Verfahrensgang

LG Krefeld (Aktenzeichen 7 O 167/20)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der sein erneutes Prozesskostenhilfegesuch zurückweisende Beschluss der 7. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Krefeld vom 27.09.2021 (7 O 167/20) abgeändert.

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage gemäß dem Klageentwurf vom 30.08.2021 unter Beiordnung der Rechtsanwaltssozietät A. Insolvenzverwalter GbR in B. bewilligt.

 

Gründe

I. Die gemäß §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige Beschwerde hat im Ergebnis Erfolg. Nachdem der Antragsteller nunmehr bestritten hat, dass der Finanzierungswille des Investors C. - wovon der Senat in seiner vorangegangenen 1. Beschwerdeentscheidung (I-12 W 7/21) aufgrund dessen Erklärung vom 12.10.2020 (Anl. K 11) ausgegangen ist - vom Vorliegen einer nachvollziehbaren, realistischen Unternehmensplanung abhing, kann die Ablehnung der PKH-Bewilligung nicht mehr darauf gestützt werden, dass mit Blick auf eine positive Fortführungsprognose eine insolvenzrechtliche Überschuldung, die zu einer Haftung des Geschäftsführers nach § 64 S. 1 GmbHG i. d. Fassung vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I 2026, nachstehend GmbHG aF) führen kann, nicht vorliegt. Dem Antragsteller ist vielmehr Prozesskostenhilfe zu bewilligen, denn die beabsichtigte Klage bietet auf der Grundlage des derzeitigen Sach- und Streitstandes hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig. Zudem hat der Antragsteller die Bewilligungsvoraussetzungen des § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO dargelegt.

1. Der neuerliche Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers ist entgegen der Auffassung des Antragsgegners zulässig.

Hat - wie hier - bereits ein PKH-Verfahren über den gleichen Gegenstand stattgefunden, steht einer wiederholten Antragstellung keine materielle Rechtskraft des früheren Beschlusses entgegen. Ein neuer Antrag kann auf neue Tatsachen gestützt werden, zu seiner Begründung können aber auch neue rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht werden, die im Ausgangsverfahren noch nicht berücksichtigt werden konnten. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine - an sich zulässige - Wiederholung eines Prozesskostenhilfeantrages kann nur dann verneint werden, wenn das Recht zur wiederholten Stellung eines Antrages missbraucht wird. Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Rechtsmissbräuchlich kann ein erneuter Antrag dann sein, wenn er mit einer von vornherein untauglichen Begründung versehen ist, beispielsweise lediglich auf die bisherige Begründung verweist, oder wenn neue Tatsachen ersichtlich nur vorgeschützt sind und eine Änderung der bisherigen Beurteilung deshalb als von vornherein ausgeschlossen erscheint (BGH, Beschl. v. 16.12.2008 - VIII ZB 78/06, juris Rn. 11 f.). Eine erneute Sachbescheidung ist erforderlich, wenn sich gegenüber dem letzten Antrag der Sach- und Streitstand geändert hat. Dafür kann es ausreichen, wenn neue rechtliche Gesichtspunkte, z.B. aufgrund einer Rechtsprechungsänderung, angeführt werden (Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 18. Aufl. 2021, § 127 Rn. 6).

Danach ist der PKH-Antrag des Antragstellers vom 30.08.2021 zulässig. Dahin stehen kann, ob dies schon daraus folgt, dass der Antragsteller geltend macht, die Entscheidung des Senats 20.07.2021 im 1. PKH-Verfahren stehe im Widerspruch zu den Grundsätzen, die der BGH in dem Urteil vom 13.07.2021 (II ZR 84/20) zur Begründung einer positiven Fortführungsprognose allein mit einer weichen Patronatserklärung aufgestellt habe. Denn jedenfalls hat der Antragsteller nunmehr auch die Tatsachengrundlage für eine positive Fortführungsprognose, wie sie sich für den Senat nach der Erklärung des Investors C. vom 12.10.2020 darstellte, bestritten, so dass es Sache des Antragsgegners ist, die Voraussetzungen für eine positive Fortführungsprognose im Einzelnen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (dazu sogleich).

2. Die beabsichtigte Klage hat Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig (§ 114 Abs. 1 S. 1, letzter Halbs. ZPO). Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand hat der Antragsgegner die in dem Entwurf der Klageschrift vom 30.08.2021 (S. 8 ff.) aufgeführten Zahlungen im Zeitraum vom 04.01.2016 bis 25.02.2016 nach Eintritt der Überschuldung der Schuldnerin geleistet und ist daher gem. § 64 S. 1 GmbHG aF der Gesellschaft zum Ersatz verpflichtet. Entgegen dem Wortlaut setzt die Haftung des Geschäftsführers nach dieser Vorschrift nicht die förmliche Feststellung der Überschuldung voraus, ebenso wenig muss positive Kenntnis von der Überschuldung vorliegen. Vielmehr reicht für die Verwirklichung der Haftung nach S. 1 die Erkennbarkeit einer Überschuldung aus (BeckOK GmbHG/Mätzig, 49. Ed. 1.5.2021, § 64 Rn. 35). Dass die Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar waren (§ 64 S. 2 GmbHG aF), ist nicht dargelegt.

2.1. Liegt - wie hier zum 31.12.2015 unstreitig ist - eine rechnerische Überschuldung der Gesellschaft vor, ist eine positive Fortführungspr...

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