Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union. Steuerbefreiungen. Region Brüssel-Hauptstadt. Beiträge für die Lieferung von Elektrizität und Gas

 

Normenkette

AEUV Art. 343

 

Beteiligte

Kommission / Belgien

Europäische Kommission

Königreich Belgien

 

Tenor

1. Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 3 Abs. 2 des Protokolls vom 8. April 1965 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften, das ursprünglich dem Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften beigefügt war und sodann durch den Vertrag von Lissabon als Protokoll Nr. 7 dem EU-Vertrag, dem AEU-Vertrag und dem EAG-Vertrag beigefügt wurde, verstoßen, dass es den Einrichtungen der Europäischen Union keine Befreiung von den Beiträgen, die durch Art. 26 der Ordonnanz über die Organisation des Elektrizitätsmarktes in der Region Brüssel-Hauptstadt (Ordonnance relative à l'organisation du marché de l'électricité en Région de Bruxelles-Capitale) sowie Art. 20 der Ordonnanz über die Organisation des Gasmarktes der Region Brüssel-Hauptstadt (Ordonnance relative à l'organisation du marché du gaz en Région de Bruxelles-Capitale) in der jeweils geänderten Fassung eingeführt wurden, gewährt hat und sich geweigert hat, diese von der Region Brüssel-Hauptstadt erhobenen Beiträge zu erstatten.

2. Das Königreich Belgien trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 4. April 2014,

Europäische Kommission, vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart und I. Martínez del Peral als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Königreich Belgien, vertreten durch J.-C. Halleux, S. Vanrie und T. Materne als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte G. Block, D. Remy und H. Delahaije,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer T. von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter D. Šváby, A. Rosas, E. Juhász (Berichterstatter) und C. Vajda,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. April 2015,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. Juli 2015

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass das Königreich Belgien durch die Nichtgewährung der für die Einrichtungen der Europäischen Union vorgesehenen Befreiung von den Beiträgen, die durch Art. 26 der Ordonnanz über die Organisation des Elektrizitätsmarktes in der Region Brüssel-Hauptstadt (Ordonnance relative à l'organisation du marché de l'électricité en Région de Bruxelles-Capitale) sowie Art. 20 der Ordonnanz über die Organisation des Gasmarktes der Region Brüssel-Hauptstadt (Ordonnance relative à l'organisation du marché du gaz en Région de Bruxelles-Capitale) in der jeweils geänderten Fassung eingeführt wurden, und durch die Weigerung, diese von der Region Brüssel-Hauptstadt erhobenen Beiträge (im Folgenden: streitige Beiträge) zu erstatten, gegen seine Verpflichtungen aus Art. 3 Abs. 2 des Protokolls vom 8. April 1965 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften, das ursprünglich dem Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1967, Nr. 152, S. 13) beigefügt war und sodann durch den Vertrag von Lissabon als Protokoll Nr. 7 dem EU-Vertrag, dem AEU-Vertrag und dem EAG-Vertrag beigefügt wurde (im Folgenden: Protokoll), verstoßen hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 2

Gemäß Art. 28 Abs. 1 des Vertrags zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften und jetzt, nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, gemäß Art. 343 AEUV genießt die Union im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlichen Vorrechte und Befreiungen nach Maßgabe des Protokolls.

Rz. 3

Art. 3 des Protokolls bestimmt:

„Die Union, ihre Guthaben, Einkünfte und sonstigen Vermögensgegenstände sind von jeder direkten Steuer befreit.

Die Regierungen der Mitgliedstaaten treffen in allen Fällen, in denen es ihnen möglich ist, geeignete Maßnahmen für den Erlass oder die Erstattung des Betrages der indirekten Steuern und Verkaufsabgaben, die in den Preisen für bewegliche oder unbewegliche Güter inbegriffen sind, wenn die Union für ihren Dienstbedarf größere Einkäufe tätigt, bei denen derartige Steuern und Abgaben im Preis enthalten sind. Die Durchführung dieser Maßnahmen darf jedoch den Wettbewerb innerhalb der Union nicht verfälschen.

Von den Abgaben, die lediglich die Vergütung für Leistungen gemeinnütziger Versorgungsbetriebe darstellen, wird keine Befreiung gewährt.”

Belgisches Recht

Rz. 4

In der ursprüngli...

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