Leitsatz (amtlich)

a) Der Einwand des Schuldners, die Unterwerfung der sofortigen Zwangsvollstreckung sei nicht eindeutig genug bestimmt und daher unwirksam, ist kein materiellrechtlicher Einwand gegen den titulierten Anspruch und kann daher nicht nach § 767 Abs. 1 ZPO geltend gemacht werden.

b) Die Möglichkeit des Käufers eines Grundstücks, seinen Anspruch auf lastenfreie Übertragung (§ 434 BGB a.F.) im Falle einer vormerkungswidrigen Belastung mithilfe der Zustimmungsverpflichtung des begünstigten Dritten nach § 888 Abs. 1 BGB durchzusetzen, nimmt ihm nicht das Recht, dem Zahlungsanspruch die Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320 BGB) entgegenzuhalten.

c) Die Einrede des § 320 BGB entsteht mit Vertragsschluss und kann einem Zessionar unabhängig davon entgegengehalten werden, ob die Umstände, die die Einrede bedeutsam werden lassen, vor oder nach der Abtretung eingetreten sind.

 

Normenkette

ZPO § 767 Abs. 1; BGB §§ 320, 404, 888 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 11.07.2002)

LG München II (Urteil vom 20.03.2002)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 19. Zivilsenats des OLG München v. 11.7.2002 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es der Berufung des Beklagten stattgegeben hat.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG München II v. 20.3.2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden gegeneinander aufgehoben.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Mit notariellem Vertrag v. 5.2./5.5.1999 kaufte der Kläger von der R. GmbH Wohnungseigentum zum Preis von 500.000 DM. Wegen der Kaufpreisforderung unterwarf er sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. "Vollstreckbare Ausfertigung dieser Urkunde", so heißt es in dem Vertrag, "ist dem Gläubiger auf dessen Antrag ... zu erteilen". Zuvor ist in dem Vertrag vermerkt, dass der Kaufpreisanspruch an den Beklagten abgetreten worden ist. Am 18.5.1999 wurde zu Gunsten des Klägers eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Am 19.5.1999 wurde wegen einer Steuerforderung gegen die Verkäuferin eine Sicherungshypothek über 311.519,90 DM eingetragen.

Mit Schreiben v. 28.6.2000 erklärte der Kläger gegenüber der Verkäuferin wegen der Sicherungshypothek den Rücktritt vom Vertrag. Er wiederholte den Rücktritt mit Schreiben v. 8.5.2001 gegenüber dem Notar. Der Beklagte ließ sich Vollstreckungsklausel erteilen. Gegen die Zwangsvollstreckung wendet sich der Kläger mit der Vollstreckungsgegenklage.

Das LG hat der Klage insoweit stattgegeben, als es die Zwangsvollstreckung nur Zug um Zug gegen Löschung der Sicherungshypothek für zulässig erachtet hat. Das OLG hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung des Beklagten die Klage vollständig abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Ziel, die Zwangsvollstreckung insgesamt für unzulässig zu erklären, weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hält den Einwand des Klägers, der Beklagte sei weder Inhaber der Forderung noch könne er sich auf die Unterwerfungsklausel im Kaufvertrag berufen, nicht für berechtigt. Die Abtretung der Kaufpreisforderung an den Beklagten ergebe sich aus dem notariellen Kaufvertrag selbst, und der Beklagte sei damit der vollstreckungsrechtlich legitimierte Gläubiger. Dem vollstreckbaren Anspruch könne der Kläger auch nicht die Einrede des nicht erfüllten Vertrages entgegenhalten; denn er habe auf Grund der vorrangigen Auflassungsvormerkung gegenüber der Sicherungshypothek eine "völlig gesicherte Rechtsposition" inne. Im Übrigen werde der Beklagte auch durch § 404 BGB geschützt, da die Sicherungshypothek, auf die die Einrede allenfalls gestützt werden könne, erst nach der Abtretung der titulierten Forderung eingetragen worden sei.

II.

