9.1 Änderung/Ergänzung einer Vereinbarung

Die Wohnungseigentümer sind befugt, die Vereinbarungen, die ihre Gemeinschaftsordnung bilden, jederzeit wieder durch eine andere Vereinbarung zu ändern oder zu ergänzen. Eine solche Vereinbarung ist formfrei und muss nicht zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden. Eine neue Vereinbarung bindet einen Sondernachfolger gem. § 10 Abs. 3 Satz 1 WEG aber nur dann, wenn sie nach § 5 Abs. 4 Satz 1 WEG (wieder) zum Inhalt des Sondereigentums gemacht wird. Der damit verbundenen Inhaltsänderung müssen nach § 5 Abs. 4 Satz 2 WEG die Berechtigten einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld sowie einer Reallast nicht zustimmen. Für andere dinglich Berechtigte gilt dies allerdings nicht. Bei ihnen ist also zu prüfen, ob eine Änderung ihre Rechte entsprechend §§ 876, 877 BGB beeinträchtigt.[1] Die Wohnungseigentümer können vereinbaren, dass nur ein Wohnungseigentümer, beispielsweise der aufteilende Eigentümer, intern und gegenüber dem Grundbuchamt der Änderung einer Vereinbarung, z. B. einer Benutzungsvereinbarung, zustimmen muss (Änderungsvorbehalt).[2] Der aufteilende Eigentümer kann sich so insbesondere die "Zuweisung" und/oder Änderung von Sondernutzungsrechtsvereinbarungen[3] und/oder die Änderung von Vereinbarungen nach §§ 1 Abs. 2, Abs. 3, 10 Abs. 1 Satz 2 WEG vorbehalten.

9.2 Beschlüsse aufgrund einer Öffnungsklausel

Haben die Wohnungseigentümer eine Öffnungsklausel vereinbart, die von ihrem Anwendungsbereich eine bestimmte Vereinbarung der Gemeinschaftsordnung erfasst, kann diese Vereinbarung durch einen Beschluss geändert werden. Der Beschluss – präziser: die geänderte Vereinbarung – wirkt gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nach § 10 Abs. 3 Satz 1 WEG aber nur, wenn er nach § 5 Abs. 4 Satz 1 WEG als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen ist (= wenn aus den Grundbuchakten erkennbar ist, dass und in welcher Weise eine Vereinbarung geändert worden ist).

 

Eintragung

Für die Eintragung dieses Beschlusses gelten keine Besonderheiten. § 7 Abs. 2 Satz 1 WEG gewährt aber gewisse Erleichterungen. Denn die Wohnungseigentümer müssen die Eintragung des Beschlusses nicht nach § 19 GBO bewilligen, wenn der Beschluss durch eine Niederschrift, bei der die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 Satz 2 WEG bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sind, oder durch ein Urteil in einem Verfahren nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG nachgewiesen ist. Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WEG ist neben den Wohnungseigentümern außerdem auch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer antragsberechtigt.

9.3 Zwang zu Änderung/Anpassung einer Vereinbarung

9.3.1 Überblick

Jeder Wohnungseigentümer kann nach § 10 Abs. 2 WEG im Einzelfall eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen.

9.3.2 Voraussetzungen

Eine Vereinbarung oder deren Änderung kann verlangt werden, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unbillig erscheint. Maßgeblich sind sämtliche Umstände des Einzelfalls[1], insbesondere die Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer.[2]

Abzuwägen sind u. a.:

  • Gleichbehandlung der Wohnungseigentümer,
  • Sachgerechtigkeit der Regelung,
  • Veränderung der der Regelung zugrunde liegenden maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse,
  • deren Vorhersehbarkeit,
  • die Risikoverteilung bei unerwarteten Entwicklungen und
  • das Vertrauen in den Bestand der Vereinbarung.

Die Gründe der anderen Wohnungseigentümer müssen über das rein formale Interesse an der Einhaltung der Vereinbarung/des Gesetzes hinausgehen.[3] Bei der Abwägung ist zu beachten, ob eine Regelung bei Erwerb des Wohnungseigentums erkennbar war. Die Annahme von Unbilligkeit soll allerdings nicht voraussetzen, dass sich tatsächliche oder rechtliche Umstände nachträglich verändert haben.

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