Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbrechung der Stromversorgung. Zulässigkeit. Preiserhöhung. Fälligkeit der Jahresrechnung. Stromsperre. Zahlungsrückstand. Unbilligkeit von in der Jahresabrechnung enthaltenen Preiserhöhungen

 

Leitsatz (amtlich)

a) Zur Fälligkeit einer - unter Außerachtlassung streitiger oder unwirksamer Preiserhöhungen ermittelten - Teilforderung des Grundversorgers (Klarstellung von BGH, Urt. v. 9.2.2011 - VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1342 Rz. 48).

b) Zur Zulässigkeit einer Unterbrechung der Grundversorgung, wenn der Kunde die erteilte Jahresrechnung mit der Begründung nicht bezahlt, sie enthalte nicht gerechtfertigte Preiserhöhungen.

 

Normenkette

StromGVV § 17 Abs. 1, § 19 Abs. 2; GasGVV § 17 Abs. 1, § 19 Abs. 2

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 18.01.2013; Aktenzeichen I-19 U 53/11)

LG Dortmund (Entscheidung vom 27.01.2011; Aktenzeichen 13 O 46/09)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des OLG Hamm vom 18.1.2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Der Kläger wird von der Beklagten seit August 2005 als Tarifkunde mit Strom versorgt. Die Beklagte erhöhte jeweils zum Anfang der Jahre 2006, 2007 und 2008 ihre Preise. Auf die Jahresrechnung der Beklagten vom 7.11.2008 über 1.311,98 EUR für den Zeitraum bis zum 29.9.2008 leistete der Kläger zunächst keine Zahlungen. Die Beklagte mahnte mehrfach den Zahlungsrückstand unter gleichzeitiger Androhung der Unterbrechung der Stromversorgung an und ließ am 20.4.2009 die Stromsperre vollziehen.

Rz. 2

Der Kläger bestreitet die Richtigkeit und Angemessenheit der Abrechnung, macht die Unbilligkeit von in der Abrechnung enthaltenen Preiserhöhungen geltend und bestreitet auch eine Preisanpassungsberechtigung der Beklagten. Er begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass die Androhung und Durchführung der am 20.4.2009 vorgenommenen Einstellung der Stromversorgung durch die Beklagte rechtswidrig gewesen ist. Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 3

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Rz. 4

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Rz. 5

Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 StromGVV für die am 20.4.2009 erfolgte Unterbrechung der Stromversorgung des Klägers durch die Beklagte hätten vorgelegen. Der Kläger habe sich zu diesem Zeitpunkt mit erheblichen Zahlungspflichten im Rückstand befunden. Der Rückstand habe mindestens 605,48 EUR betragen, wobei die von der Beklagten geltend gemachten Inkassokosten und Mahngebühren noch nicht berücksichtigt seien. Dieser Betrag ergebe sich daraus, dass der Kläger aus der Jahresrechnung der Beklagten vom 7.11.2008 einen Betrag von mindestens 1.005,48 EUR geschuldet habe. Zudem habe er sich mit vier monatlichen Abschlägen von insgesamt 300 EUR in Verzug befunden. Von dem Gesamtrückstand in Abzug zu bringen seien lediglich die am 3.2.2009 und 2.4.2009 insgesamt gezahlten 700 EUR.

