Leitsatz (amtlich)

Bei der Berechnung von vermiedenen Netzentgelten gemäß § 18 StromNEV ist der Begriff der "vorgelagerten Netzebene" in so genannten "Pancaking-Situationen", in denen mehrere Netze mit gleicher Spannung hintereinander liegen, nicht nur spannungsbezogen, sondern auch netzbetreiberbezogen zu verstehen. Als "vorgelagerte Netzebene" gilt in diesen Fällen auch ein vorgelagertes Netz auf gleicher Spannungsebene.

 

Normenkette

StromNEV § 18

 

Verfahrensgang

Beschlusskammer 8 der Bundesnetzagentur (Beschluss vom 17.06.2015; Aktenzeichen BK8-15/M3071)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 20.06.2017; Aktenzeichen EnVR 40/16)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 22.06.2015 wird der Beschluss der Beschlusskammer 8 der Bundesnetzagentur vom 17.06.2015, BK8-15/M3071 aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, die Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwenigen Auslagen der Antragstellerin trägt die Bundesnetzagentur. Die weitere Beteiligte trägt ihre Kosten selbst.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf... EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten im Rahmen eines Missbrauchsverfahrens um die richtige Berechnung des Entgelts für die dezentrale, auf der Netzebene 3 gemäß Anlage 3 zur StromNEV erfolgte Einspeisung nach § 18 StromNEV.

Die Antragstellerin, ein Unternehmen der A. Gruppe (...), betreibt ein Heizkraftwerk in..., das über zwei Gas- und Dampfturbinenblöcke (GuD) mit einer elektrischen Leistung von zusammen... MW brutto verfügt. Es wurde als systemrelevante Anlage eingestuft. Die Erzeugungsanlagen des Heizkraftwerks sind als dezentrale Erzeugungsanlagen an mehreren Anschlusspunkten an das Elektrizitätsverteilernetz der Antragsgegnerin, ebenfalls ein Unternehmen der A. Gruppe, angeschlossen. Die Einspeisung erfolgt sowohl auf der 110 kV Netzebene (Netzebene 3 im Sinne der Anlage 3 zur StromNEV) als auch auf der 20 kV Netzebene (Netzebene 5 im Sinne der Anlage 3 zur StromNEV). Das Elektrizitätsverteilernetz der Antragsgegnerin ist mit dem Elektrizitätsverteilernetz des vorgelagerten Netzbetreibers C. AG auf der Hochspannungsebene (Netzebene 3) verbunden. Die C. AG betreibt außerdem die Umspannebene Höchst-/Hochspannung (Netzebene 2).

Grundlage für die Einspeisung ist der Netzanschlussvertrag zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin vom 14./15.04.2011. Die Antragstellerin erhält für die in das Netz der Antragsgegnerin eingespeisten Strommengen ein Entgelt für die dezentrale Einspeisung nach § 18 StromNEV ("vermiedene Netzentgelte"). Die zu zahlenden Netzentgelte für die Entnahme von Elektrizität richteten sich bis einschließlich des Betriebsjahres 2014 nach dem Preisblatt der C. AG für den Netzbereich 3.

Die Antragsgegnerin zahlt für die Entnahme von Elektrizität am Netzverknüpfungspunkt auf 110 kV Ebene an die C. AG die für den Netzbereich 3 ausgewiesenen Netzentgelte.

Am 02.10.2014 veröffentlichte die Bundesnetzagentur Hinweise für Verteilernetzbetreiber zur Anpassung der Erlösobergrenze für das Jahr 2015. Unter Punkt 2.4 der Anlage 1 heißt es:

"Maßgebliche Netz- oder Umspannebene für die Berechnung der Entgelte für dezentrale Einspeisung:

"Klarstellend weist die Beschlusskammer darauf hin, dass die Beantwortung dieser Frage in Anschlusssituationen bedeutsam ist, bei denen der betroffene Netzbetreiber die gleiche Spannungs- oder Umspannebene wie der vorgelagerte Netzbetreiber betreibt. In dieser Spannungs- bzw. Umspannebene sind beide Netze verbunden und gleichzeitig erfolgt die dezentrale Einspeisung in dieser Ebene.

Die vorgelagerte Netz- oder Umspannebene ist netzübergreifend zu verstehen, d.h. sind zwei Netzbetreiber auf der gleichen Spannungsebene einander vor- bzw. nachgelagert, so handelt es sich nicht um verschiedene Netzebenen im Sinne von § 18 StromNEV.

Die Ermittlung der Entgelte für dezentrale Einspeisung erfolgt anhand derjenigen Netzentgelte, die für die vorgelagerte Netz- oder Umspannebene oberhalb der tatsächlichen Anschlusssituation entrichtet werden müssen."

Daraufhin kündigte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 18.12.2014 an, künftig entsprechend dieser Hinweise die vermiedenen Netzentgelte für die Antragstellerin auf Grundlage des Preisblatts des Netzbereichs 2 (Umspannung Höchst- auf Hochspannung) der C. AG zu berechnen. Ab Januar 2015 setzte sie die Abrechnung auch dementsprechend um, was für die Antragstellerin für die ersten vier Monate des Jahres 2015 einen Mindererlös von... EUR zur Folge hatte.

Die Antragstellerin stellte daraufhin am 19.02.2015 bei der Bundesnetzagentur einen Antrag auf Einleitung eines Missbrauchsverfahrens nach § 31 EnWG, mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, bei der Berechnung der Entgelte für die dezentrale Einspeisung nach § 18 StromNEV das Preisblatt der C. AG für die Netzebene 3 anzusetzen. Mit Entscheidung vom 17.06.2015, Az.: BK8-15/M3071-01, wies die ...

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