Entscheidungsstichwort (Thema)

Anonyme Tauschbörse

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch minderjährigen Internet-Nutzern ist bewusst, dass dieses Medium nicht dazu berechtigt, sich unerlaubt und gegen den Willen des Berechtigten fremde Güter anzueignen und daraus unbefugt Gewinn zu erzielen. Das verbreitet im Internet anzutreffende (konkludente) Einverständnis des Berechtigten mit einer kostenfreien Nutzung bezieht sich - sofern nichts Gegenteiliges erklärt ist - ausschließlich auf einen privaten Gebrauch.

2. Bei aus einer "anonymen Tauschbörse" herunter geladenen Prominenten-Lichtbildern erschließt sich auch jugendlichen Nutzern ohne große Mühe, dass mit den erhaltenen Gütern selbst dann ohne Einwilligung keine Geschäfte gemacht bzw. versucht werden dürfen, wenn ein ausdrücklicher "Copyright"-Vermerk nicht angebracht ist.

 

Normenkette

UrhG § 97 Abs. 1

 

Tenor

Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz trägt die Antragsgegnerin.

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Streitwert für beide Instanzen auf 10.000 EUR festgesetzt. Er vermindert sich im Anschluss an die übereinstimmende Erledigungserklärung zur Hauptsache auf die bis dahin entstandenen Kosten.

 

Gründe

Nachdem die Parteien im Anschluss an die von der Antragsgegnerin im Senatstermin abgegebene Unterlassungserklärung den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat der Senat gem. § 91a ZPO nach dem bisherigem Sach- und Streitstand über die entstandenen Kosten zu entscheiden. Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits in voller Höhe der Antragsgegnerin aufzuerlegen, denn diese wäre ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich in vollem Umfang unterlegen. Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch aus § 97 UrhG wegen der Verletzung der Urheberrechte des Antragstellers lagen vor.

1. Die Antragsgegnerin ist in diesem Rechtsstreit passiv prozessfähig. Der Antragsteller konnte die Antragsgegnerin auch gegen deren ausdrücklichen Willen (bzw. gegen den ausdrücklichen Willen ihrer Eltern) wegen einer Urheberrechtsverletzung gerichtlich in Anspruch nehmen. Die beschränkt geschäftsfähige Antragsgegnerin wird hierbei von ihren Eltern als gesetzlichen Vertretern vertreten. Dies folgt aus § 51 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 1629 Abs. 1 BGB. Die Passivvertretung der Antragsgegnerin ist nicht von dem Willen ihrer gesetzlichen Vertreter abhängig. Diese haben ihr minderjähriges Kind auch dann in einem Rechtsverhältnis zu Dritten, die Rechtsansprüche gegen die Minderjährige geltend machen, prozessual zu vertreten, wenn eine Prozessführung nach ihrer Auffassung inhaltlich nicht dem "Kindeswohl" entspricht, was in der Regel der Fall sein wird, wenn das Kind die beklagte Partei ist und gerichtlich zu einem bestimmten Verhalten gezwungen werden soll. Eine derartige Entscheidungsbefugnis steht den gesetzlichen Vertretern indes ausschließlich bei Aktivprozessen zu. Passivprozesse haben sie in der Lage hinzunehmen, wie sie gegen die Minderjährige geltend gemacht werden. Eine Entscheidungsfreiheit, derartige Prozesse zu führen oder nicht gegen das minderjährige Kind gelten zulassen, besteht nicht. Eine solche prozessuale Entscheidungsfreiheit ist dem deutschen Prozessrecht auch im Übrigen fremd. Sie würde dazu führen, dass Privatpersonen autonom darüber entscheiden könnten, ob sie sich einem Prozess aussetzen wollen oder nicht. Eine Entscheidungsfreiheit dieser Art besteht nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen. Dies ist z.B. der Fall für die Frage, ob ein Insolvenzverwalter einen gegen den Gemeinschuldner geführten und durch die Insolvenzeröffnung unterbrochenen Prozess aufnehmen und fortführen will (§ 240 ZPO i.V.m. § 86 InsO). Bei der Inanspruchnahme einer durch ihre gesetzlichen Vertreter vertretenen Minderjährigen ist eine derartige Wahlmöglichkeit hingegen nicht eröffnet. Die Eltern als gesetzliche Vertreter sind insoweit - notfalls auch gegen ihren Willen - zur Prozessführung verpflichtet. Nehmen Sie diese Verpflichtung nicht wahr, hat ihr minderjähriges Kind - vertreten durch die Eltern - die hieraus erwachsenen prozessualen Folgen hinzunehmen.

2. Der Antragsteller hat durch Vorlage der Anlage ASt1 bereits in erster Instanz hinreichend glaubhaft gemacht dass er selbst Urheber der streitgegenständlichen Lichtbilder ist und diese von ihm angefertigt worden sind. Rechtlich relevante Einwände hat die Antragsgegnerin hiergegen nicht erhoben. Soweit sie in zweiter Instanz bestreitet, dass der Antragsteller das Recht erworben habe, die abgebildete Person zu fotografieren, ist dies im Streitverhältnis der Parteien ohne Relevanz. Hiervon hängen die Urheberrechte des Antragstellers nicht ab. Ebenso wenig davon, ob er für die Abbildung ein Entgelt gezahlt hat oder die erstellten Lichtbilder auf ein breites Interesse stoßen. Angesichts der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers hätte es der Antragsgegnerin oblegen, durch konkrete Tatsachen glaubhaft zu machen, dass der Antragsteller nicht ...

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