Entscheidungsstichwort (Thema)

Schleichwerbung in sozialen Medien

 

Normenkette

UWG § 2 Abs. 1, §§ 3, 5a Abs. 6

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Zivilkammer 52 des Landgerichts Berlin vom 14. September 2017- 52 O 261/17 - geändert:

Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt,

im geschäftlichen Verkehr im Internet für Waren unter deren Abbildung und/oder Benennung zu werben, ohne die Veröffentlichung als Werbung kenntlich zu machen,

wenn dies geschieht wie aus nachfolgend eingeblendeter Anlage A 6 ersichtlich:

...

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller (Verband Sozialer Wettbewerb e.V.) hat glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin bei Instagram einen Blog betreibt, und zwar mit Beiträgen wie aus obigem Verbotsausspruch ersichtlich, was er für nicht hinreichend kenntlich gemachte Werbung hält. Das Landgericht hat den diesbezüglichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die - form- und fristgerecht eingelegte - (sofortige) Beschwerde des Antragstellers.

II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 567 ff. ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die begehrte einstweilige Verfügung ist gemäß §§ 3, 5a, 8, 12 Abs. 2 UWG zu erlassen. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Ein Vorliegen des gemäß §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Verfügungsgrundes wird im Streitfall gemäß § 12 Abs. 2 UWG vermutet.

2. Der Antragsteller ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zur Geltendmachung des hier in Rede stehenden Unterlassungsanspruchs gegen die Antragsgegnerin sachbefugt.

3. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG kann bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung unternimmt. Nach § 3 Abs. 1 UWG unzulässig sind unlautere geschäftliche Handlungen. Nach § 5 Abs. 6 UWG handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Die genannten Voraussetzungen liegen im Streitfall mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor (was für das Eilverfahren gemäß §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO genügt; vgl. Hess in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl., § 12 Rn. 151 m.w.N.).

a) Der angegriffene Internet-Auftritt der Antragsgegnerin stellt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine geschäftliche Handlung dar.

aa) Geschäftliche Handlung ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG unter anderem jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes von Waren objektiv zusammenhängt.

bb) Darunter fällt auch der streitgegenständliche Auftritt, bei dem es sich um Werbung handelt, die den Absatz der dort präsentierten Produkte (beispielsweise von ...) fördern soll. Dass es sich hierbei um Äußerungen der auf Instagram auftretenden Antragsgegnerin handelt, steht der Annahme einer geschäftlichen Handlung nicht entgegen, weil diese nach der - dem Landgericht widerstreitenden - Einschätzung des Senats hierfür mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, wenn nicht Geldzahlungen, so doch sonstige geldwerte Vorteile, wie z.B. Rabatte oder Zugaben erhält (vgl. auch Senat, Beschl. v. 11.10.2017 - 5 W 221/17; OLG Celle WRP 2017, 1236; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 5a Rn. 7.71; Lehmann, WRP 2017, 772, 773), und sei es auch nur - was das Landgericht bei seinen Überlegungen außen vor gelassen hat - durch kostenlose Überlassung der präsentierten Produkte.

cc) Die Möglichkeit, dass die Antragsgegnerin, welche mit vorgerichtlichem Schreiben v. 23.08.2017 (Anlage A 8) lediglich in Abrede gestellt hat, "Zahlungen oder Vorgaben von Unternehmen erhalten" zu haben, ohne jegliches Entgelt im vorstehenden (weiten) Sinne in drei Beiträgen diverse Markenprodukte unterschiedlicher Herkunft präsentiert und hierbei "sprechende" Links unmittelbar auf Internetauftritte entsprechender Unternehmen setzt, dies also allein aus reiner Produktbegeisterung und Mitteilungsbedürfnis heraus so unternimmt, ist nach dem derzeitigen Dafürhalten des Senats zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, wohl aber doch in einem Ausmaß unwahrscheinlich, dass hier eine Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen, dazu sogleich) geboten erscheint.

b) Der kommerzielle Zweck der streitgegenständlichen Beiträge ist nicht kenntlich gemacht. Insoweit fehlt im Streitfall jeglicher Hinweis.

c) Eine Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks der Beiträge ist auch nicht entbehrlich, weil sich der kommerziel...

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