Entscheidungsstichwort (Thema)

Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und Geldentschädigung

 

Leitsatz (amtlich)

Die zu reinen werbe- bzw. kommerziellen Zwecken nicht anlassbedingte - wenn auch nur kurze - und nicht nach § 23 KUG gerechtfertigte Bildaufnahme eines Polizeibeamten im Dienst verletzt dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht nach Art. 1, 2 GG und rechtfertigt eine Geldentschädigung.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 2, § 1004 Abs. 1 S. 2; GG Art. 1-2; KUG §§ 22-23

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 04.09.2019; Aktenzeichen 23 O 159/18)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4.9.2019 verkündete Urteil der Einzelrichterin des Landgerichts Darmstadt teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.171,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.6.2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits im ersten und zweiten Rechtszug haben die Parteien jeweils zur Hälfte zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Erstattung der von ihr im Zusammenhang mit einem gegen die Beklagten gerichteten vorgerichtlichen Unterlassungsanspruch aufgewendeten Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,67 EUR sowie zusätzlich eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Geldentschädigung, welche mindestens 5.000,00 EUR betragen soll.

Die Klägerin ist als Polizeibeamtin beim Land1 beschäftigt.

Am XX.XX.2018 versah sie in dieser Eigenschaft als Zugführerin der Bereitschaftspolizei ihren Dienst im Zusammenhang mit angekündigten Demonstrationen gegen den Auftritt der Beklagten zu 1) in der X-Arena in Stadt1. In Ausübung ihres Dienstes wurde die Klägerin ohne ihr Wissen und ohne ihre Einwilligung gefilmt. Die von der Klägerin angefertigten Filmaufnahmen wurden später in einem Musikvideo zu Werbezwecken verwendet, das auf YouTube veröffentlicht und über 150.000 Mal aufgerufen wurde. Hierin ist die Klägerin - in Zeitlupe - für einen Zeitraum von ca. zwei Sekunden zu sehen. Nach erfolgter Abmahnung durch die Klägerin mit Schreiben vom 30.4. bzw. 1.6.2018 haben die Beklagten strafbewerte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen abgegeben. Seit diesem Zeitpunkt ist das Bild der Klägerin auf dem Musikvideo nur noch "verpixelt" zu sehen.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 4.9.2019, den Beklagten zugestellt am 11.9.2019, der Klage umfassend stattgegeben und die Beklagten zur Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Klägerin sowie zu einer Geldentschädigung in Höhe von 5.000,00 EUR verurteilt.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass durch die Abbildung der Klägerin auf dem Musikvideo deren allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei, weshalb ihr der vorgerichtlich geltend gemachte Unterlassungsanspruch zugestanden habe und ihr infolge dessen auch die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten von den Beklagten in vollem Umfang zu ersetzen seien. Gleichfalls stehe der Klägerin eine Geldentschädigung wegen einer schwerwiegenden Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Beklagten in Höhe von 5.000,00 EUR zu. Es handele sich auf Grund der Veröffentlichung des Musikvideos auf YouTube und der Anzahl der Aufrufe um einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin, welcher den zuerkannten Geldentschädigungsbetrag rechtfertige. Es habe weder die nach § 22 KUG erforderliche Einwilligung der Klägerin zur Verbreitung und Veröffentlichung, soweit sie in dem Musikvideo abgebildet ist, vorgelegen, noch könnten sich die Beklagten mit Erfolg auf einen die Veröffentlichung ohne Zustimmung rechtfertigenden Ausnahmetatbestand im Sinne des § 23 KUG berufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 180 ff. d. A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit ihrer am 30.9.2019 eingelegten und mit Schriftsatz vom 4.11.2019, eingegangen beim Oberlandesgericht am selben Tag, begründeten Berufung wenden sich die Beklagten gegen das angefochtene Urteil. Hierin vertreten sie mit ausführlicher Begründung die Auffassung, das Landgericht habe in rechtsfehlerhafter Weise eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin angenommen, da - zugleich - mehrere die Abbildung der Klägerin in dem Musikvideo rechtfertigenden Ausnahmetatbestände gemäß § 23 KUG vorlägen. Doch selbst wenn man eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin annehmen wollte, lägen jedenfalls die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Geldentschädigung nicht vor.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Darmstadt vom 4.9.2019, Az. 23 O 159/18, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

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