Die Abnahme setzt die "Abnahmereife" der Werkleistung voraus. Diese liegt dann vor, wenn das hergestellte Werk vertragsgemäß ist und keine wesentlichen Mängel aufweist. Liegt Abnahmereife vor, ist der Besteller zur Abnahme verpflichtet. Auch wenn es noch an der "Abnahmereife" fehlt, hindert dies den Besteller nicht daran, bereits zu diesem Zeitpunkt die ausdrückliche Abnahme zu erklären.[1] Allerdings muss der Wille des Bestellers wegen der erheblichen Konsequenzen der Abnahme insoweit unzweifelhaft und eindeutig zum Ausdruck kommen.[2]

Unwesentliche Mängel

Die Abnahme kann nicht verweigert werden, wenn das Werk lediglich unwesentliche Mängel aufweist. In Beantwortung der Frage, ob ein Mangel wesentlich oder unwesentlich ist, sind stets die Maßgaben des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen und die Interessen der beiden Vertragsparteien abzuwägen. Für den Besteller ist die Abnahme trotz vorhandener Mängel dann zumutbar, je geringer die Abweichung von dem vertraglichen Bau-Soll ist. Maßgeblich ist stets das Bau-Soll und damit die spezifischen Vereinbarungen der Vertragsparteien. Insoweit kann auch eine Leistung mangelhaft sein und zur Abnahmeverweigerung berechtigen, die den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Wird also eine vom Besteller vorgegebene Art und Weise der Bauausführung nicht beachtet, ist die Werkleistung trotz Einhaltung technischer Vorgaben mit einem wesentlichen Mangel behaftet.

Für die Abgrenzung zwischen wesentlichem und unwesentlichem Mangel sind folgende Kriterien zu prüfen:[3]

  • Höhe der Mängelbeseitigungskosten bzw. Umfang der Mängelbeseitigungsmaßnahmen,
  • Auswirkungen des Mangels auf die Funktionsfähigkeit der Gesamtwerkleistung und
  • Ausmaß (ggf. nur optische Beeinträchtigung).

Sicherheitsrelevante Abweichungen vom Bau-Soll stellen stets einen wesentlichen Mangel dar. Dies gilt auch dann, wenn der Aufwand für die Mängelbeseitigung in Bezug auf die Gesamtbausumme nur einen verschwindend kleinen Bruchteil ausmacht.

 
Praxis-Beispiel

Das fehlende Geländer

Der Bauträger errichtet eine Wohnanlage. Am Treppenlauf vom 1. zum 2. Obergeschoss fehlt das Treppengeländer. Auch wenn hier das Treppengeländer für einige Hundert Euro nachgerüstet werden kann, kann die Abnahme berechtigt verweigert werden. Ein fehlendes Treppengeländer birgt erhebliche Gefahren für Leib und Leben.

Zweifellos kann auch eine Vielzahl unwesentlicher Mängel einen wesentlichen Mangel darstellen, der zur Abnahmeverweigerung berechtigt.

[3] OLG München, Urteil v. 15.1.2008, 13 U 4378/07, BauR 2008 S. 1163.

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