Verfahrensgang

AG Recklinghausen (Entscheidung vom 27.04.2011; Aktenzeichen 14 C 93/10)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 07.05.2013; Aktenzeichen 4 StR 475/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.04.2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen abgeändert.

Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom 16.02.2010 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden der Klägerin aufer-legt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin betreibt das "gewerbliche Verzeichnis für Handwerk Handel und Industrie" im Internet. Sie versendet vorgefertigte Offerten über die Eintragung des angeschriebenen Gewerbetreibenden in ihr Verzeichnis unter der Internetdomain "www.#.org".

Ein solches Schreiben übersandte sie auch an die Beklagte, die ein chinesisches Restaurant in Berlin betreibt. Als Anlage waren die AGB der Klägerin beigefügt. Die Laufzeit des Vertrags beträgt zwei Jahre, bei jährlichen Kosten von 650,00 € netto. Wegen der Gestaltung des Schreibens wird auf die Anlage A 1 zur Anspruchsbegründung vom 26.03.2011, Bl. 14 d. A. Bezug genommen.

Die Zusendung erfolgte in unmittelbarem Zusammenhang mit der Eintragung der Beklagten im Handelsregister. Der Geschäftsführer der Beklagten füllte das Formular aus und sandte es an die Klägerin zurück. Diese trug die Beklagte in ihr Verzeichnis ein und erteilte am 28.11.2009 eine Rechnung über 650,00 € zuzüglich 123,50 € Umsatzsteuer, mithin 773,50 €.

Die Klägerin erwirkte über das Mahngericht Hagen einen Vollstreckungsbescheid gegen die Beklagte, der am 18.02.2010 zugestellt wurde. Gegen diesen wandte sich die Beklagte mit ihrem am 25.02.2010 bei Gericht eingegangenen Einspruch.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Entgeltabrede.

Das Amtsgericht hat den Vollstreckungsbescheid in dem am 27.04.2011 verkündeten und dem Beklagtenvertreter am 02.05.2011 zugestellten Urteil aufrechterhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt das Anschreiben der Klägerin enthalte hinreichend klare Angaben zu Leistungen und Kosten der Eintragung. Es liege weder eine irreführende Handlung im Sinne des § 5 UWG, noch ein Verstoß gegen § 305 c BGB oder die guten Sitten vor.

Mit der rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung begehrt die Beklagte die Aufhebung des Urteils und die Abweisung der Klage. Sie vertieft ihr Vorbringen zu einer Irreführung im Sinne des § 5 UWG.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 27.04.2011 zu Az: 14 C 93/10 und den Vollstreckungsbescheid vom 16.02.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen;

und

die Revision zuzulassen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und führt aus, die Vergütungspflicht sei hinreichend erkennbar und daher nicht überraschend. Die Klausel sei auch nicht ungewöhnlich, da es üblich sei, die Veröffentlichung in Gewerbeverzeichnissen gegen Entgelt anzubieten. Zudem entfalle jeglicher Überraschungscharakter, da von einem Kaufmann zu erwarten sei, dass dieser den Vertragstext vor Unterzeichnung zu Kenntnis nehme.

Wegen des weiteren Sachvortrags sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung und wegen des der Klägerin erteilten Hinweises auf das Protokoll zur Sitzung vom 15.11.2011 Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist statthaft im Sinne des § 511 ZPO sowie form- und fristgemäß im Sinne der §§ 517, 519 ZPO eingelegt und fristgemäß nach § 520 Abs. 2 ZPO begründet worden.

Die Berufung ist auch begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 773,50 € zu. Die Entgeltabrede im Vertrag vom 10.01.2011 ist gemäß § 305 c Abs. 1 BGB unwirksam, da sie überraschend ist.

Zwischen den Parteien findet gemäß §§ 310, 14 BGB die Vorschrift des § 305 c BGB Anwendung. Bei der im Streit befindlichen Entgeltregelung handelt es sich um eine AGB.

Zwar befindet sie sich nicht in dem rückseitig abgedruckten Passus "Allgemeine Geschäftsbedingungen". Da es sich bei dem vorliegenden Vertragsformular jedoch um ein solches handelt, welches mit einem im wesentlichen gleichen Inhalt für eine Vielzahl von Verträgen benutzt wird und die Klägerin als Verwenderin die darin aufgeführten Bedingungen der Gegenseite abverlangt, erfüllt der gesamte Formularvertrag den gesetzlichen Begriff der AGB nach § 305 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, NJW 1995, S. 190).

Nach § 305 c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders nicht mit ihnen zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Abzustellen ist da...

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