Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzungsfrist nach PKH-Versagung für Berufung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die mit der Mittellosigkeit gerechtfertigte Versäumung der Berufungsfrist beginnt bereits mit der Kenntniserlangung von der Ablehnung des Prozesskostenhilfegesuchs und nicht erst mit der von der Zurückweisung der gegen den ablehnenden Beschluss erhobenen Gegenvorstellung.

2. Ausnahmsweise beginnt die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die mit der Mittellosigkeit gerechtfertigte Versäumung der Berufungsfrist erst mit der Bekanntgabe entweder des auf erfolgreiche Gegenvorstellung ergehenden abändernden Prozesskostenhilfebeschlusses oder mit der Bekanntgabe einer Entscheidung, durch welche einer Rechtsbeschwerde gegen die Wiedereinsetzungsantragszurückweisung und Berufungsverwerfung stattgegeben wird.

 

Normenkette

ZPO §§ 233, 234 Abs. 1-2, §§ 517, 522 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Göttingen (Beschluss vom 23.06.2015; Aktenzeichen 9 O 36/13)

 

Tenor

I. Der Antrag der Klägerin vom 24.4.2016 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist wird als unzulässig zu verworfen.

II. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Göttingen vom 23.6.2015 - 9 O 36/13 - wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das vorbezeichnete Urteil des LG Göttingen sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

III. Der Streitwert des Berufungsrechtszuges wird auf 133.503,45 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Das im Arzthaftungsprozess ergangene angefochtene Urteil ist dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29.6.2015 zugestellt worden (Bl. 117 d.A.). Für die beabsichtigte Einlegung der Berufung ist ihr Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten beim Oberlandesgericht Braunschweig am 28.7.2015 eingereicht (Bl. 123/125 d.A.) und sodann mit der Antragsbegründung vom 15.10.2015 (Bl. 147 ff. d. A) versehen worden. Mit Beschluss vom 10.3.2016 (Bl. 189 ff. d.A.) hat der Senat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Dieser Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 14.3.2016 zugestellt worden (Bl. 205 d.A.). Dagegen hat sie durch ihren Prozessbevollmächtigten unter dem 24.3.2016 eine Gegenvorstellung verfassen lassen, die am 29.3.2016 beim Berufungsgericht eingegangen ist (Bl. 207d. A). Die Gegenvorstellung ist durch den Senat mit Beschluss vom 4.4.2016 (Bl. 214 ff. d. A) zurückgewiesen worden, welcher am 11.4.2016 dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt worden ist (Bl. 218 d.A.). Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 25.4.2016 (Bl. 222 ff. d.A.), eingegangen beim Oberlandesgericht Braunschweig am selben Tage, hat die Klägerin die Berufung gegen das angefochtene Urteil eingelegt und Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist gestellt.

Die Klägerin kündigt an zu beantragen, in Abänderung des Urteils des LG Göttingen vom 23.6.2015 - 9 O 36/13 -

1. die Beklagte zu verurteilen, einen Betrag in Höhe von 25.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.1.2003 an die Klägerin zu zahlen mit der Maßgabe, dass je 12.500,00 EUR auf die Schmerzensgeldforderung und als Teilbetrag auf die materiellen Schadenspositionen entfallen.

2. die Beklagte zu verurteilen, weitere außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren an die Klägerin zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aufgrund der Krankenhausbehandlung der Klägerin vom 6.12.2002 bis 19.1.2003 auszugleichen hat, soweit nicht die Ansprüche auf Sozialversicherungsträger sowie Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

Obwohl die Klägerin in ihrer Berufungsschrift vom 25.4.2016 auf die Klageanträge im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 21.2.2014 (Bl. 223, 18 f. d.A.) Bezug nimmt, legt der Senat den angekündigten Antrag zu 1. entsprechend des im Entwurf der Berufungsbegründung vom 15.10.2016 angekündigten Antrags (Bl. 147 d.A.) aus. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei der Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Schriftsatz vom 21.2.2014 um ein Versehen handelt, da die Klägerin diesen Antrag bereits erstinstanzlich in der mündlichen Verhandlung vom 02.06.2015 geändert hat, nachdem das LG auf die Unbestimmtheit der bis dahin angekündigten Teilklage hingewiesen hatte.

Die Beklagte hat noch keinen Berufungsantrag angekündigt, nachdem ausdrücklich davon abgesehen worden ist, ihr eine Berufungserwiderungsfrist zu setzen.

Durch Beschluss vom 9.5.2016 (B...

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