rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abfall. Abfallbeseitigung. Abfallgebühr. Abfallvermeidung. Abfallverwertung. Äquivalenzprinzip. Anreizgebot. Antragsbefugnis. Behältervolumenmaßstab. Benutzungsgebühr. Bestimmtheit. degressiv. Differenzierung. Durchschnittswerte. Gebührenmaßstab. Gebührensatzung. Gleichheitsgrundsatz. Inanspruchnahme. leistungsgerecht. Maßstab. Satzung. Satzungsermessen. Selbstverwaltungsgarantie. Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Wirklichkeitsmaßstab. Abfallbeseitigungsrechts. Normenkontrollverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei kommunalen Gebühren ist der Satzungsgeber im Ausgangspunkt frei, einen geeigneten Gebührenmaßstab nach seinem Satzungsermessen zu wählen.

2. Das Äquivalenzprinzip des § 12 Abs. 4 ThürKAG, das eine leistungsgerechte Differenzierung der Gebühr fordert, ersetzt dieses Satzungsermessen nicht vollständig zugunsten strikter Vorgaben, sondern schränkt es nur ein. Der Satzungsgeber ist deshalb nicht verpflichtet, ohne Rücksicht auf den Verwaltungsaufwand und die Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Gebührenmodells oder ungeachtet nachteiliger Auswirkungen auf die Erfüllung der Aufgabe der Abfallentsorgung einen Wirklichkeitsmaßstab zu wählen. Er ist ebensowenig verpflichtet, denjenigen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu wählen, der dem wirklichen Maß der Inanspruchnahme am nächsten kommt.

3. Auch das abfallrechtliche Gebot des § 4 Abs. 4 ThAbfAG, bei der Bemessung der Gebühr Anreize zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen zu schaffen, schränkt das Satzungsermessen ein, ohne es zugunsten strikter Vorgaben zu ersetzen. Es lässt auch bei der Abfallgebühr geeignete Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe zu.

4. Ein personenbezogener Behältervolumenmaßstab mit der Möglichkeit der Wahl zwischen standardisierten Behältergrößen und ein- oder zweiwöchentlicher Entleerung ist bei Abfallgebühren grundsätzlich zulässig.

5. Das Anreizgebot des § 4 Abs. 4 ThAbfAG erfordert aber eine Differenzierung der Abfallgebühr, die den Gebührenschuldnern gerade für überdurchschnittliche individuelle Anstrengungen zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen spürbare finanzielle Vorteile bietet. Bei einem Behältervolumenmaßstab muss der Gebührenschuldner weitgehend selbst bestimmen können, welches Volumen er regelmäßig in Anspruch nehmen will. Er muss insbesondere in der Lage sein, ein Volumen zu wählen, das sich an einer strikt den Zielen der Abfallvermeidung und Abfallverwertung folgenden Haushaltsführung und Lebensweise orientiert. Diese Wahlmöglichkeit findet ihre Grenze erst dort, wo der Satzungsgeber auf Grund des ihm verbleibenden Satzungsermessens ein standardisiertes Mindestvolumen fest legen darf um insbesondere der Gefahrordnungswidriger Abfallbeseitigung zu begegnen.

6. Eine Abfallgebührensatzung verstößt gegen § 4 Abs. 4 ThAbfAG, wenn sie so unklar und verwirrend ist, dass sie keine nachhaltigen Impulse zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen zu geben vermag. Der Gebührenpflichtige muss im Fall eines personenbezogenen Behältervolumenmaßstabs im Zeitpunkt der Wahl des Behältervolumens die Wahlmöglichkeiten und die damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteile zuverlässig erkennen können.

 

Orientierungssatz

Abfallbeseitigungsrecht

 

Normenkette

ThürAbfAG § 4 Abs. 4 idFv 1991; ThürKAG § 12 Abs. 4; VwGO § 47 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 28 Abs. 2

 

Tenor

§ 4 Absatz 2 Sätze 1 und 2 der Gebührensatzung für die Abfallentsorgung in der Stadt Erfurt (AbfGebEft) der Antragsgegnerin in der Fassung der Änderungssatzung vom 21.07.1993 (Amtsblatt der Stadt Erfurt vom 03.09.1993; Bekanntmachung der Neufassung im Amtsblatt der Stadt Erfurt vom 15.10.1993) und in der Fassung der Änderungssatzung vom 25.10.1995 (Amtsblatt der Stadt Erfurt vom 15.12.1995) werden für nichtig erklärt. Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag abgelehnt.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der jeweils festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Antragsteller zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks D_____ in E_____. Er begehrt im Wege der Normenkontrolle die Feststellung der Nichtigkeit des § 8 Abs. 11 Satz 1 der Satzung der Antragsgegnerin über die Vermeidung, Verwertung und sonstige Entsorgung von Abfällen in der Stadt Erfurt – Abfallwirtschaftssatzung (AbfwS) vom 19.01.1994 (Amtsblatt der Stadt Erfurt vom 25.02.1994) und des § 4 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Gebührensatzung der Antragsgegnerin für die Abfallentsorgung in der Stadt Erfurt (AbfGebEft) vom 25.09.1991 (Amtsblatt der Stadt Erfurt vom 23.12.1991) in der Fassung der Änderungssatzung vom 21.07.1993 (Amtsblatt der Stadt Erfurt vom 03.09.1993) und in der Fassung der Änderungssatzung vom 25.10.1995 (Amtsblatt der Stadt Erfurt vom 15.12.1995).

Nach § 4 AbfwS sind die Eigentümer von im Gebiet der Stadt Erfurt liegenden, zu Wohnz...

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