Normenkette

GKG § 36 Abs. 2-3, § 66 Abs. 1; GKVerz Nr. 1242

 

Verfahrensgang

BGH (Beschluss vom 13.10.2020; Aktenzeichen VI ZR 348/20)

OLG Celle (Entscheidung vom 09.03.2020; Aktenzeichen 1 U 28/18)

LG Lüneburg (Entscheidung vom 14.02.2018; Aktenzeichen 2 O 92/16)

 

Tenor

Die Erinnerung der Klägerin gegen die Kostenrechnung des Bundesgerichtshofs vom 18. November 2020 - Kassenzeichen 780020149278 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Rz. 1

Die Klägerin wendet sich gegen die in Ansatz gebrachten Gerichtsgebühren für die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen von zwei Beklagten.

Rz. 2

Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 1 und 2 Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Behandlung geltend gemacht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 13. Oktober 2020 das Urteil des Berufungsgerichts insoweit aufgehoben, als die Klage gegen die Beklagte zu 1 wegen der behaupteten Behandlungsfehler abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung hat der Senat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Im Übrigen hat er die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Rz. 3

Mit Kostenrechnung vom 18. November 2020 wurde wegen der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beklagten zu 2 eine 2,0-Gebühr nach Nr. 1242 des Kostenverzeichnisses (KV) zum GKG aus dem Streitwert von 110.000 € angesetzt. Gegen diesen Ansatz wendet sich die Klägerin mit Schreiben vom 18. November 2020 und führt zur Begründung aus, dass nicht berücksichtigt worden sei, dass sie mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Beklagte zu 1 erfolgreich gewesen sei.

Rz. 4

Die Kostenbeamtin hat das Schreiben als Erinnerung nach § 66 GKG ausgelegt und der Erinnerung mit Vermerk vom 29. März 2021 nicht abgeholfen.

II.

Rz. 5

Die gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG zulässige Erinnerung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht wurde in der Kostenrechnung vom 18. November 2020 eine 2,0-Gebühr aus dem Streitwert von 110.000 € angesetzt.

Rz. 6

1. Über die Erinnerung entscheidet gemäß § 1 Abs. 5, § 66 Abs. 6 GKG der Einzelrichter (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2017 - II ZB 25/16, NJOZ 2019, 448 Rn. 6 mwN).

Rz. 7

2. Nach Nr. 1242 KV der Anlage 1 zum GKG entsteht eine 2,0-Gebühr in einem Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels, soweit die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Soweit der Beschwerde stattgegeben wird, entsteht keine Gebühr. Wird der Beschwerde teilweise stattgegeben und wird sie teilweise zurückgewiesen, bemisst sich der Wert des Beschwerdegegenstands für die Gebühr nach Nr. 1242 KV der Anlage 1 zum GKG nach dem Wert des erfolglosen Teils der Beschwerde (BGH, Beschluss vom 25. November 2015 - II ZR 384/13, NJW-RR 2016, 189 mwN; Binz/Dörndorfer/Zimmermann-Zimmermann, GKG, 5. Aufl., KV 1242 Rn. 2).

Rz. 8

Dieser Ansatz widerspricht nicht § 36 Abs. 2 und 3 GKG. Nach § 36 Abs. 2 und 3 GKG dürfen, wenn Gebühren für einzelne Teile des Streitgegenstands in demselben Rechtszug für gleiche Handlungen oder nach verschiedenen Gebührensätzen zu erheben sind, keine höheren Gebühren berechnet werden, als sich nach dem Gesamtbetrag der einzelnen Wertteile oder dem höchsten für den Gesamtbetrag der Wertteile anzusetzenden Gebührensatz ergeben. Dieser Grundsatz ist die Grundlage der von der Klägerin angeführten "Baumbachschen Formel". Allerdings führt die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde gegenüber dem Beklagten zu 2 und die Zurückverweisung des Rechtsstreits gegen die Beklagte zu 1 an das Berufungsgericht zu einer Trennung des ursprünglich einheitlichen Verfahrens. Der Teil des Beschwerdeverfahrens über die Nichtzulassung der Revision, der durch Zurückweisung abgeschlossen ist, bildet mit der Beschwerde im Übrigen keine Einheit mehr, mit der Folge, dass Gebühren im Prozessrechtsverhältnis zu jedem Beklagten gesondert anfallen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 2006 - VII ZR 166/05, NJW-RR 2007, 418). Bei einer solchen Aufspaltung des Verfahrens ist es möglich, dass insgesamt höhere Kosten entstehen als bei einem einheitlichen Erfolg der Nichtzulassungsbeschwerde oder ihrer Zurückweisung im Ganzen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2015 - II ZR 384/13, NJW-RR 2016, 189 mwN). Der durch die Aufspaltung des Verfahrens entstehende Mehraufwand rechtfertigt jedoch den gesetzlich vorgesehenen gesonderten Gebührenansatz (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. November 2015 - II ZR 384/13, NJW-RR 2016, 189 und vom 28. September 2006 - VII ZR 166/05, NJW-RR 2007, 419, 420 Rn. 10).

Rz. 9

3. Der Senat hat im Beschluss vom 13. Oktober 2020 den Streitwert für das Verfahren auf bis 110.000 € festgesetzt. Da die Klägerin die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner in Anspruch genommen hat, beträgt bei einer Aufspaltung des Verfahrens durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beklagten zu 2 und Zurückverweisung des Rechtsstreits gegen die Beklagte zu 1 an das Berufungsgericht der Streitwert für jeden Verfahrensteil 110.000 €. Die 2,0-Gebühr nach Nr. 1242 KV der Anlage 1 des GKG für die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beklagten zu 2 wurde daher zu Recht aus dem Streitwert von 110.000 € berechnet.

III.

Rz. 10

Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 Satz 1 GKG).

Linder

 

Fundstellen

Haufe-Index 15225529

AGS 2021, 514

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