Rz. 6

Aufgrund der Jahresabrechnung der Beklagten vom 7.11.2008 habe der Kläger zumindest einen Betrag von 1.005,48 EUR geschuldet. Der Beklagten habe ein Entgelt in dieser Höhe jedenfalls auf der Grundlage der zwischen ihr und dem Kläger bei Vertragsschluss vereinbarten Preise zugestanden. Es sei daher unerheblich, dass der Kläger die Jahresabrechnung der Beklagten vom 7.11.2008 und die hierin enthaltene Preiserhöhung zum 1.1.2008 nach § 315 BGB beanstandet habe. Dieser Einwand habe sich allenfalls auf die nach Vertragsschluss erfolgten Preiserhöhungen, nicht aber auf den vereinbarten Preis auswirken können. Selbst wenn man sämtliche Preiserhöhungen der Beklagten nach Vertragsschluss bei der Berechnung des Zahlungsrückstands i.S.d. § 19 StromGVV unberücksichtigt lasse, verbleibe auf der Grundlage der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Preise ein Zahlungsrückstand i.H.v. mindestens 1.005,48 EUR. Der Einwand des Klägers, dass aufgrund seines Begehrens nach § 315 BGB nicht nur die Preiserhöhung, sondern auch der sog. Preissockel der Billigkeitskontrolle in analoger Anwendung von § 315 BGB unterliege, gehe fehl, da nach der Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließe, bei Energieversorgungsverträgen, zumindest im Bereich der Elektrizitäts- und Gasversorgung, auch dann keine umfassende Billigkeitskontrolle stattfinde, wenn der Versorger eine Monopolstellung innehabe.

Rz. 7

Die Forderung der Beklagten von 1.005,48 EUR sei auch nach § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV fällig. Auch insofern könne dahingestellt bleiben, ob die in der Jahresabrechnung von 7.11.2008 enthaltenen Preiserhöhungen aufgrund von Zweifeln an der Vereinbarkeit von § 5 Abs. 2 StromGVV mit Gemeinschaftsrecht unwirksam seien. Dies hätte nicht zur Folge, dass der gesamte Rechnungsbetrag nicht fällig wäre. Sofern der Entscheidung des BGH vom 9.2.2011 (VIII ZR 295/09) zu entnehmen sein sollte, dass Endabrechnungen, die aufgrund von unwirksamen Preisanpassungen fehlerhafte Preise auswiesen, insgesamt nicht fällig würden, vermöge der Senat dem zumindest bei einem Energielieferungsvertrag im Rahmen der Grundversorgung nicht in dieser Allgemeinheit zu folgen.

Rz. 8

Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt der Androhung und Unterbrechung der Stromversorgung auch in Verzug mit dem oben genannten Zahlungsrückstand befunden. Auch die übrigen Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 StromGVV lägen vor. Insbesondere sei die Unterbrechung nicht unverhältnismäßig i.S.v. § 19 Abs. 2 Satz 2 StromGVV.

II.

Rz. 9

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte zu der am 20.4.2009 beim Kläger vorgenommenen Unterbrechung der Stromversorgung gem. § 19 Abs. 2 StromGVV berechtigt war.

Rz. 10

Nach den von der Revision nicht angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts schuldete der Kläger als Tarifkunde der Beklagten aus der Jahresrechnung vom 7.11.2008 zumindest einen Betrag von 1.005,48 EUR. Diesen Betrag hat das Berufungsgericht errechnet, indem es den bei Vertragsschluss im Jahr 2005 vereinbarten Anfangspreis zugrunde gelegt und die nachfolgenden, vom Kläger angegriffenen Preiserhöhungen unberücksichtigt gelassen hat. Mit Recht hat das Berufungsgericht die jedenfalls insoweit begründete Forderung aus der Rechnung vom 7.11.2008 auch als fällig angesehen und auf dieser Grundlage die weiteren Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 StromGVV für eine Unterbrechung der Stromversorgung des Klägers bejaht. Das Vorbringen der Revision rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Rz. 11

1. § 17 Abs. 1 StromGVV/GasGVV knüpft die Fälligkeit einer nach § 16 StromGVV/GasGVV erteilten Stromrechnung lediglich an deren Zugang beim Abnehmer und an bestimmte Fristen (st.Rspr.; BGH, Urt. v. 16.10.2013 - VIII ZR 243/12, juris Rz. 29; vgl. auch BGH, Urt. v. 22.10.1986 - VIII ZR 242/85, WM 1987, 267 unter II 2b bb; v. 6.12.1989 - VIII ZR 8/89, WM 1990, 608, unter B I 2c; Morell, GasGVV, Stand August 2013, F § 17 Rz. 1 ff.). Einwände gegen die Richtigkeit einer Stromrechnung berechtigen nur unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 2 StromGVV/GasGVV zur Zahlungsverweigerung (BGH, Urt. v. 16.10.2013 - VIII ZR 243/12, a.a.O., Rz. 30 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht gegeben. Das zieht auch die Revision nicht in Zweifel.

