Leitsatz (amtlich)

Ein im Vergütungsfestsetzungsverfahren festzusetzender Vergütungsanspruch des Betreuers kann sich nur für den Zeitraum der Betreuerbestellung ergeben. Für einen Zeitraum, der zwischen dem Ablauf einer vorläufigen Betreuung und der Betreuerbestellung in der Hauptsache liegt, kommt ein solcher Anspruch deshalb nicht in Betracht.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 1836 Abs. 1, § 1908i Abs. 1 S. 1; VBVG § 1 Abs. 2 S. 2; FamFG § 292 Abs. 1, § 168 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Beschluss vom 28.03.2013; Aktenzeichen 4 T 5/13)

AG Mannheim (Entscheidung vom 11.12.2012; Aktenzeichen Gri 2 XVII 1062/11)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Mannheim vom 28.3.2013 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.

Beschwerdewert: 108 EUR

 

Gründe

I.

Rz. 1

Die Beteiligten streiten um Betreuervergütung.

Rz. 2

Der Betroffene leidet an einer chronischen paranoiden Psychose und einer Minderbegabung. Das AG ordnete mit einstweiliger Anordnung vom 9.9.2011 eine bis zum 9.3.2012 befristete Betreuung mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung an. Der Beteiligte zu 1) wurde zum vorläufigen Betreuer bestellt. Am 31.1.2012 regte dieser die Einrichtung einer dauerhaften Betreuung an. Das AG holte hierzu ein Sachverständigengutachten ein, aus dem sich die Notwendigkeit einer dauerhaften Betreuung ergab. Dieses Gutachten übersandte das AG mit Verfügung vom 15.3.2012 an den Beteiligten zu 1) zur Kenntnis- und Stellungnahme sowie mit der Bitte, das Gutachten mit dem Betroffenen zu besprechen. Der Beteiligte zu 1) entsprach dieser Bitte. Mit Beschluss vom 17.4.2012 wurde die Betreuung in der Hauptsache eingerichtet und der Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Betreuer) zum Betreuer mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung bestellt.

Rz. 3

Dem Antrag des Betreuers, seine Vergütung für den Zeitraum vom 10.9.2011 bis 30.9.2012 auf 3.077,80 EUR festzusetzen, hat das AG nur i.H.v. 2.970 EUR stattgegeben, da er nicht für den gesamten Zeitraum zum Betreuer bestellt gewesen sei. Das LG hat die Beschwerde des Betreuers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich seine zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der er weiterhin die Festsetzung seiner Vergütung in der beantragten Höhe erstrebt.

II.

Rz. 4

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

Rz. 5

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Voraussetzung für die Bewilligung einer Betreuervergütung aus der Staatskasse sei die wirksame Betreuerbestellung. Daher sei eine Vergütungsfestsetzung erst für die Zeit ab der wirksamen Betreuerbestellung möglich. Der Zeitraum vom 10.3.2012 bis zum 17.4.2012, der vor der Bestellung zum Betreuer liege, sei deshalb nicht vergütungsfähig. Darauf, ob und ggf. von wem die Unterbrechung der Betreuung verschuldet worden sei, komme es nicht an, da es an einem den Vergütungsanspruch auslösenden Akt fehle. Soweit in der Rechtsprechung vertreten werde, dass es der Staatskasse nach § 242 BGB verwehrt sein könne, sich auf die mangelnde Bestellung eines Betreuers zu berufen, wenn dessen Dienste in Anspruch genommen worden seien, werde dabei auf den Einzelfall abgestellt. Einer solchen, von Billigkeitserwägungen getragenen Beurteilung sei nicht zu folgen, weil das Verfahren nach §§ 292, 168 FamFG weitgehend formalisiert sei. Eine Prüfung anderer Anspruchsgrundlagen, aus denen sich ein Vergütungsanspruch des Betreuers ergeben könne, finde deshalb ebenfalls nicht statt.

Rz. 6

2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Rz. 7

a) Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen einem Betreuer für einen Zeitraum, für den es vorübergehend an der Betreuerbestellung fehlt, ein im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach den §§ 292 Abs. 1, 168 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FamFG festzusetzender Anspruch zustehen kann, wird nicht einheitlich beurteilt.

Rz. 8

Nach einer Auffassung ergibt sich ein Anspruch aus einer analogen Anwendung von § 1 Abs. 2 Satz 2 VBVG, wenn der Betreuungsbedarf für den betroffenen Zeitraum feststeht, das Betreuungsgericht zwar pflichtwidrig untätig geblieben ist, jedoch einen Vertrauenstatbestand für den Fortbestand der Betreuung gesetzt hat (LG Bayreuth Beschl. v. 4.3.2011 - 42 T 3/11 - juris Rz. 12 f.). Zum Teil wird auch angenommen, der Vergütungsanspruch könne sich in derartigen Fällen aus Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben. Die Höhe der geschuldeten und im Festsetzungsverfahren zu berücksichtigenden Vergütung entspreche der üblichen Vergütung und damit den nach den Vorschriften des Betreuervergütungsgesetzes pauschalierten Stundensätzen (LG Cottbus FamRZ 2004, 401, 402).

Rz. 9

Eine andere Ansicht stellt formal auf die fehlende Betreuerbestellung ab und verneint eine Vergütung für eine davor liegende Tätigkeit (OLG Schleswig NJW-RR 1999, 660; zum Vormund: Wagenitz in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 1836 Rz. 3; Jürgens/v. Crailsheim Betreuungsrecht § 1836 BGB Rz. 5 m.w.N.).

Rz. 10

b) Der Senat teilt die zuletzt genannte Auffassung. Nach §§ 1836 Abs. 1, 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB, § 1 Abs. 2 Satz 2 VBVG kann ein Betreuer eine Vergütung nur verlangen, wenn er wirksam bestellt ist (zum Vormund: Wagenitz in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 1836 Rz. 3 m.w.N.). Fehlt es hieran, liegt ein im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach §§ 292 Abs. 1, 168 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FamFG festzusetzender Vergütungsanspruch nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zwar auch im Vergütungsfestsetzungsverfahren zur Anwendung zu bringen. Das kann etwa zur Folge haben, dass es dem Schuldner der Vergütung verwehrt ist, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen (BGH, Beschl. v. 5.11.2014 - XII ZB 186/13, FamRZ 2015, 248 Rz. 19 f.). Billigkeitserwägungen vermögen indessen keinen im Vergütungsfestsetzungsverfahren zu berücksichtigenden Anspruch zu begründen. Ob dem Betreuer aufgrund einer anderen Anspruchsgrundlage eine Vergütung zusteht, kann offen bleiben, da im Vergütungsfestsetzungsverfahren nur Ansprüche geprüft werden können, die ihren Grund im Vergütungsrecht haben. Dies ist bei Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Amtshaftung nicht der Fall.

 

Fundstellen

Haufe-Index 9397925

DStR 2016, 1775

DStRE 2016, 1534

FamRZ 2016, 1072

FuR 2016, 477

NJW-RR 2016, 707

FGPrax 2016, 169

JurBüro 2016, 376

BtPrax 2016, 154

JZ 2016, 446

MDR 2016, 734

Rpfleger 2016, 563

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