6.1.1 Erhaltungsmaßnahmen

 
Praxis-Beispiel

Fall 1: Unvollständige und verzögerte Instandsetzung

Im Bereich einer vermieteten Wohnungseigentumseinheit kommt es zu Feuchtigkeitsschäden am Gemeinschaftseigentum. Die Wohnungseigentümer beschließen entsprechende Erhaltungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahmen. Der Verwalter beauftragt einen Architekten bezüglich der Ausarbeitung eines geeigneten Sanierungskonzepts und anschließend ein Fachunternehmen mit der Durchführung der Maßnahmen. Nach Abschluss der Arbeiten teilt das Unternehmen mit, dass die Feuchtigkeit nicht vollständig beseitigt sei. Die betroffene Wohnungseigentümerin gibt ein Privatgutachten in Auftrag. Auch der Sachverständige bestätigt, dass Feuchtigkeit vorhanden ist. Das Gutachten wird dem Verwalter übergeben. Erstmals nach 2 1/2 Jahren setzt er die übrigen Wohnungseigentümer hierüber im Rahmen einer Eigentümerversammlung in Kenntnis. Die Wohnung ist mittlerweile unbewohnbar. Die Wohnungseigentümerin macht nun Schadensersatzansprüche wegen des Mietausfalls und der Kosten des Privatgutachters in Höhe von 15.000 EUR geltend.

6.1.1.1 Alte Rechtslage

Durch die fehlerhafte Planung seitens des beauftragten Architekten, insbesondere aber infolge der verzögerten Bearbeitung der Angelegenheit durch den Verwalter, ist der vermietenden Wohnungseigentümerin ein Schaden entstanden. Wie der BGH[1] aktuell in Fortführung seiner Rechtsprechung[2] zur bislang noch geltenden Rechtslage klargestellt hat, trifft die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keine Haftung. Der mit dem Architekten abgeschlossene Vertrag ist ein solcher mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, nämlich der Wohnungseigentümer. Aus diesem Grund bestehen keine Ansprüche etwa geschädigter Wohnungseigentümer gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, sondern nur Ansprüche gegenüber dem beauftragten Sonderfachmann. Auch wegen der Pflichtverletzung des Verwalters bestehen keine Ansprüche gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, sondern ausschließlich gegen den Verwalter. Dies wird sich in Zukunft ändern.

6.1.1.2 Neue Rechtslage

 

Neu: Auch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer haftet geschädigten Wohnungseigentümern

Da die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums nach § 18 Abs. 1 WEG n. F. der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegt, wird sie künftig auch als Anspruchsgegnerin für geschädigte Wohnungseigentümer infrage kommen, und zwar sowohl was Pflichtverletzungen des Verwalters betrifft, als auch Pflichtverletzungen seitens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beauftragter Sonderfachleute oder Fachunternehmen. Letztere werden als deren Erfüllungsgehilfen tätig.

Auf Grundlage des Beispielfalls 1 ergibt sich Folgendes:

  • Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer haftet den Wohnungseigentümern für Pflichtverletzungen des Verwalters entsprechend § 31 BGB. Die Bestimmung entstammt dem Vereinsrecht, wonach der Verein für Pflichtverletzungen u. a. seines Vorstands haftet und findet im Bereich des Wohnungseigentumsrechts entsprechende Anwendung. Freilich kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer den Verwalter entsprechend in Regress nehmen. Anspruchsgrundlage für die geschädigten Wohnungseigentümer stellt die Bestimmung des § 280 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB dar.[1] Hintergrund ist die gesetzliche Neuregelung, dass die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums gemäß § 18 Abs. 1 WEG n. F. der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegt und der Verwalter insoweit als (Ausführungs-)Organ fungiert. Die Pflicht zur Durchführung der Beschlüsse obliegt also der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, auch wenn im Innenverhältnis der Verwalter hierzu verpflichtet ist. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist also selbst verpflichtet, den Verwalter zur Erfüllung seiner Pflicht anzuhalten und haftet, wenn sie dem nicht nachkommt[2] nach § 280 BGB oder ihr wird das Verhalten des Verwalters in analoger Anwendung von § 31 BGB zugerechnet.[3]

    Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer haftet daneben den Wohnungseigentümern für Pflichtverletzungen der von ihr beauftragten Handwerker, Fachunternehmen sowie Sonderfachleuten und anderen Dienstleistern, da diese als Erfüllungsgehilfen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer fungieren. Die Haftung folgt insoweit den §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB i. V. m. § 278 BGB.

  • Der Verwalter soll den Wohnungseigentümern im Fall von Schadensersatz begründenden Pflichtverletzungen nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter weiterhin gegenüber haften. Dies passt sich zwar nicht schlüssig in das System des Vertrags mit Schutzwirkung ein, da den Wohnungseigentümern gegenüber die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Haftungssubjekt zur Verfügung steht. Allerdings stellt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer immer noch einen Verband sui generis dar und die unmittelbare Haftung des Verwalters bietet mit Blick auf seine Versicherungspflicht selbstverständlich einen besonderen Vorteil.[4]
  • Die von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer b...

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