Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlende Ausgleichsreife nach § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG

 

Leitsatz (amtlich)

Steht anhand der Auskünfte zu den Rentenanrechten der Eheleute fest, dass die Übertragung von Zuschlägen für langjährig Versicherte (sog. Grundrenten-Entgeltpunkte) beim ausgleichsberechtigen Ehegatten nicht zu Auszahlung von Rente führen wird, findet der Versorgungsausgleich bei Scheidung nicht statt. Die auch Renteneinkünfte betreffende Einkommensanrechnung gem. § 97a SGB VI führt zu fehlenden Ausgleichsreife im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG.

 

Normenkette

SGB VI § 97a; VersAusglG § 19

 

Verfahrensgang

AG Biedenkopf (Beschluss vom 19.11.2021; Aktenzeichen 33 F 105/21 S)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Biedenkopf vom 19.11.2021 hinsichtlich des Ausspruchs zum Versorgungsausgleich abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen (Vers. Nr. ...) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 3,1092 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen, bezogen auf den 28.02.2021, übertragen.

2. Bezüglich des Anrechts des Antragstellers bei der X GmbH (Vers. Nr. ...) findet ein Versorgungsausgleich nicht statt.

3. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen (Vers. Nr. ...) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 1,3363 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen, bezogen auf den 28.02.2021, übertragen.

4. Bezüglich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen (Vers. Nr. ..., Ausgleichswert 0,1380 Entgeltpunkte Grundrentenzuschlag) findet ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt.

Im Übrigen bleibt es bei den Anordnungen des angefochtenen Beschlusses.

Gerichtskosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.200 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die am 12.05.2017 geschlossene Ehe des am XX.XX.1961 geborenen Antragstellers und der am XX.XX.1966 geborenen Antragsgegnerin wurde auf den am 05.03.2021 zugestellten Scheidungsantrag durch den hier angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts vom 19.11.2021 geschieden. Hierbei wurde auch der Versorgungsausgleich durchgeführt.

Gegenstand des erstinstanzlichen Versorgungsausgleichsverfahrens waren die folgenden Anrechte der Beteiligten, über die die Versorgungsträger wie folgt Auskunft erteilt haben:

Anrecht des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen:

Summe aller Entgeltpunkte:

52,2848 Entgeltpunkte

Ehezeitanteil:

6,2183 Entgeltpunkte

Ausgleichswert:

3,1092 Entgeltpunkte

Korrespondierender Kapitalwert:

24.023,63 Euro.

Anrecht des Antragstellers aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der X GmbH:

Ehezeitanteil:

186,46 Euro monatlich

Ausgleichswert:

93,23 Euro monatlich

Korrespondierender Kapitalwert:

2.362,65 Euro.

Anrecht der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen:

Summe aller Entgeltpunkte:

35,7970 Entgeltpunkte (einschließlich Versorgungsausgleich nach erster Ehe)

Ehezeitanteil:

2,6725 Entgeltpunkte

Ausgleichswert:

1,3363 Entgeltpunkte

Korrespondierender Kapitalwert:

10.325,09 Euro

Durch den angefochtenen Beschluss vom 19.11.2021 hat das Amtsgericht die Anrechte der Eheleute in der gesetzlichen Rentenversicherung nach Maßgabe der obigen Auskünfte intern geteilt und vom Ausgleich des geringwertigen Anrechts des Antragstellers bei der X GmbH abgesehen.

Gegen den ihr am 24.11.2021 zugestellten Beschluss hat die Deutsche Rentenversicherung Westfalen am 15.12.2021 und am 21.12.2021 Beschwerde eingelegt. Sie weist auf das am 01.01.2021 in Kraft getretene Grundrentengesetz hin. Hiernach seien bei dem Anrecht der Antragsgegnerin Grundrentenzuschläge zu berücksichtigen, die ebenfalls im Versorgungsausgleich auszugleichen seien. Die Höhe des Grundrentenzuschlages hat der Versorgungsträger wie folgt mitgeteilt:

Ehezeitanteil:

0,2760 Entgeltpunkte

Ausgleichswert:

0,1380 Entgeltpunkte

Korrespondierender Kapitalwert:

1.066,27 Euro

Mit Verfügung vom 07.04.2022 hat die Senatsvorsitzende darauf hingewiesen, dass der Ausgleich der Anrechte aus der Grundrente für den berechtigten Ehemann nicht wirtschaftlich wäre und der Senat daher davon ausgeht, dass ein Ausgleich bei der Scheidung nicht angeordnet werden kann. Die Grundrentenzuschläge seien dem bei Renteneintritt gegebenenfalls durchzuführenden schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorzubehalten.

Einwände gegen diese Auffassung und Verfahrensweise wurden nicht erhoben.

II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige und insbesondere form- und fristgerecht (§§ 63, 64 FamFG) eingelegte Beschwerde des Versorgungsträgers führt zur Abänderung und Neufassung der erstinstanzlich...

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