Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Biometrischer Pass. Biometrische Daten. Nutzung gesammelter Daten zu anderen Zwecken als zur Ausstellung von Pässen und Reisedokumenten. Einrichtung und Nutzung von Datenbanken, die biometrische Daten enthalten. Gesetzliche Garantien. Recht auf Achtung des Privatlebens. Recht auf den Schutz personenbezogener Daten. Anwendung auf Personalausweise

 

Normenkette

Verordnung (EG) 2252/2004 Art. 1 Abs. 3, Art. 4 Abs. 3; Richtlinie 95/46/EG Art. 6-7; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 7-8

 

Beteiligte

Willems

W. P. Willems

H. J. Kooistra

M. Roest

L. J. A. van Luijk

Burgemeester van Nuth

Burgemeester van Skarsterlân

Burgemeester van Amsterdam

Burgemeester van Den Haag

 

Tenor

1. Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 des Rates vom 13. Dezember 2004 über Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten in der durch die Verordnung (EG) Nr. 444/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Verordnung auf Personalausweise, die wie der niederländische Personalausweis von einem Mitgliedstaat seinen eigenen Staatsangehörigen ausgestellt werden, ungeachtet ihrer Gültigkeitsdauer und ungeachtet der Möglichkeit, sie bei Auslandsreisen zu verwenden, keine Anwendung findet.

2. Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2252/2004 in der durch die Verordnung Nr. 444/2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichtet, in ihren Rechtsvorschriften zu garantieren, dass die aufgrund der Verordnung erhobenen und gespeicherten biometrischen Daten nicht zu anderen Zwecken als zur Ausstellung eines Reisepasses oder Reisedokuments erhoben, verarbeitet und verwendet werden, da ein solcher Aspekt nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Raad van State (Niederlande) mit Entscheidungen vom 28. September 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Oktober 2012 (C-446/12), am 5. Oktober 2012 (C-447/12) und am 8. Oktober 2012 (C-448/12 und C-449/12), in den Verfahren

W. P. Willems (C-446/12)

gegen

Burgemeester van Nuth

und

H. J. Kooistra (C-447/12)

gegen

Burgemeester van Skarsterlân

und

M. Roest (C-448/12)

gegen

Burgemeester van Amsterdam

und

L. J. A. van Luijk (C-449/12)

gegen

Burgemeester van Den Haag

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richterin K. Jürimäe, der Richter J. Malenovský (Berichterstatter) und M. Safjan sowie der Richterin A. Prechal,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzlerin: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von W. P. Willems, durch ihn selbst,
  • von H. J. Kooistra, durch ihn selbst,
  • von M. Roest und L. J. A. van Luijk, vertreten durch J. Hemelaar, advocaat,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch J. Langer, M. Bulterman und H. Stergiou als Bevollmächtigte,
  • der französischen Regierung, vertreten durch F.-X. Bréchot als Bevollmächtigten,
  • der Schweizer Regierung, vertreten durch D. Klingele als Bevollmächtigten,
  • des Europäischen Parlaments, vertreten durch P. Schonard und R. van de Westelaken als Bevollmächtigte,
  • des Rates der Europäischen Union, vertreten durch E. Sitbon, I. Gurov und K. Michoel als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Martenczuk und G. Wils als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 1 Abs. 3 und Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 des Rates vom 13. Dezember 2004 über Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten (ABl. L 385, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 444/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 (ABl. L 142, S. 1, berichtigt im ABl. L 188, S. 127) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 2252/2004).

Rz. 2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen Herrn Willems, Herrn Kooistra, Frau Roest und Frau Luijk einerseits und dem Burgemeester van Nuth, dem Burgemeester van Skarsterlân, dem Burgemeester van Amsterdam und dem Burgemeester van Den Haag (im Folgenden: Bürgermeister) andererseits über die Weigerung Letzterer, den Klägern der Ausgangsverfahren einen Pass (C-446/12, C-448/12 und C-449/12) oder einen Personalausweis (C-447/12) auszustellen, ohne dass zugleich ihre biometrischen Daten erhoben werden.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rat...

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