Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung eines ehebedingten Kredits beim Trennungsunterhalt. Einleitung eines Privatinsolvenzverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob der Unterhaltsschuldner berechtigt ist, sein Einkommen um Raten für die Tilgung eines ehebedingten Kredits zu bereinigen, oder ob er gehalten ist, zur Ermöglichung höherer Unterhaltsleistungen ein Privatinsolvenzverfahren einzuleiten.

 

Normenkette

BGB § 1361

 

Verfahrensgang

AG Kassel (Aktenzeichen 540 F 91/03 UE)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 12.12.2007; Aktenzeichen XII ZR 23/06)

 

Gründe

I. Die Parteien, deren am ... 1972 geschlossene Ehe mit Urteil vom ... 2005, rechtskräftig durch beiderseitigen Rechtsmittelverzicht am selben Tag, geschieden ist, streiten um Trennungsunterhalt. In einem vorausgegangenen Verfahren hat die Stadt A - Sozialamt - als Träger der Sozialhilfe kraft übergegangenen Rechts für die Klägerin Trennungsunterhalt für den Zeitraum vom 1.2.2003 bis zum 2.7.2003, dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des hier gegenständlichen Verfahrens, Unterhalt geltend gemacht, der ihr mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 28.8.2003 i.H.v. monatlich 298,80 EUR zugesprochen worden ist. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Urteils in den beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten des Vorprozesses (540 F 1321/03) Bezug genommen.

Im gegenwärtigen Verfahren verfolgt die Klägerin ihren Unterhaltsanspruch ab dem genannten Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in eigenem Namen weiter, erstinstanzlich zuletzt gerichtet auf rückständigen Unterhalt für die Zeit von Januar bis Mai 2003 i.H.v. 734,16 EUR nebst Zinsen, von Juni bis November 2003 von monatlich 128,36 EUR und ab 1.12.2003 von monatlich 728,30 EUR.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Sachdarstellung im Einzelnen Bezug genommen wird, hat das AG der Klage nur i.H.v. monatlich 96 EUR ab Mai 2005, dem Monat nach der letzten mündlichen Verhandlung, stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Für die Zeit bis zur mündlichen Verhandlung am 7.4.2004, diesen Monat eingeschlossen, sei die Klägerin nicht aktiv legitimiert, nachdem die Ansprüche auf die Träger der Sozialhilfe übergegangen seien. Eine Rückabtretung sei nicht vorgetragen. Für den Anschlusszeitraum hat es das zuvor schwankende Einkommen auf monatlich 1.345 EUR (zusammengesetzt aus einer BfA-Rente von 1.008,47 EUR und einer VBL Rente von 336,42 EUR) festgestellt und hiervon von der unstreitigen Kreditbelastung des Beklagten i.H.v. monatlich 544 EUR einen Teilbetrag von 408 EUR als auf die Ehezeit entfallend und damit eheprägend abgezogen. Von dem verbleibenden Nettoeinkommen von 936 EUR hat es der Klägerin den über dem ihm notwendig verbleibenden Selbstbehalt von 840 EUR liegenden Betrag zugesprochen.

Gegen dieses Urteil, soweit die Klage abgewiesen worden ist, richtet sich die Berufung der Klägerin, zunächst im Wesentlichen mit ihren erstinstanzlichen Anträgen, jedoch mit der Maßgabe, dass die Unterhaltsbeträge bis einschließlich 31.12.2004 an die Stadt A und für den Anschlusszeitraum an die Arbeitsförderung A GmbH (...) zu zahlen seien. Sie rügt in verfahrensrechtlicher Hinsicht, dass das AG sie nicht auf die fehlende Aktivlegitimation hingewiesen habe. In diesem Fall hätte sie, wie jetzt mit der Berufung, ihre Anträge umgestellt. In der Sache beanstandet sie, dass das AG das Einkommen des Beklagten um Kreditbelastungen bereinigt habe. Insoweit habe ihn die Obliegenheit getroffen, Privatinsolvenz anzumelden und die Bedienung der Kredite einzustellen. In diesem Fall wäre er für den geforderten Unterhalt leistungsfähig.

Die Klägerin beantragt nunmehr, nach und im Umfang bewilligter Prozesskostenhilfe unter Zurücknahme ihrer Berufung im Übrigen, wie erkannt.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er tritt der Verfahrensrüge entgegen; gegenüber der anwaltlich vertretenen Klägerin habe es keines Hinweises wegen ihrer Antragstellung bedurft.

In der Sache hält er eine Obliegenheit zur Einleitung eines Privatinsolvenzverfahrens nicht für gegeben. Eine solche sei in der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nur gegenüber dem Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder anerkannt worden. Für den hier verfahrensgegenständlichen Ehegattenunterhalt sei die Rechtslage aber eine andere, da dieser Anspruch unter Berücksichtigung von Verpflichtungen gegenüber Dritten zu bestimmen sei.

II. Die Berufung hat in dem zuletzt verfolgten Umfang Erfolg.

Der Unterhaltsanspruch der Klägerin als getrennt lebende Ehefrau ist dem Grunde nach außer Streit (§ 1361 BGB). Nicht angegriffen und damit der Beurteilung des Senats zugrunde liegend sind die Einkommensverhältnisse des Beklagten aus Rentenbezug i.H.v. 1.345 EUR. Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung insoweit Zweifel geäußert und aus der zeitlichen Überschneidung verschiedener Einkünfte ein höheres Einkommen vermutet hat, betrifft dies nicht mehr den jetzt noch streitigen Zeitraum ab Januar 2004.

Nicht angefochten und damit unstreitig gestellt i...

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