Leitsatz (amtlich)

Eine auf der Höchstspannungsebene angeschlossene Erzeugungsanlage speist nicht "dezentral" im Sinne des § 18 Abs. 1 StromNEV ein, so dass keine Entgelte für die dezentrale Einspeisung zu gewähren sind.

 

Normenkette

StromNEV § 18 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Bundesnetzagentur (Beschluss vom 06.05.2015; Aktenzeichen BK8-13/103)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 27.02.2018; Aktenzeichen EnVR 1/17)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin vom 9.6.2015 gegen den Bescheid der Bundesnetzagentur vom 6.5.2015, Az. BK8-13/103, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur trägt die Antragstellerin. Die weitere Beteiligte trägt ihre Kosten selbst.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin betreibt das Kohlekraftwerk... Die Einspeisung des erzeugten Stroms erfolgt über eine von der Antragsgegnerin betriebene und zu ihrem Elektrizitätsnetz gehörende... km lange 220-kV-Doppelleitung. Diese Doppelleitung verbindet als Stichleitung das Umspannwerk... mit dem Standort... Sie wurde Anfang der 1960-iger Jahre errichtet und ergänzte die ursprüngliche 110 kV-Doppelleitung. An die Doppelleitung ist neben dem...die nachgelagerte 110-kV-Netzebene (Hochspannung) der Antragsgegnerin angeschlossen. Die Doppelleitung ist über das Umspannwerk... mit dem vorgelagerten 220-kV-Übertragungsnetz (Höchstspannung) der B verbunden. Der... deckt vorwiegend die Grund- und Mittellast im Netzgebiet der Antragsgegnerin ab und speist geringe Strommengen in das Übertragungsnetz der B ein.

In der Vergangenheit zahlte die Antragsgegnerin an die Antragstellerin Entgelte für die dezentrale Einspeisung in die Doppelleitung aus dem Kohlekraftwerk... aus. Zum 01.01.2011 stellte die Antragsgegnerin die Zahlungen ein. Sie weigerte sich mit Schreiben vom 20.04.2012, vermiedene Netzentgelte i.H.v... EUR zu zahlen und bezog sich hierbei auf Hinweise der Bundesnetzagentur vom 18.11.2010. In diesen Hinweisen vertritt die Bundesnetzagentur die Auffassung, dass es sich bei Anlagen, die in das Höchstspannungsnetz direkt oder über eine erforderliche Umspannung einspeisten, begrifflich nicht um dezentrale Erzeugungsanlagen handele. Mit Schreiben vom 28.11.2012 hatte die Antragstellerin bei der Bundesnetzagentur deswegen eine Überprüfung des Verhaltens der Antragsgegnerin nach § 31 EnWG begehrt.

Mit dem streitgegenständlichen Beschluss vom 06.05.2015 wies die Beschlusskammer 8 der Bundesnetzagentur den Antrag zurück. Die Weigerung der Antragsgegnerin, Entgelte für die dezentrale Einspeisung zu zahlen, sei nicht zu beanstanden. Ein Anspruch nach § 18 StromNEV bestehe nicht. Da hier die Einspeisung in eine 220-kV-Höchstspannungsleitung erfolge, fehle es an einer Einspeisung in ein Elektrizitätsverteilernetz (§ 3 Nr. 11, 32 und 37 EnWG). Die Zuordnung habe formal nach der Spannungsebene zu erfolgen. Es sei daher unerheblich, dass ursprünglich eine 110-kV-Doppelleitung bestanden habe. Diese tatsächliche Situation werde auch nicht dadurch verändert, dass die Antragsgegnerin formal auf die Erhebung von Netzentgelten für die 220-kV-Doppelleitung verzichte und kein Sonderentgelt nach § 14 Abs. 2 S. 3 StromNEV mit der B vereinbart habe. Darüber hinaus müsse nach § 18 Abs. 1 S. 2 StromNEV das Entgelt für die dezentrale Einspeisung den gegenüber den vorgelagerten Netz- oder Umspannebenen durch die jeweilige Einspeisung vermiedenen Netzentgelten entsprechen. Für die Gewährung vermiedener Netzentgelte sei daher eine "vorgelagerte Netz- oder Umspannebene", nicht ein "vorgelagerte Netzbetreiber" Voraussetzung (§ 2 Nr. 10 StromNEV). Andernfalls seien Entgelte für die dezentrale Einspeisung gestaltbar, etwa durch die "Zwischenschaltung" eines Netzbetreibers auf derselben Netzebene. Ferner sei eine entsprechende Handhabung aus Gleichbehandlungsgründen und Wettbewerbsgründen erforderlich. So speise etwa das in der Nähe von... gelegene Pumpspeicherkraftwerk... über die Schaltanlage... auf der 220-kV-Höchstspannungsebene in das Übertragungsnetz der B ein, erhalte aber keine Entgelte für die dezentrale Einspeisung.

Die Antragstellerin wendet sich gegen den Beschluss und meint, sie habe für... Anspruch auf Entgelte für die dezentrale Einspeisung nach § 18 StromNEV. Für das Jahr 2011 beliefen sich diese auf... EUR.

Der zunächst gestellte Verpflichtungsantrag sei zulässig, weil das Ermessen der Bundesnetzagentur auf Null reduziert sei. Weniger wirksame Maßnahmen, als die Antragsgegnerin zur Zahlung anzuweisen, seien nicht erkennbar. Etwaige Überschneidungen mit zivilrechtlichen Kompetenzen seien gegebenenfalls in Kauf zu nehmen. Die Beeinträchtigung sei gegenwärtig, eine Zahlung bislang nicht erfolgt. Sie habe ihren Antrag auf Einleitung des besonderen Missbrauchsverfahrens mit Schreiben vom 18.11.2012 gestellt, die Bundesnetzagentur aber erst nach mehr als zweieinhalb Jahren im Mai 2015 entschieden.

Die ursprüngliche 110 kV-Doppelleitung sei nach den damaligen und heutigen Maßstäben dem Elektrizit...

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