Leitsatz

Im Aufteilungsplan eingezeichneter Standort von Müllbehältern kann über Mehrheitsbeschluss mangels abweichender Vereinbarungen in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung grundsätzlich verlegt werden

 

Normenkette

§§ 7 Abs. 4 und 15 Abs. 2 WEG

 

Kommentar

  1. Mangels abweichender Bestimmungen in Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung kommt der Einzeichnung des Standorts von Müllbehältern im Aufteilungsplan keine verbindliche Wirkung zu, sodass die Wohnungseigentümer auch mit Stimmenmehrheit grundsätzlich eine Verlegung des Standorts beschließen können. Ein Aufteilungsplan hat die Aufgabe, die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich zu machen, also zeichnerisch darzustellen (vgl. Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 4. Aufl., Rn. 30); darüber hinaus kann der Aufteilungsplan auch Umfang und Lage von Sondernutzungsflächen ausweisen, wenn Sondernutzungsrechte in der Teilungserklärung begründet worden sind (vgl. z.B. BayObLG v. 30.5.2003, 2Z BR 50/03, ZMR 2004, 48). In der Praxis wird als Aufteilungsplan meist ein vom Architekten gezeichneter Bauplan verwendet, wie er dem Gesuch um Baugenehmigung beigefügt wird; der Plan enthält deshalb i.d.R. zusätzliche Einzeichnungen, wie etwa Bepflanzungen oder auch den Platz für Müllbehälter. Solche Einzeichnungen haben ohne weitergehende ausdrückliche Vereinbarungen in Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung – wie auch hier – keine wohnungseigentumsrechtliche Bedeutung (vgl. auch BayObLG v. 15.4.2004, 2Z BR 24/04, WuM 2004, 357).
  2. Eigentümer können deshalb in einem solchen Fall auch gem. § 15 Abs. 2 WEG einen anderen Standort mehrheitlich beschließen, da es insoweit um den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums geht. Ermessensüberschreitungen oder anderweitige Nachteilswirkungen wurden seitens des diesen Beschluss anfechtenden Antragstellers nicht behauptet und waren auch nicht erkennbar.
  3. Selbst im Fall der Annahme einer baulichen Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 S. 1 WEG ändert dies am Ergebnis nichts, da auch hier nicht von einer Beeinträchtigung im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG gesprochen werden konnte und der Antragsteller deshalb auch die beschlossene Maßnahme hinnehmen musste.
 

Link zur Entscheidung

(BayObLG, Beschluss vom 03.11.2004, 2Z BR 073/04)

Anmerkung

Sicher handelt es sich beim Aufteilungsplan als einer neben der Teilungserklärung gleichrangigen Bezugs- und Wohnungseigentumsbegründungsunterlage im Regelfall um einen Tektursatz aus dem Baugenehmigungsverfahren (mit Gleichlautvermerk zur Tektur). Viele im Plan durch einen Teilenden oder seinen Architekten vorgenommene Einzeichnungen und Eintragungen (insbesondere zu Nutzungsvorschlägen innerhalb eines Sondereigentums) haben deshalb nur empfehlende Bedeutung im Sinne von Einrichtungs- und Gestaltungsvorschlägen, nicht jedoch verbindliche Vereinbarungswirkung im Kreis der späteren Eigentümer. Sind dort allerdings Einrichtungen und Anlagen bzw. Räumlichkeiten des Gemeinschaftseigentums im Detail bezeichnet und beschrieben, wäre m.E. sehr sorgfältig zu überprüfen, ob solchen gemeinschaftlichen Raum- und Bauteilen nicht doch eine gewisse Vereinbarungswirkung zukommt, selbst wenn - wie üblich - eine Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung insoweit keine ergänzenden Vereinbarungsregelungen enthält. Auch ein gemeinschaftlicher Heiz-, Wasch- oder Fahrradabstellraum ist im Regelfall nicht ausdrücklich hinsichtlich dieser Nutzungsvorgaben in der Teilungserklärung bzw. der Gemeinschaftsordnung vereinbart. Käufer von Wohnungseigentum verlassen sich deshalb auch von Anfang an auf solche Planvorgaben und "Zweckbestimmungen", zumal diese i.d.R. auch den allgemeinverbindlichen Auflagen in einer Baugenehmigung entsprechen (manchmal sogar bezogen auf bestimmte Örtlichkeiten). Gleiches gilt z.B. auch zur Platzierung eines behördlich geforderten Spielplatzbereichs im gemeinschaftlichen Gartengrundstück. Jeder spätere Standortwechsel gemeinschaftlich nutzbarer Räume und Flächen des Gemeinschaftseigentums kann durchaus im Einzelfall zu vermehrte Störungen und Belästigungen einzelner Wohnungseigentümer führen, mit denen bei Kauf einer Wohnung nach Planeinsicht nicht gerechnet werden musste! Ob also stets eine spätere Standortänderung auch von Müllbehältern (Geruchsemissionen, Lärmbelästigungen?) dem "Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen im Sinne des § 15 Abs. 3 WEG entspricht", müsste im Einzelfall in einem streitigen Beschlussanfechtungsverfahren m.E. genauestens untersucht werden.

Nach der Begründung der vorliegenden Entscheidung konnte allerdings offensichtlich nicht von irgendwelchen Nachteilswirkungen zulasten des den Beschluss anfechtenden Eigentümers gesprochen werden, zumal solche wohl auch nicht behauptet wurden.

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