vormundschaftsgericht ein Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie Dr. med. S Q2 eingeholt und in Abwesenheit des Verfahrenspflegers die Betroffene am 27.2.2008 angehört hatte, hat es mit Beschluss vom 3.3.2008 längstens bis zum 2.3.2009 die geschlossene Unterbringung der Betroffenen im LWL-Wohnverbund X oder in einer anderen vergleichbaren Einrichtung genehmigt.

Mit einem Schreiben vom 5.3.2008 hat sich der Beteiligte zu 3) gegen den Beschluss gewandt, soweit die Unterbringung im LWL-Klinikum X genehmigt wurde. Das AG hat dieses Schreiben als sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 3.3.2008 aufgefasst und die Sache dem LG vorgelegt.

Das LG ist von Beschwerden der Betroffenen und des Beteiligten zu 3) ausgegangen und hat mit Beschluss vom 7.3.2008 ohne persönliche Anhörung der Betroffenen beide Beschwerden zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 7.3.2008, eingegangen beim AG am 11.3.2008, hat nunmehr auch die Betroffene gegen die am...

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