Die Revision führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

1. Die Einwendungen des Klägers gegen das Urteil des LG greifen nicht durch.

a) Als Einwand i. S. d. § 767 Abs. 1 ZPO kommt eine fehlende Aktivlegitimation in Betracht. Das wäre der Fall, wenn der Beklagte nicht Inhaber der titulierten Forderung wäre. Das hat der Kläger zwar ursprünglich einmal behauptet, wird von der Revision aber nicht länger geltend gemacht. Es kommt angesichts des eindeutigen Vertragswortlauts, wonach der Kaufpreisanspruch an den Beklagten abgetreten ist, auch nicht ernsthaft in Betracht.

b) Soweit die Revision rügt, die Unterwerfungserklärung sei unwirksam, da der Gläubiger nicht eindeutig genug bestimmt sei, macht sie keinen Einwand i. S. d. § 767 Abs. 1 ZPO geltend. Denn es handelt sich dabei nicht um einen materiellrechtlichen Einwand gegen den titulierten Anspruch, um den es bei § 767 ZPO allein geht, sondern um die Frage der prozessualen Ordnungsgemäßheit der Unterwerfungserklärung, die im Verfahren nach § 732 ZPO zu klären ist (Wolfsteiner in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 794 Rz. 194; vgl. auch Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 732 Rz. 9; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 794 Rz. 114; s.a. BGH BGHZ 22, 54 [64 f.]).

Soweit der BGH im Falle der Unbestimmtheit des Titels eine auf eine analoge Anwendung des § 767 ZPO gestützte Klage auf Unzulässigkeitserklärung der Zwangsvollstreckung für zulässig erachtet hat (BGH v. 18.11.1993 - IX ZR 244/92, BGHZ 124, 164 = MDR 1994, 1040), so geht es dabei um eine Unbestimmtheit des titulierten Anspruchs selbst. Der BGH hat hier ein Bedürfnis für eine prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 ZPO anerkannt, da es eine Möglichkeit geben sollte, die Vollstreckungsfähigkeit eines zwar der materiellen Rechtskraft nicht fähigen, ansonsten aber nicht wirkungslosen und auch vollstreckungsfähigen Urteils zu beseitigen (BGH v. 18.11.1993 - IX ZR 244/92, BGHZ 124, 164 [170] = MDR 1994, 1040). Der Rechtsbehelf des § 732 ZPO versagt in diesem Fall, da er sich nur gegen die Vollstreckungsklausel richtet und nicht eine rechtskraftfähige Entscheidung über die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung wegen des eigentlichen Mangels, nämlich der infolge der Unbestimmtheit geminderten Wirksamkeit des Titels, herbeiführt. Einen vergleichbaren Unwirksamkeitsgrund macht die Revision hier nicht geltend. Es geht nicht um den titulierten Anspruch, sondern allein um die Frage, ob sich aus dem Titel mit hinreichender Deutlichkeit der Vollstreckungsgläubiger ergibt. Die Prüfung dieser Frage ist dem Klauselerteilungsverfahren vorbehalten und den in diesem Verfahren vorgesehenen Rechtsbehelfen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 750 Rz. 2). Dementsprechend hat der Kläger auch Erinnerung nach § 732 ZPO gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel eingelegt, die das AG indes mit Beschluss v. 29.10.2001 zurückgewiesen hat.

2. Berechtigt sind demgegenüber die Angriffe des Klägers gegen das über die landgerichtliche Entscheidung zu seinen Lasten hinausgehende Urteil des Berufungsgerichts.

a) Zutreffend hat es allerdings einen wirksamen Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag verneint. Unmöglichkeit i. S. d. § 325 BGB a.F. als Rücktrittsgrund scheidet aus. Die relative Unwirksamkeit der eingetragenen Sicherungshypothek (§ 883 Abs. 2 BGB) beschneidet der Verkäuferin nicht die Möglichkeit, den Anspruch des Klägers auf lastenfreie Übertragung zu erfüllen. Für einen Rücktritt nach § 326 BGB a.F. fehlt es nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts an der erforderlichen Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung.

b) Fehlerhaft ist indes die Auffassung des Berufungsgerichts, dem Kläger stehe auch kein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB zu.

