1 Leitsatz

Hat ein Verwalter Pflichten vor dem Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 verletzt, ist auf den Schadensersatzanspruch eines Wohnungseigentümers das vor diesem Zeitpunkt geltende materielle Recht anzuwenden, auch dann, wenn sich die Schadensentwicklung nach dem 1.12.2020 fortgesetzt hat, es aber an einer weiteren Pflichtverletzung fehlt.

2 Normenkette

§ 26 WEG

3 Das Problem

Wohnungseigentümer K verlangt die Feststellung, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer B wegen eines Wassereintritts in sein Sondereigentum im Frühjahr 2020 und für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten haftet. Das AG weist die Klage ab. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hafte nicht für etwaige Pflichtverletzungen des Verwalters, da der Schaden bereits vor dem 1.12.2020 eingetreten sei und zu diesem Zeitpunkt eine Verantwortlichkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer noch nicht bestanden habe. Hiergegen richtet sich die Berufung des K. Er ist weiter der Auffassung, eine Verantwortlichkeit der B für Pflichtverletzungen von Dritten habe auch schon im alten Recht bestanden. Im Übrigen sei die Schadensentwicklung am 1.12.2020 noch nicht abgeschlossen gewesen, insbesondere die Entwicklung der Schimmelschäden und der gesundheitsschädlichen Schimmelsporen sei erst im Rahmen der Abtrocknung der Wasserschäden im Jahr 2021 entstanden.

4 Die Entscheidung

Das LG sieht das nicht so! Zu Recht und mit zutreffender Begründung habe das AG ausgeführt, dass bis zum 30.11.2020 keine Ansprüche gegen B bestanden hätten. Denn die Ansprüche beruhten entweder darauf, dass bei der Fassadenrenovierung, welche unstreitig vor dem 1.12.2020 durchgeführt worden sei, die Arbeiten nicht sachgerecht ausgeführt worden seien. Oder aber (auch) darauf, dass ein X, der erste Feststellungen im Rahmen einer Schadensfeststellung wegen des Wasserschadens getroffen habe, nicht für eine unverzügliche Trocknung gesorgt habe, weshalb es zu einer Schadensvertiefung gekommen sei. Auch X sei jedoch vor dem 1.12.2020 tätig geworden. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sei im alten Recht aber eine Aufgabe der Wohnungseigentümer, des Verwalters und im Fall der Bestellung eines Verwaltungsbeirates auch dessen Pflicht gewesen, nicht aber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Die Entdeckung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer habe daran nichts geändert. Auch die WEG-Reform 2020 habe hieran nichts geändert. Insoweit berufe sich die Berufung vergeblich darauf, dass sich der Schaden nach dem 1.12.2020 intensiviert habe. Wenn sich durch die Gesetzesreform die Pflichtenkreise der Beteiligten verschöben, könne eine vor der Reform begangene Pflichtverletzung, die nicht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zuzurechnen sei, nicht dazu führen, dass bei einer Schadensvertiefung zum Zeitpunkt nach der Reform die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ersatzpflichtig werde. Insoweit habe die Kammer bereits entschieden, dass bei einem abgeschlossenen Schadensereignis das im behaupteten Schädigungszeitpunkt geltende Recht anzuwenden sei. Ebenso habe der BGH entschieden, dass für Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter das alte Recht anwendbar sei, wenn der zu entscheidende Sachverhalt am 1.12.2020 abgeschlossen gewesen sei (Hinweis auf BGH, Urteil v. 10.12.2021, V ZR 32/21). Nichts Anderes gelte, wenn sich die Schadensentwicklung nach dem 1.12.2020 fortgesetzt habe, es aber an einer weiteren Pflichtverletzung fehle.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es um die Frage, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für Pflichtverletzungen der Verwaltung haftet, die vor dem 1.12.2020 wurzeln.

Haftung vor dem 1.12.2020 und nach dem 30.11.2020

Das LG meint einerseits, für Pflichtverletzungen des Verwalters und/oder der Wohnungseigentümer oder der Verwaltungsbeiräte hafte ab 1.12.2020 die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Dies entspricht der herrschenden Meinung. Eine Rückwirkung soll hingegen nicht vorstellbar sein. Auch dies entspricht der herrschenden Meinung. Denn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hatte keine Möglichkeit, auf diese neuen Organe einzuwirken, und kann daher nicht in die Haftung genommen werden.

Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?

Es wird diskutiert, ob die Verwaltungen etwaige Schadensersatzansprüche gegen sich selbst nach § 28 Abs. 4 Satz 1 WEG in den Vermögensbericht aufnehmen müssen. Ich selbst bejahe diese Pflicht. Außerdem sollten bei Schadensersatzansprüchen die Wohnungseigentümer und der Verwaltungsbeirat informiert werden.

6 Entscheidung

LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 6.10.2023, 2-13 S 109/22

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