Rz. 12

2. Das Bestreiten der Billigkeit der Preisbestimmung des Versorgungsunternehmens fällt nicht unter § 17 Abs. 1 Satz 2 StromGVV/GasGVV (BR-Drucks. 306/06, 37; vgl. BGH, Urt. v. 30.4.2003 - VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131 unter II 2a zu § 30 AVBWasserV; v. 21.11.2012 - VIII ZR 17/12, CuR 2013, 19 Rz. 11 ff. zu § 30 AVBEltV, AVBWasserV und AVBFernwärmeV). Auf die Unbilligkeit von einseitigen Preisfestsetzungen kann sich der Kunde, wie § 17 Abs. 1 Satz 3 StromGVV/GasGVV klarstellt (BR-Drucks. 306/06, 37), jedoch gem. § 315 BGB berufen (Morell, a.a.O., F § 17 Rz. 26).

Rz. 13

a) Ein auf § 315 BGB gestütztes Zahlungsverweigerungsrecht steht dem Kläger hinsichtlich der vom Berufungsgericht als fällig und begründet angesehenen Teilforderung i.H.v. 1.005,48 EUR schon deshalb nicht zu, weil das Berufungsgericht bei der Errechnung der Höhe dieses Betrags - zugunsten des Klägers - alle streitigen Preiserhöhungen außer Betracht gelassen und allein den vereinbarten Anfangspreis zugrunde gelegt hat.

Rz. 14

Deshalb kommt es entgegen der Auffassung der Revision auch nicht darauf an, ob der Beklagten ein Preisanpassungsrecht nach § 5 Abs. 2 StromGVV überhaupt zusteht oder ob diese Bestimmung mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht zu vereinbaren ist, die nach Art. 3 Abs. 5 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b und/oder c der Richtlinie 2003/54 EG an die Transparenz von Preisänderungsklauseln zu stellen sind (dazu Vorlagebeschluss des BGH v. 29.6.2011 - VIII ZR 211/10, RdE 2011, 372).

Rz. 15

b) Ohne Erfolg macht die Revision weiter geltend, dass die vom Berufungsgericht auf der Grundlage der Anfangspreise errechnete Teilforderung jedenfalls deshalb nicht fällig geworden sei, weil der Kläger auch die Billigkeit der Anfangspreise in Abrede gestellt habe. Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei den bei Vertragsbeginn vom Versorger verlangten, allgemein bekannt gemachten Preisen um vereinbarte Preise und ist für eine Billigkeitskontrolle vereinbarter (Gas- oder) Strompreise kein Raum (BGH, Urt. v. 13.7.2011 - VIII ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rz. 36; v. 9.2.2011 - VIII ZR 295/09 NJW 2011, 1342 Rz. 45; vom 19.11.2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rz. 17 ff.). Das Vorbringen der Revision gibt keine Veranlassung, hiervon abzuweichen.

Rz. 16

c) Entgegen der Auffassung der Revision spricht der Regelungszusammenhang der §§ 17, 19 StromGVV nicht gegen, sondern für die Fälligkeit eines von den Einwänden aus § 17 Abs. 1 Satz 2 und 3 StromGVV nicht berührten Sockelbetrags der Abrechnung.

Rz. 17

Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat und auch die Revision einräumt, wird aus der Formulierung des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StromGVV ("soweit") deutlich, dass offensichtliche Fehler in einer Rechnung die Fälligkeit der Forderung nur in dem Umfang hemmen, in dem sich der Fehler auswirkt.

