Entscheidungsstichwort (Thema)

Lebensversicherung im Rahmen der PKH

 

Normenkette

ZPO § 115

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 14.06.2010; Aktenzeichen 181 F 11034/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg (Familiengericht) vom 14.6.2010 -181 F 11034/10 - geändert:

Der Antragsgegnerin wird unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwältin S.C. in Berlin ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt.

 

Gründe

Die gem. §§ 76 FamFG, 114 ff., 567 ff. ZPO statthafte und zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

Das Familiengericht geht zwar zutreffend davon aus, dass gem. § 115 Abs. 3 ZPO eine um Verfahrenskostenhilfe nachsuchende Partei vor Inanspruchnahme der Allgemeinheit der Steuerzahler zur Bestreitung ihrer Verfahrenskosten ihr Vermögen im Rahmen der Zumutbarkeit (entsprechend § 90 SGB XII) einzusetzen hat. Die Kapital- Lebensversicherung der Antragstellerin bei der H.-M.-Versicherungs AG gehört nicht zu den privilegierten Vermögenswerten des § 90 Abs. 2 SGB XII, es handelt sich insbesondere nicht um eine staatlich geförderte Altersvorsorge (§ 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII). Die Billigkeit des Einsatzes dieses Vermögenswertes bestimmt sich nach § 90 Abs. 3 SGB XII. Danach war der Antragsgegnerin und dem von ihr betreuten Kind ein Betrag von 2.600 EUR und 256 EUR (sog. Schonvermögen) zu belassen. Der Wert der Versicherung überstieg dieses sog. Schonvermögen, bereits am 1.3.2007 belief sich der Wert auf 4.653,45 EUR.

In dieser Wertfeststellung erschöpft sich die Zumutbarkeitsprüfung jedoch nicht. Die 1974 geborene Antragsgegnerin hat vorgetragen und durch die Zeitpunkte (Abschluss der Versicherung 1995, Laufzeit 44 Jahre, Fälligkeit der Versicherung mithin zu ihrem 65. Lebensjahr) nachgewiesenen, dass sie diese Versicherung zum Zweck der (ergänzenden) Altersvorsorge abgeschlossen hat. Sie hat weiter durch Überreichung einer Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung (Bund) vom 3.7.2009 dargetan, dass sie bisher nur Rentenanwartschaften von 307,63 EUR angespart hat und darauf hingewiesen, dass sie infolge der Versorgung und Betreuung ihres im September 2008 geborenen Sohnes derzeit und auch in näherer Zukunft keine weiteren Rentenanwartschaften aus einer Volltagstätigkeit wird erwerben können. Die Verwertung der Lebensversicherung, auf die die Antragsgegnerin in der Zeit von März 1995 bis März 2007 (12 Jahre * 12 Monate * -mindestens- 64,16 EUR =) 9.239,04 EUR eingezahlt hat zu einem Wert von 4.653,45 EUR wäre überdies in hohem Maße unwirtschaftlich, so dass unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ein Einsatz dieses Vermögenswertes, auch soweit er das Schonvermögen übersteigt, von der Antragsgegnerin gem. § 90 Abs. 3 SGB XII nicht verlangt werden kann,

Es kommt auch nicht in Betracht, von der Antragsgegnerin zu verlangen, den Versicherungsvertrag vorübergehend beitragsfrei ruhen zu lassen und die so (vorübergehend) eingesparten Prämienzahlungen von monatlich 64,16 EUR zur Bestreitung ihrer Verfahrenskosten zu verwenden. Denn die zurzeit von Leistungen nach dem SGB II lebende Antragsgegnerin wäre zum ratenweisen Einsatz ihres Einkommens nach der Tabelle § 115 Abs. 2 ZPO nicht verpflichtet.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2719795

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