3. a) Der Anspruch des Klägers ist auf eine lastenfreie Übertragung des Kaufgegenstandes gerichtet, § 434 BGB a.F. Vorliegend ist das Grundstück nicht lastenfrei. Dies kann der Kläger dem titulierten Kaufpreisanspruch nach § 320 BGB mit der Folge entgegenhalten, dass eine Zwangsvollstreckung nur Zug um Zug gegen Löschung der Sicherungshypothek zulässig ist, § 322 Abs. 1 BGB, § 767 Abs. 1 ZPO.

Der Umstand, dass die Belastung hier vormerkungswidrig ist und dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, seinen Anspruch mithilfe der Zustimmungsverpflichtung des begünstigten Dritten nach § 888 Abs. 1 BGB durchzusetzen, entbindet die Verkäuferin nicht von der Verpflichtung zur lastenfreien Eigentumsübertragung (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1985 - V ZR 153/84, MDR 1986, 661 = WM 1986, 203). § 888 Abs. 1 BGB dient nur dazu, den fortbestehenden Anspruch gegen den Verkäufer (§ 883 Abs. 2 BGB) unter Beachtung des formellen Konsensprinzips (§ 19 GBO) verfahrensrechtlich durchzusetzen.

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Einrede des nicht erfüllten Vertrages auch dem Beklagten als Zessionar entgegengehalten werden. § 404 BGB schützt ihn nur vor solchen Einwendungen, die zur Zeit der Abtretung noch nicht begründet waren. Das ist hier aber nicht der Fall. Die Einrede nach § 320 BGB entsteht mit Vertragsschluss. Sie ist Folge des Synallagmas und stand dem Kläger schon gegenüber der Altgläubigerin zu. Ob die Umstände, die die Einrede bedeutsam werden lassen, hier die Eintragung der Sicherungshypothek, vor oder nach der Abtretung eingetreten sind, ist ohne Belang (BGH v. 29.11.1984 - IX ZR 44/84, BGHZ 93, 71 [79] = MDR 1985, 404; Urt. v. 16.3.1994 - VIII ZR 246/92, NJW-RR 1994, 880 [881]). Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts führte zu der merkwürdigen Konsequenz, dass eine Nichtleistung des Verkäufers dem neuen Gläubiger des Zahlungsanspruchs dann nicht mehr entgegengehalten werden könnte, wenn sich der Verkäufer erst nach der Abtretung dazu entschlossen hat, nicht zu leisten.

c) Nicht zu folgen ist dem Einwand der Revisionserwiderung, dem Kläger sei die Berufung auf das Zurückbehaltungsrecht verwehrt, weil er auf Käufer- und Verkäuferseite aufgetreten sei und von den Steuerschulden der Verkäuferin gewusst habe. Abgesehen davon, dass diese Erwägungen zum Teil auf Tatsachenvortrag gestützt werden, der von dem Berufungsgericht nicht festgestellt worden ist und daher der Beurteilung durch den Senat nicht unterliegt, sind sie auch rechtlich nicht haltbar. Selbst wenn der Kläger Alleingesellschafter der Verkäuferin gewesen sein sollte, obliegt allein dieser die lastenfreie Übertragung des Grundstücks. Als Käufer kann der Kläger dies auch dann geltend machen, wenn er wirtschaftlich hinter der Verkäuferin steht und wenn er zudem weiß, dass Steuerschulden bestehen, die eine Pfändung befürchten lassen. Seine Rechte als Käufer werden dadurch nicht beschränkt, sofern nicht die Voraussetzungen des § 439 BGB a.F. vorliegen. Etwas anderes mag dann gelten, wenn der Käufer die Belastung treuwidrig initiiert hat, um die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erheben zu können. Das ist hier aber nicht der Fall.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1101270

DB 2004, 1420

BGHR 2004, 506

NJW-RR 2004, 1135

DNotI-Report 2004, 45

WM 2004, 1601

WuB 2004, 863

WuB 2004, 895

ZfIR 2004, 394

DNotZ 2004, 464

InVo 2004, 239

MDR 2004, 471

NotBZ 2004, 104

RÜ 2004, 116

RNotZ 2004, 228

LL 2004, 656

ProzRB 2004, 186

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