Rz. 18

Für im Hinblick auf § 315 BGB streitige Preisanpassungen gilt nichts anderes. Nach § 19 Abs. 2 Satz 4 bis 6 StromGVV bleiben bei der Berechnung des eine Unterbrechung der Stromversorgung rechtfertigenden Zahlungsrückstands von mindestens 100 EUR nicht nur diejenigen nicht titulierten Forderungen außer Betracht, die der Kunde form- und fristgerecht sowie schlüssig begründet beanstandet hat, sondern auch diejenigen Rückstände, die aus einer streitigen und noch nicht rechtskräftig entschiedenen Preiserhöhung des Grundversorgers resultieren. Auch diese Regelung zeigt, dass Forderungen aus einer Rechnung, die auf einer streitigen oder unwirksamen Preiserhöhung beruhen, nur insoweit bei der Unterbrechung der Versorgung außer Betracht bleiben, als die Forderung auf der Preiserhöhung beruht. Gegen die Fälligkeit des davon nicht erfassten Teils der Forderung bestehen deshalb keine Bedenken.

Rz. 19

Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die Auffassung des Klägers, bei streitigen Preiserhöhungen werde auch eine unabhängig davon bestehende Teilforderung des Versorgers nicht fällig, darauf hinaus liefe, dass der Kunde über lange Zeit Strom beziehen könnte, ohne hierauf irgendwelche Zahlungen leisten zu müssen. Das wäre mit dem Zweck der §§ 17 ff. StromGVV, dem Stromversorger als Korrelat für den ihm auferlegten Kontrahierungszwang und seine grundsätzliche Vorleistungspflicht ein zügiges Inkasso zu ermöglichen, nicht zu vereinbaren.

Rz. 20

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 9.2.2011 (VIII ZR 295/09, a.a.O., Rz. 48) nichts anderes. Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, dass die Fälligkeit der - ohne Berücksichtigung der streitigen Preiserhöhungen ermittelten und insoweit jedenfalls begründeten - Teilforderung der Beklagten zu verneinen wäre.

Rz. 21

Das Berufungsgericht meint im Anschluss an ein Urteil des OLG Koblenz (BeckRS 2012, 15054; ebenso OLG Koblenz, Urt. v. 11.8.2011 - U 585/10 Kart, n.v.), es setze sich mit seiner Auffassung, wonach Forderungen aus einer Endabrechnung eines Energieversorgers, die teilweise auf streitigen und auch unwirksamen Preisanpassungen beruhten, zumindest hinsichtlich des Teils fällig würden, welcher sich auf der Grundlage eines vertraglich vereinbarten Anfangspreises ergebe, in Widerspruch zu den Ausführungen des Senatsurteils vom 9.2.2011 (VIII ZR 295/09, a.a.O.). Das trifft nicht zu. Der Senat hat nicht, wie das Berufungsgericht meint, entschieden, dass die Jahresrechnung eines Versorgers, die teilweise auf unwirksamen Preiserhöhungen beruht, "insgesamt" - d.h. auch hinsichtlich eines jedenfalls gerechtfertigten Teilbetrags - nicht fällig wäre.

Rz. 22

Die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob eine infolge unwirksamer Preisanpassungen überhöhte Rechnung insgesamt oder nur hinsichtlich des überhöhten Teilbetrags nicht fällig ist, spielte im damaligen Senatsurteil keine Rolle. Dort ging es um die Feststellung der mangelnden Fälligkeit von Ansprüchen in bestimmter Höhe für den Erdgasverbrauch, die wegen unwirksamer Preisanpassungen in der geltend gemachten Höhe jedenfalls nicht bestanden und daher in dieser Höhe auch nicht fällig waren. Nur darauf bezieht sich der damalige Feststellungsausspruch. Ob ein (gerechtfertigter) Sockelbetrag dieser Forderungen mit der Abrechnung fällig geworden war oder nicht, war nicht Gegenstand des Feststellungsantrags und der Ausführungen des Senats in den Entscheidungsgründen. Sollten die Ausführungen des Senats anders zu verstehen sein, wird daran nicht festgehalten.

Rz. 23

3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht festgestellt, dass sich der Kläger damit auch unter Berücksichtigung seiner vor der Stromsperre noch geleisteten Teilzahlungen zum Zeitpunkt der Unterbrechung mit einem die Unterbrechung der Stromversorgung rechtfertigenden Betrag in Rückstand befand und auch die weiteren Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 StromGVV vorlagen. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Kläger mit diesem Zahlungsrückstand aufgrund der Mahnungen der Beklagten auch dann in Verzug geraten, wenn die Preiserhöhungen unwirksam waren und die Forderung aus der Jahresrechnung vom 7.11.2008 somit nur hinsichtlich des vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Sockelbetrags bestand.

Rz. 24

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH gerät der Schuldner auch bei der Anmahnung einer Zuvielforderung in Verzug, wenn er die Mahnung als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss und der Gläubiger auch zur Annahme der gegenüber seinen Vorstellungen geringeren Leistung bereit ist; bei einer unverhältnismäßig hohen Zuvielforderung kann das zu verneinen sein (BGH, Urt. v. 9.11.2000 - VII ZR 82/99, BGHZ 146, 24 [35 m.w.N.]).

Rz. 25

Diese Voraussetzungen für den Verzug des Klägers hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei unter Hinweis darauf bejaht, dass die etwaige Zuvielforderung der Beklagten nicht mehr als zehn Prozent der jedenfalls berechtigten Forderung ausmachte und es dem Kläger auch ohne nennenswerten Aufwand möglich gewesen wäre, den zumindest geschuldeten Betrag zu errechnen, weil sämtliche Berechnungsfaktoren in der Rechnung vollständig und verständlich ausgewiesen waren. Gegen diese Sachverhaltswürdigung des Berufungsgerichts wendet sich die Revision vergeblich. Mit ihrer Auffassung, es sei dem Kläger nicht zuzumuten gewesen, einen jedenfalls geschuldeten Betrag zu ermitteln und zu bezahlen, setzt sie nur ihre Sicht der Dinge an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung, ohne Rechtsfehler - etwa übergangenen Sachvortrag - aufzuzeigen.

Rz. 26

b) Vergeblich macht die Revision schließlich geltend, es sei bei streitigen Preiserhöhungen nicht Sache des Kunden, sondern des Versorgers, die Aufspaltung seiner Forderung in eine streitige und eine auf unstreitigen Preisen beruhende Teilforderung gegenüber dem Kunden vorzunehmen.

Rz. 27

Wer ein Zahlungsverweigerungsrecht geltend macht, muss sich nach allgemeinen Grundsätzen selbst Gewissheit über den Umfang seiner Berechtigung zur Zahlungsverweigerung verschaffen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dies dem Schuldner - wie hier dem Kläger - zumutbar ist. Aus § 19 Abs. 2 Satz 6 StromGVV ergibt sich nichts anderes. Die Bestimmung schreibt nur vor, dass Rückstände, die aus streitigen Preiserhöhungen resultieren, bei der Berechnung des die Unterbrechung der Stromversorgung rechtfertigenden Betrages - wie hier geschehen - außer Betracht bleiben, aber nicht, dass der Versorger seine Abrechnung(en) aufzuschlüsseln und die nach Abzug der streitigen Position(en) verbleibende, jedenfalls gerechtfertigte Teilforderung dem Kunden darzulegen hätte, bevor er die Stromversorgung unterbricht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 6398510

BB 2014, 274

NJW 2014, 2024

EBE/BGH 2014, 38

JZ 2014, 139

JuS 2014, 11

MDR 2014, 13

MDR 2014, 136

NJ 2014, 8

RdE 2014, 116

WuM 2014, 149

GuT 2013, 162

CuR 2013, 161

EWeRK 2014, 112

EnWZ 2014, 377

IR 2014, 86

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